Leitsatz

Das FG Berlin-Brandenburg urteilte, dass die kapitalisierte Auszahlung von Riesterverträgen in der Praxis typischerweise vorkommt und daher keine (ermäßigt zu besteuernden) außerordentlichen Einkünfte begründen kann. Die Entscheidung betrifft die Rechtslage bis 2017.

 

Sachverhalt

Strittig war im vorliegenden Fall, ob Leistungen aus einem Riester-Altersvorsorgevertrag dem ermäßigten Einkommensteuersatz des § 34 EStG unterliegen.

Der Kläger hatte im Jahr 2007 einen Sparvertrag bei einer Bank geschlossen, der über die Regelungen zur Riester-Rente (§§ 79 ff. EStG) gefördert war. Der Vertrag sah vor, dass die Bank das angesammelte Kapital bei Rentenbeginn förderunschädlich an den Sparer auszahlen kann, sofern die Rente nur einen gewissen Kleinbetrag erreicht. Im Jahr 2013 kam diese Kleinbetragsrenten-Regelung zum Zuge, sodass dem Kläger aus dem Altersvorsorgevertrag eine Kapitalabfindung von 7.500 EUR ausgezahlt wurde.

Das Finanzamt erfasste die Abfindung als Einkünfte nach § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG und unterwarf sie damit dem regulären Einkommensteuersatz. Der Kläger hingegen begehrte die Anwendung der Tarifermäßigung nach § 34 EStG.

Nachdem das FG Berlin-Brandenburg die Klage im ersten Rechtsgang abgewiesen hatte, hob der BFH die Entscheidung auf (Az beim BFH X R 7/18) und verwies die Sache zurück an das FG. Die Bundesrichter verwiesen darauf, dass noch tatsächliche Feststellungen zu der Frage fehlten, ob eine tarifermäßigte Vergütung für mehrjährige Tätigkeiten (= mehrjährige Beitragsleistung) vorliegt. Insbesondere sei in diesem Zusammenhang zu prüfen, ob die Kapitalabfindung "außerordentlich" sei und die Kapitalisierung laufender Rentenansprüche im Bereich der Altersvorsorgeverträge überhaupt als atypisch angesehen werden kann. Das FG holte bei verschiedenen Altersvorsorge-Anbietern (Zeugen-)Aussagen zu der Frage der Atypik ein. Diese ergaben, dass in den Jahren 2005 bis 2017 zwischen 58 % und 79 % der Riesterverträge ganz oder teilweise kapitalisiert worden waren.

 

Entscheidung

Das FG urteilte, dass die Kapitalabfindung nicht tarifermäßigt besteuert werden kann, da es an der Außerordentlichkeit der Einkünfte fehlt. Nach der Beweiserhebung kam die (Teil-)Kapitalisierung von Altersvorsorgeverträgen in einer Vielzahl von Fällen vor, sodass sie als typisch einzustufen war. Für die Annahme von außerordentlichen Einkünften, die der ermäßigten Besteuerung unterlagen, war nach Gerichtsmeinung daher kein Raum. Bei der Kapitalabfindung aus einem Altersvorsorgevertrag handelt es sich um steuerpflichtige Einkünfte im Sinne des § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG.

 

Hinweis

Die Entscheidung betrifft die Rechtslage bis einschließlich 2017. Mit Wirkung ab dem 1.1.2018

hat der Steuergesetzgeber für Kleinbetragsrenten-Abfindungen die ermäßigte Besteuerung eingeführt (§ 22 Nr. 5 Satz 13 EStG).

 

Link zur Entscheidung

FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 26.10.2020, 7 K 7032/16

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