Ermittelt der Steuerberater seinen Gewinn durch Einnahmen-Überschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG), richtet sich der Zufluss der Betriebseinnahmen und der Abfluss der Betriebsausgaben nach dem Zu- und Abflussprinzip (§ 11 EStG).

In Anlehnung an das in § 4 Abs. 4 und § 8 Abs. 1 EStG verankerte Veranlassungsprinzip sind nach ständiger Rechtsprechung unter Betriebseinnahmen alle Zugänge in Geld oder Geldeswert zu verstehen, die objektiv wirtschaftlich durch den Betrieb veranlasst (und keine Einlage) sind. Unter Betriebseinnahmen sind demnach sowohl alle laufenden als auch alle einmaligen/außerordentlichen Erlöse aus betrieblichen Tätigkeiten und Geschäften zu verstehen, einschließlich der Nebentätigkeiten und sog. Hilfsgeschäfte.

Stellt sich später heraus, dass der Empfänger den ihm zugegangenen Wert wieder zurückzuerstatten hat, ist dieser Rückzahlungsvorgang einkommensteuerlich erst in dem Veranlagungszeitraum zu erfassen, in dem die Rückzahlung stattfindet. Gleiches gilt sogar dann, wenn die Rückzahlungsverpflichtung von vornherein feststeht (vgl. BFH, Urteil v. 29.4.1982, IV R 95/79, BStBl II 1982, S. 593), da ein tatsächlicher Zufluss nicht rückwirkend beseitigt werden kann.

Durchlaufende Posten

Nach § 4 Abs. 3 Satz 2 EStG scheiden durchlaufende Posten, d. h. im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmte und verausgabte Gelder als Betriebseinnahmen bzw. -ausgaben aus. Dem liegt die Vorstellung zugrunde, dass sie wegen der Verpflichtung des Empfängers zur Weiterleitung nicht wirtschaftlich in das Betriebsvermögen des Empfängers gelangen. Sie beeinflussen das Betriebsergebnis nicht.

Das ist allerdings nur dann der Fall, wenn die Vereinnahmung und die Verausgabung innerlich dergestalt zu einem einheitlichen Vorgang verklammert sind, dass beide Geldbewegungen in fremdem Namen und für fremde Rechnung erfolgen. Einen klassischen Fall der durchlaufenden Posten stellen Fremdgelder dar, die ein Steuerberater oder Rechtsanwalt für einen Mandanten verwaltet, d. h. Gelder, die von einem Dritten auf ein Konto des Steuerberaters bzw. Rechtsanwalts zur Weiterleitung an den Mandanten überwiesen werden.

Die Vereinnahmung und Verausgabung von Geldbeträgen, die zusammen einen durchlaufenden Posten i. S. d. § 4 Abs. 3 Satz 2 EStG bilden, kann in verschiedene Gewinnermittlungszeiträume fallen. Erstreckt sich die Vereinnahmung und Verausgabung über mehrere Gewinnermittlungszeiträume, ist für die Verklammerung beider Geldbewegungen zu ­einem einheitlichen Vorgang erforderlich, dass ­zwischen dem Zahlungsverpflichteten (dem Steuerpflichtigen) und dem Zahlungsberechtigten durchgehend eine unmittelbare, nach außen erkennbare Rechtsbeziehung besteht, nach der der Steuerpflichtige zur Weiterleitung des Fremdgelds schuldrechtlich verpflichtet ist und er bis zur Verausgabung an den Berechtigten den Willen zur Weiterleitung des Gelds nicht nach außen erkennbar aufgibt.

Aufrechnung löst notwendige Verklammerung

Ein Rechtsanwalt bzw. Steuerberater, der nach der Vereinnahmung von Fremdgeld mit Honoraransprüchen gegen den Herausgabeanspruch des Mandanten aufrechnet, löst allerdings die für einen durchlaufenden Posten notwendige Verklammerung von Einnahme und Ausgabe zu einem einheitlichen Vorgang endgültig auf. Mit dem Wegfall der Verklammerung – und damit einer Voraussetzung des durchlaufenden Postens – ist das Fremdgeld als Betriebseinnahme in die Ermittlung des Gewinns für den Betrieb einzubeziehen (BFH, Urteil v. 29.9.2020, VIII R 14/17, DStR 2021, S. 464).

Der Ausgangssachverhalt

In dem vom BFH entschiedenen Fall erhielt ein Rechtsanwalt, der den Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, eine Zahlung für einen Mandanten auf ein Konto überwiesen, über das er sowohl seine betrieblichen als auch seine privaten Zahlungsvorgänge abwickelt. Hiervon leitete er den Großteil an den Mandanten weiter, behielt aber einen Differenzbetrag wegen ihm zustehender Honorarforderungen ein und rechnete auf. Im Zuge des sich anschließenden zivilrechtlichen Klageverfahrens wurde er zur Auszahlung eines weiteren Teils des einbehaltenen Betrags an den Mandanten rechtskräftig verurteilt. Bei einer Außenprüfung fiel dem Finanzamt auf, dass der Rechtsanwalt den nach der Aufrechnung nicht an den ­Mandanten weitergeleiteten Betrag in seiner Einnahmen-Überschussrechnung nicht als Betriebseinnahme erfasst hatte.

Die Entscheidungsgründe im Einzelnen

Indem der Kläger in Höhe des Differenzbetrags die Aufrechnung mit eigenen Honorarforderungen gegen den Herausgabeanspruch der Mandantin erklärt hat, hat der die Verklammerung des Fremdgeldes mit einer künftigen Verausgabung an den Zahlungsberechtigten gelöst. Das hat zur Folge, dass Betriebseinnahmen, die wegen Wegfalls der Voraussetzungen nicht mehr nach § 4 Abs. 3 Satz 2 EStG aus der Ermittlung des Gewinns "ausscheiden", bei der Ermittlung des Betriebsergebnisses (des Gewinns) ­wieder zu berücksichtigen sind.

Die durchgehend bestehende rechtliche Verpflichtung des Klägers, später dennoch einen weiteren Betrag an die Mandantin zahlen...

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