vorläufig nicht rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Werbungskosten eines Arbeitnehmers im Zusammenhang mit einem betrügerischen Geldwechselgeschäft

 

Leitsatz (redaktionell)

Einen Schaden durch Falschgeldzahlung, den ein im Vertrieb auf Provisionsbasis beschäftigter Arbeitnehmer bei einem Geldwechselgeschäft, das einem Maschinenverkauf vorgelagert ist, erleidet, kann steuerlich als Werbungskosten geltend gemacht werden, wenn das Geldwechselgeschäft zum Zwecke der Erlangung der Provision vorgenommen wurde.

 

Normenkette

EStG § 9; AO § 40

 

Streitjahr(e)

2016

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob ein vom Kläger zu 1 im Zusammenhang mit einem Geldwechsel erlittener Vermögensschaden in Höhe von 250.000,00 EUR als Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit anzuerkennen ist.

Der Kläger zu 1 war im Streitjahr 2016 bei dem Unternehmen A GmbH - als Arbeitnehmer in der Vertriebsabteilung beschäftigt. Laut seinem Arbeitsvertrag erhielt er für die Vermittlung von Verkäufen Provisionen. Im Februar 2016 bekundete ein Herr B (angeblich aus London) per E-Mail gegenüber der A GmbH sein Interesse an dem Ankauf diverser Maschinen. Im weiteren Verlauf wurden die Verhandlungen auf Käuferseite von einem Herrn C (angeblich Schweizer Staatsbürger) geführt. Im März 2016 fand ein erstes persönliches Treffen zwischen Herrn C, dem Kläger zu 1 und dessen Vorgesetzten, Herrn D, in Paris statt. Im Rahmen dieses Gesprächs teilte Herr C mit, dass er eine Investorengruppe aus mehreren Ländern vertrete, die als Vorbedingung für den Kauf der Maschinen ein Geldwechselgeschäft verlangten. Zur Begründung wurde angegeben, dass die Investoren nach einer Möglichkeit suchten, einer gerüchteweise insbesondere in Italien bevorstehenden Einziehung der 500-Euro-Banknote zuvorzukommen und sich durch das Geldwechselgeschäft ihres Bestandes der genannten Banknote entledigen zu können. Der Vorgesetzte des Klägers zu 1 teilte Herrn C daraufhin mit, dass ein solches Geschäft für die A GmbH nicht in Betracht komme. Falls Herr C bzw. die Investorengruppe weiterhin Interesse an den Maschinen haben sollten, werde sich der Kläger zu 1 unter der Wahrung der gesetzlichen Vorschriften darum kümmern.

In der Folgezeit führte der Kläger zu 1 mit Herrn C weitere Verkaufsverhandlungen, die schließlich in einen Vorvertrag mit einem Gesamtkaufpreis von ca. 1,8 Mio. EUR mündeten. Dieser Vertrag wurde von dem Vorgesetzten des Klägers zu 1 im Vorfeld eines Treffens zwischen dem Kläger zu 1 und Herrn C unterschrieben.

Das genannte Treffen fand am 25.05.2016 in Genua statt. Der Kläger zu 1 traf in einem dortigen Hotel auf Herrn C, der sich in Begleitung eines weiteren Mannes befand. Die beiden Männer wurden von einer Überwachungskamera des Hotels aufgezeichnet; ein entsprechendes Standbild findet sich in der Gerichtsakte (vgl. Bl. 52 der Gerichtsakte). Mit diesem anderen Mann begab sich der Kläger zu 1 auf Anweisung von Herrn C in einen Konferenzraum des Hotels, übergab ihm dort 250.000,00 EUR in 200-Euro-Banknoten und erhielt im Gegenzug ebenfalls 250.000,00 EUR, jedoch in 500-Euro-Banknoten. Das von dem Kläger zu 1 mitgeführte Geld stammte in Höhe von 180.000,00 EUR von einem privaten Sparbuch, in Höhe von 20.000,00 EUR aus einem privaten Bankschließfach und in Höhe von 50.000,00 EUR aus einem Privatdarlehen. Der Kläger zu 1 hatte seinen Vorgesetzten in seine Absicht, das Geldwechselgeschäft mit privaten Mitteln durchzuführen, nicht eingeweiht.

Der Kläger zu 1 kontrollierte das erhaltene Geld direkt nach Übergabe mithilfe eines mitgeführten Gerätes auf seine Echtheit, woraufhin sich keine Auffälligkeiten zeigten. Der Kläger zu 1 trat sodann mit dem anderen Mann vor die Tür des Konferenzraumes, um wieder mit dem dort verbliebenen Herrn C zu sprechen. Dieser unterschrieb dann den Vorvertrag. Nachdem der Kläger zu 1 wieder allein in seinem Hotelzimmer war, erkannte er, dass das erhaltene Geld – von ihm unbemerkt – in offensichtliches Falschgeld ausgewechselt worden sein musste; so fand sich auf den Banknoten nunmehr z.B. der Aufdruck ”DISNEYLAND“.

Die Ermittlungen der italienischen Polizei, die sich unter anderem auf die Auswertung der Überwachungskameras des Hotels stützen, führten nach Aussage des Klägers zu 1 bislang zur Ermittlung einer Reihe von Verdächtigen. Die italienische Staatsanwaltschaft entscheide derzeit über eine Klageerhebung. Der Kläger zu 1 erlangte für seinen Verlust keine irgendwie geartete Kompensation.

Die Kläger haben in ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr den Betrag von 250.000,00 EUR als Werbungskosten des Klägers zu 1 bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, hilfsweise als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht.

Der Beklagte erließ am 18.12.2017 den Einkommensteuerbescheid für 2016, ohne den Betrag von 250.000,00 EUR zu berücksichtigen. Zur Begründung führte er aus, dass keine berufliche Veranlassung gegeben sei, da das Geldwechselgeschäft nicht im Auftrag des Arbeitgebers des Klägers zu 1, sondern ohne dessen Wissen durch...

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