Rz. 30

[Autor/Stand] Nach § 1 GrStG bleibt es den Gemeinden überlassen, ob und in welcher Höhe sie eine Grundsteuer erheben (§ 1 GrStG Rz. 4). Das Heberecht dient einer angemessenen Finanzausstattung der Gemeinden und gewährleistet einen weiten Spielraum zur Ausgestaltung (s. § 1 GrStG Rz. 5).[2] Im Unterschied zur Gewerbesteuer verbleibt das gesamte Aufkommen der Grundsteuer bei den Kommunen. Und anders als bei der Gewerbesteuer, bei der ein Mindesthebesatz von 200 % zu erheben ist (§ 16 Abs. 4 Satz 2 GewStG), können Gemeinden auf die Erhebung der Grundsteuer vollständig verzichten. Zum 31.12.2018 gab es bundesweit aber nur wenige Gemeinden, in denen keine Grundsteuer erhoben wurde, die entsprechenden Haushaltssatzungen also einen Hebesatz von Null auswiesen.[3] In der Praxis sind in den letzten Jahren in vielen Gemeinden die Hebesätze erheblich erhöht worden. Derzeit beträgt der Hebesatz für die Grundsteuer B in Gemeinden ab 20.000 Einwohnern durchschnittlich 539 %.[4] Bezieht man alle Gemeinden in die Berechnung des Durchschnitts-Hebesatzes mit ein, liegt der durchschnittliche Hebesatz bei 472 %[5] (Einzelheiten s. § 1 GrStG Rz. 6).

 

Rz. 31

[Autor/Stand] Das Grundsteueraufkommen ist stetig und unterliegt keinen konjunkturellen Schwankungen. Das macht die Grundsteuer für die Gemeinden so wertvoll. In den letzten zehn Jahren ist das Grundsteueraufkommen wegen der geänderten Hebesätze und der stetigen Verdichtung bei der Bebauung von ca. 11 Mrd. Euro auf nunmehr über 14 Mrd. Euro gestiegen. Das Aufkommen der Grundsteuer A für die Grundstücke der Land- und Forstwirtschaft liegt in den letzten Jahren nahezu unverändert bei ca. 400 Mio. Euro. Damit sinkt der Anteil der Grundsteuer A am Gesamtaufkommen der Grundsteuer ständig. Er hat sich seit 2010 von 2,13 % auf 1,83 % verringert (§ 1 GrStG Rz. 7). Dasselbe gilt für den Anteil der Grundsteuer A und B am Gesamtaufkommen der Gemeindesteuern. Das liegt an der dynamischen Entwicklung im Bereich der anderen Steuern, insb. der Gewerbesteuer.

 

Rz. 32

[Autor/Stand] Es bleibt abzuwarten, wie sich die Reform der Grundsteuer auf das Aufkommen auswirken wird. Die Reform kommt zu einem Zeitpunkt, in dem in den Gemeinden das Aufkommen bei der Gewerbesteuer aufgrund der Corona-Krise im schlimmsten Fall noch über Jahre hinweg zurückgeht, im besten Fall nicht mehr so dynamisch steigt, wie noch bis einschließlich 2019. Die Vorstellung und der Wunsch des Bundesgesetzebers, dass das Grundsteueraufkommen durch die Reform in etwa gleichbleiben werde, dürfte in der Praxis kaum umzusetzen sein. Die Gemeinden, die nach den neuen Wertverhältnissen und bei gleichbleibenden Hebesätzen höhere Einnahmen erzielen, werden kaum auf die zusätzlichen Einnahmen verzichten können. Die Gemeinden, die nach den neuen Wertverhältnissen und gleichen Hebesätzen geringere Einnahmen erzielen, werden zum Ausgleich die Hebesätze anheben müssen. In der Summe wird das Aufkommen der Grundsteuer B voraussichtlich weiter steigen.

[Autor/Stand] Autor: Loose, Stand: 01.09.2020
[2] VG Düsseldorf v. 6.11.2019 – 5 K 2014/19, zur Hebesatzerhöhung einer Gemeinde für das Jahr 2019 von 640 auf 890 %. Die Steuer darf aber – gemessen an der normalen finanziellen Leistungskraft – keine erdrosselnde Wirkung haben; vgl. VG Gelsenkirchen v. 5.9.2013 – 5 K 930/13.
[3] Sechs Gemeinden in Rheinland-Pfalz, fünf Gemeinden in Schleswig-Holstein und eine Gemeinde in Hessen. Einzelheiten vgl. Ernst & Young, Studie Entwicklung der kommunalen Realsteuern 2005 bis 2018, Analyse der Hebesätze zu Gewerbe- und Grundsteuer im Rahmen der EY Kommunenstudie 2019; s. § 1 GrStG Rz. 5.
[4] DIHK-Hebesatzumfrage 2019, Gemeinden ab 20.000 Einwohner.
[5] Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Realsteuervergleich, Fachserie 14, Reihe 10.1, 2019, 7.
[Autor/Stand] Autor: Loose, Stand: 01.09.2020
[Autor/Stand] Autor: Loose, Stand: 01.09.2020

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