rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftungsinanspruchnahme eines GbR-Gesellschafters für Steuerschulden der Gesellschaft

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Haftungsinanspruchnahme eines GbR-Gesellschafters für Steuerschulden der Gesellschaft ist verschuldensunabhängig, sodass es dabei weder auf die Beteiligungsquote an der Gesellschaft noch auf den Umfang der Mitwirkung an unternehmerischen Entscheidungen ankommt.

 

Normenkette

AO § 191 Abs. 1; HGB § 128

 

Streitjahr(e)

2004

 

Tatbestand

Der Antragsteller ist Mitgesellschafter der A und B GbR. Nachdem die GbR Umsatzsteuerschulden aus dem Vorauszahlungsbescheid für April 2002 in Höhe von 86.342,33 Euro sowie Säumniszuschläge nicht entrichtet hatte, nahm der Antragsgegner (das Finanzamt -FA-) zunächst den Mitgesellschafter B mit Bescheid vom 1.9.2003 in Höhe von 111.243,43 Euro (86.342,33 Euro USt 4/02, 24.320,50 Euro Säumniszuschläge und 580,60 Euro Vollstreckungskosten) in Haftung.

Nachdem im Verfahren wegen Aussetzung der Vollziehung des Mitgesellschafters B Zweifel aufgekommen waren, ob nicht ein Ermessensfehler darin zu sehen sei, dass das FA lediglich den Gesellschafter B und nicht auch den zweiten Gesellschafter in Haftung genommen hatte, erließ das FA am 30.4.2004 einen weiteren Haftungsbescheid gegenüber dem Antragsteller. Zur Begründung führte das FA aus, die GbR habe Steuerforderungen aus der USt-Voranmeldung 4/02 nicht getilgt. Die Inanspruchnahme des Antragstellers sei ermessensgerecht, weil Vollstreckungsversuche bei der GbR erfolglos geblieben waren und eine Aufrechnung mit Gegenansprüchen der GbR nicht erfolgen könne, weil deren Bestehen streitig sei. Der weitere Gesellschafter B sei zwar mit den steuerlichen Angelegenheiten der GbR befasst gewesen, jedoch fehle es insoweit an einer vorweg getroffenen schriftlichen Aufgabenverteilung unter den Gesellschaftern. Zur Höhe der Haftung heißt es im Haftungsbescheid: „Sie haften für die im Nachfolgenden aufgeführten Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis von insgesamt 111.243,43 Euro (zum Betrag siehe Hinweise) persönlich und unbeschränkt”. Unter „Hinweise” wird dann ausgeführt, dass wegen der Verrechnung eines vor Erlass des Haftungsbescheides unstreitig gewordenen Guthabens der GbR nur noch ein Betrag von 46.275,15 Euro offen sei.

Hiergegen hat der Antragsteller Einspruch eingelegt und Aussetzung der Vollziehung beantragt. Es fehlten zwar schriftliche Vereinbarungen über die Aufgabenverteilung innerhalb der Gesellschaft, jedoch bestehe eine tatsächliche Aufgabenverteilung, wonach allein der Gesellschafter B für alle kaufmännischen und steuerrelevanten Tätigkeiten verantwortlich sei. Der Antragsteller überwache lediglich das Mietkonto des Objektes D und übermittle B monatlich die Mieteingänge zur Anfertigung der Voranmeldungen, die dieser unterzeichne.

Den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung lehnte das FA ab, weil es nach dem eigenen Vortrag des früheren Bevollmächtigten des Antragstellers keine derartige Aufgabenverteilung gebe. Der Bevollmächtigte habe ausgeführt: „Es gibt keine gesellschaftsinterne Aufgabenverteilung, die vorsieht, dass nur der Gesellschafter B für die Abwicklung der Auseinandersetzung mit dem FA zuständig wäre. Vielmehr hat der Gesellschafter A einen identischen Aufgabenbereich zu erfüllen.…Vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass die im Gesellschaftsvertrag vorgesehene Gesamtverantwortlichkeit auch nicht durch einen zusätzlichen Gesellschafterbeschluss abgeändert wurde. Da es weder mündlich noch schriftlich eine abweichende Regelung gibt, verbleibt es bei der Gesamtverantwortlichkeit der Gesellschafter.”

Am 23.8.2004 hat der Antragsteller gerichtlichen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt und zur Begründung ausgeführt: Der Erlass des Haftungsbescheides gegenüber dem Antragsteller sei ermessensfehlerhaft, da der Gesellschafter B für die steuerrechtlichen und kaufmännischen Belange der GbR alleinverantwortlich gewesen sei. Dies ergebe sich draus, dass nahezu der gesamte Schriftverkehr mit dem FA von B geführt worden sei. Eine nachträglich dokumentierte Vereinbarung in Form von „diversen Gesellschafterbeschlüssen” lasse das FA zu Unrecht nicht gelten. Auch sei eine vor dem Haftungszeitpunkt erteilte notarielle Vollmacht des anderen Gesellschafters zu berücksichtigen. Diese dokumentiere die mündliche Verteilung der Verantwortungsbereiche. Das FA fordere zu Unrecht eine im vorhinein getroffene schriftliche Vereinbarung. Auch ein mündliche Vereinbarung müsse ausreichen, wenn diese „durch die faktische Handlungsweise der Gesellschafter dokumentiert und bestätigt” werde. Das Fehlen einer schriftlichen Aufgabenverteilung könne dann nicht entscheidend sein, wenn die tatsächliche Handhabung nachgewiesen sei. Außerdem sei der Haftungsbescheid ermessensfehlerhaft ergangen, weil die GbR Steuererstattungen aus den Veranlagungszeiträumen USt 1993-1996 und Gewerbesteuer 1993 bis 1996 erwarte, weshalb Klageverfahren anhängig seien.

Der Antragsteller beantragt,

die Vollziehung des Haftungsbe...

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