rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Auskunftsanspruch des Insolvenzverwalters

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Der Insolvenzverwalter hat gegenüber dem Finanzamt keinen Anspruch auf Erteilung eines Kontoauszugs für die Zeit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens um die ordnungsgemäße Bearbeitung des Insolvenzverfahrens sicherzustellen.
  2. Der Auskunftsanspruch des Insolvenzverwalters gegenüber dem Finanzamt beschränkt sich auf die Informationen, die dem Steuerschuldner selbst noch nicht bekannt gegeben worden sind und auf deren Mitteilung er ohne Eröffnung des Insolvenzverfahrens einen Rechtsanspruch gehabt hätte.
 

Normenkette

GG Art. 19 Abs. 4; InsO § 179 Abs. 2; AO § 251 Abs. 3; FGO § 102

 

Streitjahr(e)

2006

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 19.03.2013; Aktenzeichen II R 17/11)

 

Tatbestand

Im Mai 2005 beantragte das beklagte Finanzamt beim Amtsgericht … wegen Abgabenrückständen des Herrn H in Höhe von …, EUR die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über dessen Vermögen. Herr H war von 200… bis … im Dezember 2005 als selbständiger … in … tätig. Mit Beschluss des Amtsgerichts … vom ...01.2006 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Herrn H eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestimmt. Im April 2006 meldete das Finanzamt Forderungen gegen Herrn H in Höhe von …, EUR unter Beifügung einer Aufstellung aller offenen Steuerverbindlichkeiten und steuerlichen Nebenleistungen zur Insolvenztabelle an. Nach dieser Anmeldung beantragte der Kläger beim Finanzamt die Erteilung eines Kontoauszuges, um die ordnungsgemäße Bearbeitung des Insolvenzverfahrens sicher zu stellen. Diesen Antrag lehnte das Finanzamt unter Hinweis darauf, dass sich der Auskunftsanspruch des Insolvenzverwalters auf Informationen beschränke, die dem Schuldner selbst noch nicht bekannt gegeben worden seien und auf deren Mitteilung er ohne Eröffnung des Insolvenzverfahrens einen Rechtsanspruch gehabt hätte, ab. Hiergegen erhob der Kläger die vorliegende Sprungklage, der das Finanzamt zugestimmt hat. Zur Begründung trägt der Kläger vor, die Buchhaltung des Schuldners habe sich in einem desolaten Zustand befunden. Ihm – dem Kläger – habe zu den steuerlichen Angelegenheiten des Schuldners lediglich ein einziger Ordner mit vorwiegend Korrespondenz mit dessen ehemaligem Steuerberater vorgelegen. Er – der Kläger – habe als Insolvenzverwalter für den Insolvenzschuldner Steuererklärungen u.a. abzugeben und eventuell fehlerhafte Erklärungen zu berichtigen. Außerdem habe er Bücher zu führen und Bilanzen zu erstellen. Die Überlassung der Kontoauszüge dienten ihm folglich zur Erfüllung seiner Amtspflichten. Ihm lägen weder Steuererklärungen des Schuldners noch Steuerbescheide des Finanzamtes vor. Ihm sei auch nicht bekannt, ob und wenn ja, in welcher Höhe der Schuldner oder Dritte Zahlungen an das beklagte Finanzamt geleistet hätten. Es sei nicht hinzunehmen, dass das Finanzamt zum einen Forderungen zur Insolvenztabelle anmelde, dem Kläger zum anderen aber die Vorlage derjenigen Unterlagen verweigere, die er zur Prüfung der Forderungen zwingend benötige. Das Finanzamt könne die Erteilung des Kontoauszuges auch nicht mit der Begründung ablehnen, dass sich der Auskunftsanspruch des Insolvenzverwalters auf Informationen beschränke, die dem Schuldner selbst noch nicht bekannt gegeben worden seien. Er – der Kläger – benötige den Kontoauszug zur Erfüllung seiner insolvenz- und steuerrechtlichen Pflichten und vor allem zur Prüfung der vom Finanzamt im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Herrn H zur Insolvenztabelle angemeldeten Forderungen. Zu seinen Pflichten gehöre auch im Interesse der Gläubigergleichbehandlung die Prüfung von Insolvenzanfechtungen.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung der ablehnenden Verfügung des Finanzamtes vom ...05.2006 das Finanzamt zu verpflichten, einen Kontoauszug bezüglich des Steuerpflichtigen H (zum ...04.2006) zu erteilen.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die vom Kläger zur Begründung seines Anspruchs vorgebrachten Argumente und Einwendungen beträfen durchweg das Insolvenzverfahren gegen Herrn H selbst und seien somit im finanzgerichtlichen Verfahren nicht verfolgbar. Einwendungen des Klägers gegen den Beschluss des Amtsgerichts … über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens seien ausschließlich mit der sofortigen Beschwerde im Zivilrechtsweg vorzubringen.

Soweit der Kläger vorträgt, die vom Finanzamt angemeldeten Forderungen habe er mangels Vorhandenseins von Kopien der Steuerbescheide und Steueranmeldungen nicht feststellen können, beträfen diese Einwendungen ausschließlich das insolvenzrechtliche Verfahren zur Feststellung von Forderungen zur Insolvenztabelle, für die der Finanzrechtsweg ebenfalls nicht gegeben sei. Der eigentliche Grund, wofür der Kläger den verlangten Kontoauszug benötige, offenbare sich auf Seite … der Klageschrift. Die in diesem Kontoauszug enthaltenen Informationen benötige er, um evtl. bestehende insolvenzrechtliche Anfechtungsansprüche gegen das Finanzamt geltend zu machen.

Wegen weiterer Einze...

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