vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [VIII R 18/17)]

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Europarechtswidrigkeit des in § 27 Abs. 8 KStG vorgesehenen Antragsverfahren zur gesonderten Feststellung einer Einlagenrückgewähr bei Ausschüttungen von Gesellschaften aus einem anderen EU-Staat

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Um für Leistungen als Gesellschafter von einer österreichischen Aktiengesellschaft die in § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG normierte Sonderregelung der Einlagenrückgewähr in Anspruch nehmen zu können, muss das in § 27 Abs. 8 KStG geregelte Antragsverfahren eingeleitet werden.
  2. Die Steuerbefreiung unter der Bedingung, dass das Verfahren nach § 27 Abs. 8 KStG durchlaufen wurde, ist nicht europarechtswidrig.
  3. Das in § 27 Abs. 8 KStG vorgesehene Antragsverfahren zur gesonderten Feststellung einer Einlagenrückgewähr bei Ausschüttungen von Gesellschaften aus einem anderen EU-Staat verstößt weder gegen EU-Recht noch gegen deutsches Verfassungsrecht. Der Eingriff in die europarechtlich garantierte Kapitalverkehrsfreiheit ist gerechtfertigt.
  4. § 27 Abs. 8 KStG verfolgt das legitime Ziel, dem deutschen Fiskus die Sicherstellung und Überprüfung der Besteuerung zu ermöglichen.
 

Normenkette

EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 3; KStG § 27 Abs. 8

 

Streitjahr(e)

2011

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 27.10.2020; Aktenzeichen VIII R 18/17)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob Leistungen, die der Kläger von einer österreichischen Aktiengesellschaft erhalten hat, als Einlagenrückgewähr steuerfrei zu stellen sind oder ob insoweit steuerpflichtige Kapitalerträge vorliegen. Dem Rechtsstreit liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zu Grunde:

Der Kläger, der im Zuständigkeitsbereich des Beklagten (das Finanzamt) wohnt, erzielte im Streitjahr u.a. Einkünfte aus Kapitalvermögen.

Im Streitzeitraum war er Gesellschafter der in Stadt A/Österreich ansässigen X-AG und hielt an dieser insgesamt 307.500 Inhaberaktien, von denen 300.000 vor dem 01.01.2009 erworben wurden.

Am 28.09.2011 fasste die Hauptversammlung der X-AG den Beschluss, aus dem Bilanzgewinn der Gesellschaft einen Betrag von 0,10 € pro Aktie auszukehren, was nach österreichischem Steuerrecht als (steuerneutrale) Einlagenrückgewähr gemäß § 4 Abs. 12 Einkommensteuergesetz Österreich (Ö-EStG) zu qualifizieren ist. Eine entsprechende Bekanntmachung der Gesellschaft erfolgte noch am selben Tag.

Die depotführende Bank kündigte mit Schreiben vom 29.09.2011 an, dass die von der Gesellschaft beschlossene Kapitalrückzahlung (Return of Capital) nach Eingang des Geldes dem Kläger gutgeschrieben werde. In diesem Kontext wurde darauf hingewiesen, dass es sich bei der Kapitalmaßnahme um einen steuerpflichtigen Ertrag handeln könne. Mit weiterem Schreiben (Neuabrechnung /Dividendengutschrift) vom 11.10.2011 teilte sie sodann mit, dass es sich um eine Kapitalrückzahlung gem. Rz. 92 des BMF-Schreibens vom 22.12.2009 (IV C 1 – S 2252/08/10004 betr. Einzelfragen zur Abgeltungsteuer) handele. Sie behielt vom - um eingebuchte negative Kapitalerträge geminderten - Gesamtbetrag der Zahlung ( €) insgesamt … € Abgeltungssteuer und … € Solidaritätszuschlag ein und führte diese Beträge an das Finanzamt ab.

Im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung 2011, die der Kläger am 28.12.2012 beim Finanzamt einreichte, erklärte er in Zeile 7 (Kennziffer 210) der Anlage KAP, dass der von der X-AG erhaltene Betrag von der Besteuerung ausgenommen werden soll. Dies lehnte das Finanzamt im Einkommensteuerbescheid vom 01.02.2013 ab. Das Finanzamt setzte die Einkommensteuer unter Anwendung des Abgeltungssteuersatzes auf die Kapitalerträge mit … € fest. Darin ist die Leistung der X-AG enthalten.

Den dagegen am 26.02.2013 eingelegten Einspruch wies das Finanzamt durch Einspruchsentscheidung vom 16.03.2015 als unbegründet zurück. Zur Begründung verwies es darauf, dass es für die Entscheidung, ob die Beträge zu versteuern seien oder ob es sich um steuerneutrale Kapitalrückzahlungen handele, nach § 27 Abs. 8 Satz 6 Körperschaftssteuergesetz (KStG) nicht zuständig sei und die Frage der Versteuerung in einem separaten Verfahren (gemäß § 27 Abs. 8 KStG) zu klären sei. Da die X-AG kein entsprechendes Verfahren beim Bundeszentralamt für Steuern eingeleitet habe, gelte die Gewinnausschüttungsfiktion gemäß § 27 Abs. 8 Satz 9 KStG und es lägen damit zwangsläufig Einnahmen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) vor.

Der Kläger forderte die X-AG unter Androhung gerichtlicher Schritte dazu auf, einen Antrag gemäß § 27 Abs. 8 KStG beim Bundzentralamt für Steuern zu stellen. Dieser Aufforderung kam die X-AG nicht nach.

Gegen die Einspruchsentscheidung hat der Kläger - vertreten durch seine Prozessbevollmächtigte - am 17.04.2015 Klage erhoben.

Der Kläger ist der Auffassung, die in § 27 Abs. 8 KStG enthaltene Regelung verstoße gegen europäische Grundfreiheiten im Sinne des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) und gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG).

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