Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgrenzung zwischen Fortbildungskosten und Kosten der privaten Lebensführung bei Studienreisen ins Ausland

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Hat eine Reise einen stark allgemeinbildenden Charakter, können die Kosten nur dann als Werbungskosten steuerlich anerkannt werden, wenn eine dienstliche Anweisung für die Reise vorliegt und hierfür zwingende betriebsfunktionale Gründe ersichtlich sind bzw. wenn der Steuerpflichtige auf der Reise die Aufgaben eines hauptverantwortlichen Reiseleiters wahrnimmt.
  2. Die Übernahme von unwesentlichen organisatorischen Aufgaben, wie z.B. die Verteilung der Teilnehmer auf die Gastfamilien und die Zusammenstellung von Kleingruppen im Rahmen von Expeditionen reichen nicht aus, um die Tätigkeit mit der eines hauptverantwortlichen Reiseleiters gleichzusetzen.
  3. Die Erstellung eines Kompendiums von einer Auslandsreise, das im wesentlichen sozio-kulturelle Informationen über das jeweilige Land enthält, rechtfertigt nicht die steuerlichen Abzugsfähigkeit der Reisekosten als Werbungskosten.
 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1, § 12 Abs. 1 S. 2

 

Streitjahr(e)

1997

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 19.12.2005; Aktenzeichen VI R 63/01)

BFH (Urteil vom 19.12.2005; Aktenzeichen VI R 63/01)

 

Tatbestand

Die Kläger werden als Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Ehemann ist Lehrer. Im Streitjahr war er mit fünf Wochenstunden an das Hessische Institut für Lehrerfortbildung abgeordnet gewesen. In diesem Zusammenhang bereitete er mit weiteren Kollegen eine Australienreise für hessische Lehrer vor. Der Komplex „Australienreise” umfasste insgesamt drei Phasen: Zunächst fand ein einwöchiger Vorbereitungskurs auf die Reise statt, sodann folgte die vierwöchige Reise nach Australien im Zeitraum vom 14.3. bis 11.4.1997 und im Anschluss fand eine Auswertung der Reise unter Zusammenkunft der Teilnehmer statt. In schriftlicher Form wurde vom Kläger sowie weiteren vier Teilnehmern ein 196 Seiten starkes Kompendium (Loseblattsammlung) verfasst. Die Reise in Australien selbst gliederte sich im wesentlichen in drei Abschnitte: Zunächst Aufenthalt in Melbourne für 3-4 Tage, sodann Unterbringung der Reiseteilnehmer bei Gastfamilien (australische Lehrer) und im Anschluss hieran ein ca. sechstägiger Aufenthalt in Sydney. Wegen der Einzelheiten des Programmablaufs wird auf die ausführliche Darstellung in der Einspruchsentscheidung vom 29.9.2000 Bezug genommen. Für die Durchführung des Lehrgangs wurde vom Hessischen Institut für Lehrerfortbildung ein Betrag in Höhe von 11.000,-- DM zur Verfügung gestellt, der auf die 20 Reiseteilnehmer anteilig verteilt wurde. Für die Dauer der Reise (eine Woche während der Schulzeit, drei Wochen während der Osterferien) wurde der Kläger von seinen sonstigen dienstlichen Verpflichtungen freigestellt.

Mit seiner Einkommensteuererklärung 1997 begehrten die Kläger den Abzug von Werbungskosten für die Australienreise in Höhe von insgesamt 7.500,-- DM. Das Finanzamt lehnte den Abzug wegen privater Mitveranlassung mit Einkommensteuerbescheid vom 21.8.1998 ab. Der Einspruch hiergegen wurde mit Einspruchsentscheidung vom 29.9.2000 als unbegründet zurückgewiesen.

Mit fristgerecht erhobener Klage verfolgten die Kläger sein Ziel weiter.

Gerichtlich wie bereits außergerichtlich vertreten sie die Auffassung, dass die Reise fast nahezu ausschließlich beruflich veranlasst gewesen und die private Mitveranlassung zu vernachlässigen sei. So habe der Kläger die Reise vorzubereiten und zu organisieren sowie im Anschluss an die Reise einen entsprechenden Bericht zu erstellen gehabt, der in hessischen Schulen als unterrichtsbegleitendes Material zur Verfügung gestellt worden sei.

Wegen Einzelheiten des klägerischen Vorbringens wird auf die Schriftsätze der Prozessbevollmächtigten vom 1.11. und 4.12.2000 Bezug genommen.

Die Kläger beantragen,

den Einkommensteuerbescheid 1997 vom 21.8.1998 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 29.9.2000 dahingehend abzuändern, dass weitere Werbungskosten in Höhe von 7.500,-- DM bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Tätigkeit in Ansatz gebracht werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Finanzamt hält auch im gerichtlichen Verfahren an seiner außergerichtlich geäußerten Rechtsansicht fest, dass die geltend gemachten Werbungskosten wegen privater Mitveranlassung der Reise nicht in Ansatz zu bringen seien. Wegen Einzelheiten dieses Vorbringens wird auf den Schriftsatz des Beklagten vom 21.12.2000 in Verbindung mit der Einspruchsentscheidung vom 29.9.2000 Bezug genommen.

Die einschlägige Einkommensteuerakte hat dem Senat vorgelegen. Weiterhin hat dem Senat vorgelegen ein Kompendium „Australian Studies For Schools”.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nicht begründet.

Das Finanzamt hat zu Recht den Abzug der geltend gemachten Aufwendungen für die Australienreise als Werbungskosten versagt. Einer Anerkennung steht § 12 Nr. 1 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) entgegen. Danach dürfen Aufwendungen für die Lebensführung, die die wirtschaft...

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