rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Abzugsfähigkeit von Prozesskosten

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Aufwendungen für die anwaltliche Interessenwahrung vor dem Bundesverfassungsgericht und dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte sind weder als außergewöhnliche Belastungen noch als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit abzugsfähig.
  2. Kosten für eine Verfassungsbeschwerde nach Ausschöpfung des Rechtsweges sind nur dann als außergewöhnliche Belastung abziehbar, wenn es sich um die Beseitigung einer existenziellen oder den Kernbereich des menschlichen Lebens berührenden Beeinträchtigung handelt.
 

Normenkette

EStG § 33 Abs. 1, § 9 Abs. 1 S. 1

 

Streitjahr(e)

1997

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 20.08.2014; Aktenzeichen X K 9/13)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Abzugsfähigkeit von Kosten für die Interessenwahrnehmung vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) und vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) als außergewöhnliche Belastungen bzw. als Werbungskosten bei den Einkünften aus nicht selbstständiger Arbeit. Dem Rechtsstreit liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Kläger werden gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt. Für das Streitjahr 1997 erfolgte die Veranlagung zunächst durch Bescheid vom 04.05.1999 entsprechend der am 01.03.1999 bei dem Beklagten (dem Finanzamt -FA-) eingegangenen Erklärung. Dieser Bescheid wurde sodann auf Antrag nach § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) unter anderem aufgrund fehlender

Werbungskosten mit Bescheid vom 14.04.2000 geändert. Aufgrund einer

ESt-4-Mitteilung vom 21.03.2003 erfolgte eine weitere Änderung mit Bescheid vom 7.04.2003. Am 30.12.2003 beantragten die Kläger die erneute Änderung des Steuerbescheides 1997 gemäß § 164 Abs. 2 AO. Ziel des Antrages war die Berücksichtigung der dem Kläger zu 1. für die Interessenwahrnehmung vor dem BVerfG und vor dem EGMR entstandenen Gebühren und Auslagen in Höhe von xxxxx DM bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens als außergewöhnliche Belastung.

Der Kläger zu 1. war im Jahre 1987 angeklagt worden. Im 1996 wurde er durch Urteil des Landgerichts verwarnt und mit einer Geldbuße von xxx,-- DM belegt, nachdem auf Betreiben der Staatsanwaltschaft vor insgesamt sechs verschiedenen Strafgerichten verhandelt worden war. Nach der Verurteilung durch das Landgericht legte der Kläger zu 1. wegen der langen Verfahrensdauer und des damit verbundenen Verstoßes gegen die Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (MRK) zunächst Verfassungsbeschwerde beim BVerfG, anschließend Beschwerde beim EGMR ein.

Der EGMR entschied, dass neun Verhandlungsjahre im Vergleich zum Strafmaß nicht zu rechtfertigen seien. Hierdurch sei gegen Artikel 6 § 1 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten verstoßen worden. Dem Kläger zu 1. wurde ein Betrag in Höhe von xxxx,-- DM für immaterielle Schäden und von xxxx,- DM für Auslagen und Gerichtskosten zugesprochen. In seinem Urteil führt der EGMR u.a. aus, dass die Gerichtsbarkeit der Bundesrepublik Deutschland dem Kläger zu 1. unverhältnismäßige finanzielle und psychische Belastung zugemutet habe. Deshalb sei durch die Gerichtsverfahren gegen die Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten verstoßen worden.

Für die anwaltliche Interessenwahrnehmung in dem Verfahren vor dem BVerfG wurden an Gebühren und Auslagen berechnet:

Rechnung vom 04.02.1997:

xxxx,-- DM

Rechnung vom 05.02.1997:

xxxx,-- DM

xxxx,-- DM

Für die anwaltliche Interessenwahrnehmung vor dem EGMR wurden an Gebühren und Auslagen berechnet:

Rechnung vom 01.08.1997

 xxx,-- DM

Rechnung vom 16.02.2000

xxxx,- DM

Rechnung vom 04.07.2000

 xxxx,- DM

xxxx

DM

insgesamt:

ca. 50.000 DM

Die vorgenannten Gebühren und Auslagen waren vom Kläger zu 1. in vollem Umfang zu tragen. Unter Anrechnung des in der Entscheidung des EGMR vom 31.05.2001 ausgeurteilten Betrages von 15.000,-- DM für Auslagen und Gerichtskosten verblieb ein von ihm getragener Restbetrag von ca. 35.000 DM, der von den Klägern mit Antrag vom 30.12.2003 für die Veranlagung 1997 als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht wurde.

Die beantragte erneute Änderung des Einkommensteuerbescheides 1997 wurde mit Schreiben des FA vom 24.05.2006 endgültig abgelehnt. Der hiergegen eingelegt Einspruch blieb ohne Erfolg. Auf die Einspruchsentscheidung vom 12.10.2006 wird Bezug genommen.

Mit ihrer Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter, dass die dem Kläger zu 1. entstandenen Kosten für die Interessenwahrnehmung vor dem BVerfG und vor dem EGMR bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens als außergewöhnliche Belastungen bzw. als Werbungskosten berücksichtigt werden. Zur Begründung tragen sie im Wesentlichen vor, dass es sich nach ihrer Auffassung in erster Linie um außergewöhnliche Belastungen handelt. Es seien Aufwendungen, die über die zumutbare Eigenbelastung hinausgingen, zwangsläufig angefallen und existenziell notwendig gewesen seien. Sie seien ausschließlich...

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