Leitsatz

Ein bebautes Grundstück, das durch den Steuerpflichtigen langjährig im Rahmen privater Vermögensverwaltung genutzt wird, kann Gegenstand eines gewerblichen Grundstückshandels werden, wenn der Steuerpflichtige im Hinblick auf eine Veräußerung Baumaßnahmen ergreift, die derart umfassend sind, dass hierdurch das bereits bestehende Gebäude nicht nur erweitert oder über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehend wesentlich verbessert wird, sondern ein neues Gebäude hergestellt wird.

 

Normenkette

§ 15 Abs. 2 Satz 1, § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG, § 24 UmwStG, § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB

 

Sachverhalt

Der zwischenzeitlich verstorbene Kläger vermietete seit Jahrzehnten ein bebautes Grundstück an eine GmbH. Im Jahr 2004 stellte er auf dem Grundstück einen Erweiterungsbau fertig. Bereits vor dessen Genehmigung hatte der Kläger eine gewerbliche KG gegründet. In diese brachte er im Streitjahr die erweitert bebaute Immobilie gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten und Übernahme der mit dem Grundstück zusammenhängenden Verbindlichkeiten ein. Das FA besteuerte den aus der Einbringung entstandenen Gewinn, da es der Auffassung war, der Kläger habe das Grundstück nicht aus seinem Privat-, sondern aus einem Betriebsvermögen eingebracht. Aufgrund anderweitiger Grundstücksaktivitäten habe er einen gewerblichen Grundstückshandel betrieben, zu dem auch das in die KG eingebrachte Grundstück gehört habe. Die Klage hatte keinen Erfolg (Niedersächsisches FG, Urteil vom 10.4.2018, 12 K 159/16).

 

Entscheidung

Der BFH hat die Entscheidung aufgehoben und die Sache an die Vorinstanz zurückverwiesen. Er konnte mangels entsprechender Feststellungen nicht abschließend entscheiden, ob das eingebrachte Grundstück in Anbetracht dessen langjähriger Nutzung im Rahmen privater Vermögensverwaltung überhaupt taugliches Objekt eines gewerblichen Grundstückshandels gewesen sein konnte.

 

Hinweis

1. Mancher Leser wird sich beim Abgleichen des Aktenzeichens und dem Leitsatz ein wenig verwundert die Augen reiben. Nachdem das Verfahren vor dem Großen Senat des BFH GrS 1/06 durch Klaglosstellung ohne gerichtliche Entscheidung beendet wurde, war im Schrifttum und auch in der Finanzverwaltung die Erwartung geäußert worden, dass das Besprechungsurteil die seit langem umstrittene Frage klären könnte, ob bei der Einbringung eines Wirtschaftsguts in eine Personengesellschaft die strenge oder die modifizierte Trennungstheorie zugrunde zu legen ist.

Der X. Senat konnte sich hierzu jedoch nicht verbindlich äußern, da dem vom FG festgestellten Sachverhalt bereits nicht zu entnehmen war, ob im Streitfall überhaupt die Einbringung eines Wirtschaftsguts – hier eines bebauten Grundstücks – aus einem Betriebsvermögen gegeben war oder ob nicht vielmehr ein Wirtschaftsgut des Privatvermögens in eine Personengesellschaft eingebracht worden war.

Dass der X. Senat sein Urteil dennoch zur amtlichen Veröffentlichung vorgesehen hat, beruht auf der von ihm vorgenommenen Fortentwicklung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum gewerblichen Grundstückshandel.

2. Veräußert ein Steuerpflichtiger weniger als vier Objekte, können besondere Umstände auf eine dennoch vorliegende gewerbliche Betätigung schließen lassen. Es bedarf keines Rückgriffs auf die Drei-Objekt-Grenze, wenn aufgrund objektiver Umstände feststeht, dass die Tätigkeiten mit unbedingter Veräußerungsabsicht ausgeübt worden sind. Dies ist u.a. dann der Fall, wenn das im zeitlichen Zusammenhang mit der Bebauung und Veräußerung erworbene Grundstück schon vor der Bebauung verkauft worden ist. In einem solchen Fall wird der Veräußerer wie ein Bauunternehmer, Generalübernehmer oder Baubetreuer tätig, selbst wenn er den Grundbesitz ursprünglich in der Absicht erworben hatte, ihn im Wege der Vermietung oder Verpachtung zu nutzen. Die in Veräußerungsabsicht vorgenommenen Aktivitäten markieren den Zeitpunkt, in dem das Grundstück vom Gegenstand der privaten Vermögensverwaltung zum gewerblichen Umlaufvermögen geworden ist.

3. Ein Grundstück, das langjährig im Eigentum des Steuerpflichtigen steht und seit längerer Zeit im Rahmen privater Vermögensverwaltung genutzt wird, ist nicht von vornherein ungeeignet, Teil eines gewerblichen Grundstückshandels zu sein. Vielmehr kann ein solches Grundstück nach Auffassung des X. Senats Gegenstand gewerblichen Umlaufvermögens werden, wenn der Steuerpflichtige selbst nach langfristiger Vermietung im Hinblick auf eine Veräußerung Baumaßnahmen ergreift, die derart umfassend sind, dass hierdurch das bereits bestehende Wirtschaftsgut "Gebäude" nicht nur erweitert oder über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehend wesentlich verbessert wird, sondern ein neues Wirtschaftsgut "Gebäude" hergestellt wird.

Dies gilt unabhängig davon, ob durch die Maßnahmen ein selbstständiges – neben einen Altbau tretendes – neues Gebäude, ein selbstständiger Gebäudeteil oder ein einheitliches neues Gebäude unter Einbeziehung der Altbausubstanz entsteht. Im Hinblick auf die in jedem Fall notwendige erforderliche umfassende Substa...

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