Entscheidungsstichwort (Thema)

Anzeichen für eine Betriebsaufgabe; langjährige branchenfremde Verpachtung

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Von einer Betriebsaufgabe ohne ausdrückliche Erklärung gegenüber dem Finanzamt ist auszugehen, wenn wesentliche Betriebsgrundlagen so weitgehend umgestaltet werden, dass es unwahrscheinlich ist, dass der Betrieb innerhalb eines überschaubaren Zeitraums in gleichartiger oder ähnlicher Weise wieder aufgenommen werden kann.
  2. Werden die Räume eines Einzelhandelsgeschäfts in Praxisräume umgebaut und langfristig an branchenfremde Unternehmer fremdvermietet und ist nicht ersichtlich, dass der Steuerpflichtige den Betrieb selbst oder durch einen Rechtsnachfolger jemals wieder aufnehmen wird, liegt eine Betriebsaufgabe vor.
 

Normenkette

EStG § 16 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 S. 1

 

Streitjahr(e)

1998

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 19.03.2009; Aktenzeichen IV R 45/06)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob im Veranlagungszeitraum 1998 eine Betriebsaufgabe vorliegt.

Die Klägerinnen waren Gesellschafter einer aus Mutter (M) und ihrer im Jahr xx geborenen Tochter (T) bestehenden Grundstücksgemeinschaft (GbR), an der M mit 97% und T mit 3% beteiligt war. Die Geschäftstätigkeit der GbR bestand in der Vermietung bzw. Verpachtung des Grundstücks…in… Im Jahr 2000 gründeten beide Gesellschafterinnen eine GmbH & Co. KG.

Bis Ende 1969 wurde auf dem Grundstück ein Einzelhandelsgeschäft in Form einer KG betrieben. Komplementärin war die Mutter von M, Kommanditistin war M. Mit Vertrag vom xx.xx.1969 wurde das gesamte Gebäude ab dem xx.xx.1970 an die Fa. A vermietet. Nach Einstellung der aktiven Geschäftstätigkeit der KG wurde die KG – auch im Handelregister – gelöscht. Die aus M und ihrer Mutter bestehende GbR erklärte danach Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Die Fa. A nutzte die Räume im Erd- und I. Obergeschoss als Ladenräume, das II. Obergeschoss und das Dachgeschoss fungierten als Lager- und Personalräume.

In 1979 trat M einen Kapitalanteil von 3% an ihre Tochter ab, die seitdem Gesellschafterin ist. 1991 starb die Mutter von M und wurde von ihr allein beerbt. Seitdem steht das Grundstück im Alleineigentum von M, so dass es zu deren Sonderbetriebsvermögen gehört.

Das Mietverhältnis mit A endete im Januar 1998. Ab Februar 1998 wurden das Erd- und I. Obergeschoss an die Bekleidungskette B für die Dauer von 10 Jahren vermietet, die weiteren Geschosse standen zunächst leer. Im November 1998 stellte M einen Bauantrag auf Umbau ihres Geschäftshauses. Die Lagerräume im II. Obergeschoss sollten in ein Büro und die Lagerräume im Dachgeschoss in eine Wohnung umgebaut werden. Die Baumaßnahmen wurden über Darlehen finanziert, die von beiden Gesellschaftern aufgenommen wurden. Nach Abschluss der Bauarbeiten wurden ab dem xx.xx.2000 beide Etagen für 10 Jahre an einen ...arzt zum Betrieb einer…Praxis verpachtet.

Die GbR erklärte weiterhin Einkünfte auf Gewerbebetrieb.

Nach einer für die Jahre 1997 – 1999 durchgeführten Betriebsprüfung vertrat das Finanzamt die Auffassung, die GbR habe durch Neuverpachtung und Bauantrag ihren Betrieb aufgegeben. Der ursprünglich betriebene ...Einzelhandel habe danach nicht mehr identitätswahrend fortgeführt werden können. Das Betriebsgrundstück sei durch Umbaumaßnahmen und Nutzungsänderungen in seiner Wesensart verändert worden. Ladeneinrichtung und Kundenstamm seien weggefallen. Die Wiederaufnahme des bisherigen ...Einzelhandels sei nicht möglich, da damit die wesentlichen Betriebsgrundlagen nicht mehr vorhanden seien. Der Feststellungsbescheid 1998 wurde dementsprechend am 19.03.2003 geändert und ein Betriebsaufgabegewinn von xxx DM und ein laufender Gewinn vom xxx DM festgestellt. Der nachfolgende Einspruch blieb erfolglos.

Mit ihrer Klage vertreten die Klägerinnen die Auffassung, der Betrieb sei nicht in 1998 aufgegeben worden. Im Jahre 1970 sei zwar der aktive Geschäftsbetrieb eingestellt worden, eine Betriebsaufgabeerklärung sei aber bislang nicht erfolgt. Sie hätten durch die beabsichtigten Baumassnahmen nichts an der bisherigen steuerlichen Einordnung des Grundstücks ändern wollen.

Die Klägerinnen beantragen,

den Bescheid über die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung für das Jahr 1998 vom 19. März 2003 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 9.10.2003

a) insoweit aufzuheben, als ein Aufgabegewinn von xxx DM festgestellt ist und

b) festzustellen, dass die Gesellschaft nicht zum 31.12.1998 aufgelöst worden ist.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Finanzamt verweist auf seine Einspruchsentscheidung. Durch den Umbau sei das Grundstück in seiner Wesensart verändert worden. Ladeneinrichtung und Kundenstamm seien durch den Wegfall des ...Einzelhandels weggefallen. Es liege auch keine Betriebsverpachtung im Ganzen vor, weil ursprünglich wesentliche Betriebsgrundlagen zu Unwesentlichen und durch den Umbau in eine Arztpraxis zu gewillkürtem Betriebsvermögen würden. Die GbR habe dieses gewillkürte Betriebsvermögen zurückbehalten, in dem sie es an einen Arzt weitervermiete.

Wegen weiterer ...

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