vorläufig nicht rechtskräftig

Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des § 50 Abs. 1 EnergieStG in der ab 1.1.2007 geltenden Fassung

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. § 50 Abs. 1 EnergieStG i.d. ab 1.1.2007 geltenden Fassung, der einen vollständigen Wegfall der Steuervergünstigung für Biokraftstoff vorsieht, wenn der Biokraftstoff nicht unvermischt verwendet wird, verstößt insoweit gegen den gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes.
  2. Der gemeinschaftsrechtliche Grundsatz der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes gebietet es, dass bei der gesetzlich zulässigen Änderung der Förderung der Biokraftstoffbesteuerung, die einen schrittweisen Abbau der Steuervergünstigung vorsieht, dem Gesetzeszweck entsprechend die Förderung für Beimischungen von Biokraftstoff entsprechend ihrem Pflanzenölanteil zurückführt wird.
 

Normenkette

EnergieStG § 50 Abs. 1; MineralölStG § 2a; EG-Richtlinie 2003/30/EG Art. 3

 

Streitjahr(e)

2007

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 19.06.2012; Aktenzeichen VII R 19/11)

 

Tatbestand

Die Klägerin vertrieb von 2005 bis etwa Mitte Juli 2007 einen als B-Diesel bezeichneten Kraftstoff, der durch Mischung von nativem Pflanzenöl und fossilem Dieselkraftstoff sowie unter Hinzufügung eines spezifischen Additivs in einem hierfür speziell ausgerüsteten Tanklastwagen hergestellt wurde. Bei dem Pflanzenöl handelte es sich durchgängig um raffiniertes Rapsöl, das den Anforderungen der Vornorm DIN V 51605 entsprach. Der Anteil des nativen Pflanzenöls lag im Sommer bei 60 %, im Winter hingegen bei 50 %. Der Anteil der Additive betrug durchgängig 3 %, so dass sich die Beimischung des fossilen Dieselkraftstoffs auf 37 % im Sommer und 47 % im Winter belief.

Streitgegenständlich ist vorliegend ausschließlich der auf den Monat Mai 2007 entfallende Steuerbetrag für das in der Mischung enthaltene native Pflanzenöl. Für die auf die Monate Januar bis April 2007 sowie Juni bis Mitte Juli 2007, dem Zeitpunkt der vorläufigen Einstellung des Geschäftsbetriebes, entfallenden Steuerbeträge sind die in der Vollziehung ausgesetzten Abgabenfestsetzungen einspruchsbefangen. Insoweit wird der Ausgang des vorliegenden Verfahrens von den Beteiligten abgewartet.

Der Senat hatte mit Beschluss vom 8. Mai 2008 das damals unter dem Aktenzeichen 7 K 3015/07 anhängig gewesene Klageverfahren ausgesetzt und den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften gemäß Artikel 234 EG um Beantwortung folgender Fragen ersucht:

1. Steht Artikel 3 der Richtlinie 2003/30/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Mai 2003 zur Förderung der Verwendung von Biokraftstoffen oder anderen erneuerbaren Kraftstoffen im Verkehrssektor (Biokraftstoffrichtlinie) insbesondere im Lichte der unter den Randnummern 10, 12, 14, 19, 22 und 27 aufgeführten Erwägungen einer nationalen Bestimmung wie § 50 Abs. 1 Nr. 1 des Energiesteuergesetzes in der Fassung des Biokraftstoffquotengesetzes vom 18. Dezember 2006, mit dem eine Begünstigung von in Kraftstoffmischungen enthaltenen Anteilen von Biokraftstoffen aus Pflanzenöl, die den Anforderungen der Vornorm DIN V 51605 (Stand: Juli 2006) entsprechen, ausgeschlossen wird, entgegen?

2. Verlangt der gemeinschaftsrechtliche Grundsatz der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes, dass ein Mitgliedstaat die Regelungen, die er zur Umsetzung dieser Richtlinie erlassen und mit der er ein auf mehrere Jahre angelegtes Fördersystem durch steuerliche Vergünstigungen geschaffen hat, nur bei Vorliegen ganz außergewöhnlicher Umstände während des festgeschriebenen Zeitraums zu Lasten des bisher begünstigten Unternehmens ändern darf?

Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften entschied das dort unter dem Aktenzeichen C-201/08 geführte Verfahren durch Urteil vom 10. September 2009. Die Vorlagefragen wurden wie folgt beantwortet:

1. Art. 3 der Richtlinie 2003/30/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Mai 2003 zur Förderung der Verwendung von Biokraftstoffen oder anderen erneuerbaren Kraftstoffen im Verkehrssektor ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren streitigen nicht entgegensteht, mit der von dem in dieser Regelung vorgesehenen Steuerbefreiungsregime für Biokraftstoffe ein Erzeugnis wie das im Ausgangsverfahren fragliche, das aus einer Mischung aus Pflanzenöl, fossilem Dieselkraftstoff und spezifischen Additiven besteht, ausgeschlossen wird.

2. Die allgemeinen Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes verwehren es einem Mitgliedstaat grundsätzlich nicht, für ein Erzeugnis wie das im Ausgangsverfahren fragliche das für dieses geltende Steuerbefreiungsregime vor dem in der nationalen Regelung ursprünglich vorgesehenen Enddatum aufzuheben. Jedenfalls setzt eine solche Aufhebung nicht das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände voraus. Es ist jedoch Sache des vorlegenden Gerichts, unter Berücksichtigung aller für den Rechtsstreit relevanten Umstände im Rahmen einer auf den konkreten Fa...

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