Allerdings können gerade im Kartellrecht relativ leicht Situationen entstehen, in denen auch rechtstreue Mitarbeiter unbeabsichtigt oder aus Nachlässigkeit in unzulässige Wettbewerbsbeschränkungen hineingeraten können. Unternehmen müssen selbst beurteilen, ob ihr Verhalten sich spürbar auf den Wettbewerb auswirkt oder ausnahmsweise die Voraussetzungen für eine Freistellung von den Kartellverboten erfüllt sind. Das kann zu "Fallstricken" führen, die erhöhte Aufmerksamkeit und fachkundige Beratung erfordern. Tab. 1 gibt hierauf stichwortartig kurze Hinweise.

 
Thema Problemstellung und Lösungsvorschlag
Abwehr- und Defensivverhalten

Auch Nicht-Angriffspakte und Abreden zum Schutz des Status Quo sind verboten. Ebenso abgesprochene Angebote oder Scheinangebote, selbst wenn sie als Schutz gegen den Missbrauch von Marktmacht gedacht sind.

Gegenüber Subunternehmern oder bei Kooperationen können Kundenschutzklauseln unter bestimmten Umständen zulässig sein. In jedem Fall: Nur nach rechtlicher Prüfung.
Abgestimmte Verhaltensweisen Sehr weitgefasster Begriff. Umfasst jede Koordinierung, die bewusst eine praktische Zusammenarbeit an die Stelle des Wettbewerbs treten lässt.
Parallelverhalten Zufälliges Parallelverhalten ist kein abgestimmtes Verhalten.
Vermutung Angesichts des Austauschs wettbewerbssensitiver Daten mit Wettbewerbern kann abgestimmtes Verhalten vermutet werden. Ebenso etwa bei geändertem Wettbewerbsverhalten nach Branchentreffen.
Mit Wettbewerbern abgestimmte Geschäftsbedingungen Standardisierung kann den Wettbewerb fördern. Aber unzulässig, wenn wettbewerbsbeschränkende Wirkung (z. B. Regeln über Preise bzw. Preisermittlung, Markteintrittsbarrieren).
Preisempfehlung Unverbindliche Preisempfehlungen einzelner Anbieter sind zulässig, mit anderen Wettbewerbern abgestimmte nicht.
Informationsaustausch  
Erfahrungsaustausch zu allgemeinen Marktentwicklungen und Meinungsbildungen

Zulässig, wenn ohne Wettbewerbsbezug (generelle Nachfrageentwicklung, politische Entwicklung, Produkt- und Verbrauchertrends).

Unzulässig, wenn der Erfahrungsaustausch als Plattform für abgestimmtes Verhalten über Strategien, Marketing, Produktentwicklung, Markteinführung, Quoten oder Preise dient oder sich dahin entwickelt.
Branchen- und Verbandstreffen, Treffen mit Wettbewerbern

Problem:

Im allgemeinen Leben gilt, dass Schweigen grundsätzlich keine Rechtswirkung entfaltet; im Kartellrecht gilt dieser Grundsatz nicht.

Kartellrechtswidrige Absprachen werden allen zugerechnet, die dabei waren.

Für das Vorliegen einer kartellrechtswidrigen Absprache ist es unerheblich, ob und in welchem Umfang die Absprache für Ihren Geschäftsbetrieb Bedeutung hat.

Lösungsvorschlag:

Auf Tagesordnung achten.

An Treffen mit Tagesordnungspunkten über sensible Themen (Preise, Kunden, Konditionen, Produktzyklen, Quoten) nicht teilnehmen.

Bei Erörterung unzulässiger Themen und Ansätzen zu abgestimmten Verhalten sofort eindeutig distanzieren, Sitzung verlassen und Widerspruch im Protokoll festhalten lassen.
Benchmarking Wettbewerbsrelevante Daten dürfen zu Benchmarking-Zwecken übermittelt und verwertet werden, wenn es sich um historische Daten handelt und sie so aggregiert und anonymisiert werden, dass kein Rückschluss auf die beteiligten Unternehmen möglich ist.
Nutzung öffentlich zugänglicher Informationen zu Wettbewerbszwecken

Problem:

Zulässig, aber im Verdachtsfall möglicherweise Vermutung, dass Wettbewerberdaten zur Verhaltensabstimmung genutzt worden sind.

Lösungsvorschlag:

Verwendung öffentlich zugänglicher Informationen unter Angabe der Quelle dokumentieren.
Kein Informationsaustausch wettbewerblich sensitiver Daten Unzulässig ist nicht nur der systematische und organisierte Austausch wettbewerbssensitiver Daten. Auch der informelle Austausch von Daten im Einzelfall kann zu einer Wettbewerbsbeschränkung führen.
Informationsaustausch mit Lieferanten und Dienstleistern

Problem:

Bei der Auswahl und Betreuung von Lieferanten und Dienstleistern kann es leicht zu einer unzulässigen Offenlegung von Informationen kommen, sei es wegen wettbewerbsbeschränkender Auswirkungen, sei es wegen des Schutzes fremder Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse.

Lösungsvorschlag:

Verfahren zur Lieferantenauswahl und Weiterentwicklung, die detaillierte Angaben über Kostenstruktur, den technischen Entwicklungsstand und die wirtschaftliche Situation verlangen, rechtlich prüfen lassen.
Lieferanten als Wettbewerber: Unternehmensinterne Weitergabe wettbewerbssensitiver Informationen

Problem:

Die Weitergabe interner wettbewerbssensitiver Daten an Lieferanten kann den Wettbewerb beschränken, weil Lieferanten auch Wettbewerber sein können.

Lösungsvorschlag:

Bei Weitergabe wettbewerblich sensitiver Daten zur Informationen von Lieferanten im Vorhinein die mögliche weitere Verwendung beim Lieferanten berücksichtigen. Ebenso bei der unternehmensinternen Weitergabe (z. B. sensible Daten des Lieferanten via Vertrieb an Kunden oder via Entwicklung an Lieferanten).
Indirekte Beschränkungen über Geschäftspartner

Unzulässi...

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