Leitsatz

1. Im Rahmen einer Außenprüfung kann die Finanzverwaltung die Herausgabe digitalisierter Steuerdaten zur Speicherung und Auswertung auf mobilen Rechnern der Prüfer nur verlangen, wenn Datenzugriff und Auswertung in den Geschäftsräumen des Steuerpflichtigen oder in den Diensträumen der Finanzverwaltung stattfinden.

2. Eine Speicherung von Daten über den tatsächlichen Abschluss der Prüfung hinaus ist durch § 147 Abs. 6 Satz 2 AO nur gedeckt, soweit und solange die Daten noch für Zwecke des Besteuerungsverfahrens (z.B. bis zum Abschluss etwaiger Rechtsbe­helfsverfahren) benötigt werden.

 

Normenkette

§ 147 Abs. 6 Satz 2, § 200 Abs. 2 AO, § 6 BpO 2000

 

Sachverhalt

Das FA erließ gegen einen selbstständigen Steuerberater eine Prüfungsanordnung, in der es u.a. hieß: "… Zur Prüfung werden die Daten in digitaler Form auf einem maschinell verwertbaren Datenträger, entsprechend den Grundsätzen zum Datenzugriff zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen (GDPdU), benötigt (§ 147 Abs. 6 Satz 2 AO)." In einem Aktenvermerk zu Beginn der Außenprüfung in den Geschäftsräumen des Klägers hielt der Prüfer fest, die Herausgabe eines Datenträgers sei verweigert worden. Es sei lediglich angeboten worden, die Prüfung am betrieblichen Datenverarbeitungssystem durchzuführen.

Die gegen die Prüfungsanordnung angestrengte Klage blieb erfolglos (FG Baden-Württemberg, Außensenate Freiburg, Urteil vom 7.11.2012, 14 K 554/12, Haufe-Index 3564674, EFG 2013, 268).

 

Entscheidung

Auf die Revision des Klägers hob der BFH die Vorentscheidung auf und ergänzte die Prüfungsanordnung um den Satz: "Die Herausgabe erfolgt nur zur Speicherung und Auswertung auf dem Rechner des Prüfers während der Prüfung in Ihren Geschäftsräumen oder zur Mitnahme durch den Prüfer für die Speicherung und Auswertung der Daten auf einem Rechner in den Diensträumen des Beklagten."

Der BFH führte aus: Zu Unrecht habe das FG aus § 147 Abs. 6 Satz 2 AO das Recht der Finanzverwaltung entnommen, die ihr im Rahmen einer Außenprüfung in digitaler Form überlassenen Daten über den Zeitraum der Prüfung hinaus auf Rechnern außerhalb der Diensträume der Finanzverwaltung zu speichern.

 

Hinweis

1. Vorbemerkung: Die moderne Informations-Technologie macht für die Beteiligten des Besteuerungsverfahrens vieles einfacher. Der Umgang mit der komplexen Materie des Steuerrechts wird weniger aufwändig. Der Berater spart bei der Erstellung der Steuererklärungen seiner Mandanten Zeit. Zugleich wird die Verifikation der Besteuerungsgrundlagen für die Finanzämter wesentlich erleichtert, weil sie in der Außenprüfung mit spezieller Prüfungssoftware operieren kann.

Bei allem technischen Fortschritt kommt es indes immer wieder vor, dass die für das Besteuerungsverfahren entwickelten IT-Lösungen mit den gesetzlichen Grundlagen, die noch aus der guten alten Papierwelt stammen, nicht so recht zusammenpassen wollen. Dann hat der Rechtsanwender nur zwei Möglichkeiten, die beide unbefriedigend sind: Entweder muss der Gesetzestatbestand gleichsam mit der Brechstange für die fortschrittlichen IT-Lösungen passend gemacht (oder gleich ganz links liegen gelassen) werden oder aber das Gesetz erweist sich, wenn es befolgt wird, als Bremse für den Einsatz solcher IT-Lösungen und droht die damit intendierten Rationalisierungseffekte zu unterlaufen. Ein Beispiel dafür bietet der vorliegende Fall.

2. Im Zusammenhang mit einer Außenprüfung stehen der Finanzverwaltung die Befugnisse aus § 147 Abs. 6 AO in Bezug auf alle Unterlagen zu, die der Steuerpflichtige nach § 147 Abs. 1 AO aufzubewahren hat. Dies umfasst insbesondere das Recht, die Überlassung der gespeicherten Unterlagen und Aufzeichnungen auf einem maschinell verwertbaren Datenträger nach § 147 Abs. 6 Satz 2 Alternative 2 AO zu verlangen.

3. Auch der freiberuflich tätige Steuerpflichtige ist, obwohl er kraft Gesetzes das Berufsgeheimnis zu wahren hat, nach § 200 Abs. 1 Satz 2 AOzur Mitwirkung verpflichtet. Ihm ist jedoch die Möglichkeit einzuräumen, dem Berufsgeheimnis unterliegende Daten Zugriffsbeschränkungen zu ­unterwerfen, um damit sicherzustellen, dass die Außenprüfung auf diese Daten nicht zugreifen kann. Daher kann das FA bei Berufsgeheimnis­trägern die Vorlage nur derjenigen Steuerunterlagen verlangen, aus denen nach Anonymisierung die Identität der Mandanten und die Tatsache ihrer Beratung nicht zu ersehen sind.

4. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebietet es, der Gefahr einer missbräuchlichen Verwendung der Daten Rechnung zu tragen und nach Möglichkeit auszuschließen, dass die Daten außerhalb der Geschäftsräume des Steuerpflichtigen oder der Diensträume der Finanzverwaltung – z.B. infolge eines Diebstahls des Prüfer-Notebooks – in fremde Hände geraten können. Dieses Bedürfnis ist ohne nennenswerte Beeinträchtigung einer rechnergestützten Außenprüfung angemessen berücksichtigt, wenn die Daten des Steuerpflichtigen nur in seinen Geschäftsräumen oder an Amtsstelle erhoben und verarbeitet werden und wenn nach dem tatsächlichen Abschluss der Außenprüfung die nach § 146 A...

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