Entscheidungsstichwort (Thema)

Aussetzung der Vollziehung des Einkommensteuerbescheides 1994

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 24.03.1998; Aktenzeichen I B 100/97)

 

Tenor

Die Vollziehung des Einkommensteuerbescheids 1994 vom 19.11.1996 wird im Umfang von … DM ausgesetzt. Die Aussetzung der Vollziehung endet mit Bestandskraft des Einkommensteuerbescheids, spätestens einen Monat nach Abschluß des Einspruchsverfahrens.

Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsgegner zu tragen. Die Beschwerde gegen diesen Beschluß wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Der 19 … geborene Antragsteller ist britischer Staatsbürger. Er arbeitet seit Jahren bei der A. Cargo in M. als Flugzeugführer und unterhält in der Nähe von M. auch einen (zweiten) Wohnsitz. Seinen Familienwohnsitz hat er in England. Dort leben seine Frau und die gemeinsame Tochter. Seine Frau arbeitet in England und hat im Streitjahr 1994 insgesamt Einkünfte in Höhe von umgerechnet … – DM bezogen. Der Antragsteller hat als Arbeitnehmer im Streitjahr brutto … – DM verdient; darauf sind nach Steuerklasse III … – DM Lohnsteuern einbehalten worden.

In seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 1994 hat der Antragsteller die Zusammenveranlagung mit seiner Ehefrau beantragt. Dies hat der Antragsgegner (das Finanzamt) abgelehnt und zur Begründung darauf hingewiesen, daß der Antragsteller nicht – wie gesetzlich erforderlich – in der Bundesrepublik Deutschland sein nahezu ausschließliches Familieneinkommen bezogen habe, §§ 1 Abs. 3, 1 a Abs. 1 Nr. 2 EStG. Mit seinem gegen diesen Bescheid gerichteten Einspruch begehrt der Antragsteller weiterhin die Zusammenveranlagung und höhere Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Hinsichtlich der höheren Werbungskosten hat das Finanzamt dem Aussetzungsantrag des Antragstellers mit Verfügung vom 12.02.1997 entsprochen. Seinen weitergehenden Aussetzungsantrag, der die Einkommensteuerherabsetzung aufgrund der begehrten Zusammenveranlagung beinhaltet hat, hat das Finanzamt mit Verfügung vom 18.02.1997 abgelehnt. Der gegen diese Ablehnung gerichtete Einspruch blieb ohne Erfolg. In der Hauptsache hat das Finanzamt über den gegen den Einkommensteuerbescheid 1994 vom 19.11.1996 gerichteten Einspruch noch nicht entschieden.

Zur Begründung seines gerichtlichen Aussetzungsantrags trägt der Antragsteller vor, die Versagung der Zusammenveranlagung mit seiner in Großbritannien lebenden Frau stelle einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot des Artikel 48 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG- Vertrag) dar. Die vom deutschen Gesetzgeber in § 1 a Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 1 Abs. 3 EStG gewählte Regelung sei nicht gemeinschaftskonform und verstoße gegen die Rechtsgrundsätze, die der Europäische Gerichtshof (EuGH) in den Schumacker- und Asscher-Urteilen aufgestellt habe. Die durch das Jahressteuergesetz 1996 geschaffene Rechtslage sei zumindest anfechtbar und erfordere eine Überprüfung durch den EuGH; die auf der Versagung der Zusammenveranlagung entfallende Steuer sei daher im Streitfall auszusetzen.

Der Antragsteller beantragt,

die Vollziehung des Einkommensteuerbescheids 1994 vom 19.11.1996 in Höhe von weiteren … – DM gemäß § 69 Abs. 3 i.V.m. § 69 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) auszusetzen.

Das Finanzamt beantragt,

den Aussetzungsantrag abzulehnen.

Es ist der Ansicht, daß der Gesetzgeber mit der im Jahressteuergesetz 1996 getroffenen Regelung eine gemeinschaftskonforme Folgerung aus dem Schumacker-Urteil des EuGH getroffen habe und daß das Asscher-Urteil des EuGH auf den Streitfall nicht anwendbar sei. Für den Fall einer Aussetzung der Vollziehung durch das Gericht beantragt das Finanzamt ergänzend, die Festsetzung einer Sicherheitsleistung im Umfang der ausgesetzten Steuer, weil nicht absehbar sei, wie lange der Antragsteller noch als Flugzeugführer in der Bundesrepublik Deutschland arbeiten werde und weil die Durchsetzung des Steueranspruchs nach Rückkehr des Antragstellers in sein Heimatland wesentlich erschwert oder gar unmöglich sei.

 

Entscheidungsgründe

II.

Der Antrag ist begründet.

1. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 FGO kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. Die Aussetzung soll erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (§ 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO). Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts sind zu bejahen, wenn bei der summarischen Prüfung dieses Bescheids anhand des aktenkundigen Sachverhalts neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts sprechenden Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen bewirken (Beschluß des Bundesfinanzhofs vom 10. Februar 1967 III B 9/66...

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