Sowohl für verzinsliche als auch unverzinsliche oder unterverzinsliche Verbindlichkeiten muss handelsrechtlich der Erfüllungsbetrag bilanziert werden. Eine Abzinsung unverzinslicher Verbindlichkeiten scheidet somit in der Handelsbilanz aus, da dies zu einem Ausweis zukünftiger noch nicht realisierter Erträge führen und somit gegen das Realisationsprinzip des § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB verstoßen würde.

In der Steuerbilanz waren hingegen Verbindlichkeiten grundsätzlich mit einem Zinssatz von 5,5 % abzuzinsen.[1] Ausgenommen von der Verzinsung waren lediglich Verbindlichkeiten, deren Laufzeit am Bilanzstichtag weniger als 12 Monate beträgt, und Verbindlichkeiten, die verzinslich sind oder auf einer Anzahlung oder Vorausleistung beruhen.[2]

Das Bundesfinanzministerium hat die Vervielfältiger zur Berechnung der Beträge am 26.5.2005 bekannt gegeben.[3]

Diese Rechtslage hat sich durch das 4. Corona-Steuerhilfegesetz v. 19.6.2022[4] dahingehend geändert, dass nach der Neufassung des § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG auch unverzinsliche Verbindlichkeiten nicht mehr abzuzinsen sind. Diese Neuregelung gilt für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2022 enden, auf Antrag kann diese Regelung aber auch für Altjahre zur Anwendung kommen.[5]

Handels- und Steuerrecht unterscheiden sich damit nunmehr nicht mehr.

 
Praxis-Beispiel

Abzuzinsendes Darlehen zur alten Gesetzesfassung

Am 31.12.01 muss ein unverzinsliches Darlehen von 30.000 EUR passiviert werden. Die Restlaufzeit beträgt 5 Jahre und 2 Tage. Tilgungsleistungen wurden nicht vereinbart.

Für die folgenden Jahre ist das Darlehen wie folgt zu bilanzieren:

 
          abgezinster Betrag Nennwert Zinsanteil
01 30.000 EUR x 0,765 = 22.950 30.000 7.050
02 30.000 EUR x 0,807 = 24.210 30.000 5.790
03 30.000 EUR x 0,852 = 25.560 30.000 4.440
04 30.000 EUR x 0,898 = 26.940 30.000 3.060
05 30.000 EUR x 0,948 = 28.440 30.000 1.560
06       =   30.000 0

Jahr 01

 
Konto SKR 03 Soll Kontenbezeichnung Betrag EUR Konto SKR 03 Haben Kontenbezeichnung Betrag EUR
1200 Bank (Finanzkonto) 30.000 1705 Darlehen 22.950
      8600 Sonstige betriebliche Erträge 7.050
 
Konto SKR 04 Soll Kontenbezeichnung Betrag EUR Konto SKR 04 Haben Kontenbezeichnung Betrag EUR
1800 Bank (Finanzkonto) 30.000 3560 Darlehen 22.950
      4830 Sonstige betriebliche Erträge 7.050

Jahr 02

 
Konto SKR 03 Soll Kontenbezeichnung Betrag EUR Konto SKR 03 Haben Kontenbezeichnung Betrag EUR
2100 Zinsaufwand 1.260 1705 Darlehen 1.260
 
Konto SKR 04 Soll Kontenbezeichnung Betrag EUR Konto SKR 04 Haben Kontenbezeichnung Betrag EUR
7300 Zinsaufwand 1.260 3560 Darlehen 1.260

Jahr 03

 
Konto SKR 03 Soll Kontenbezeichnung Betrag EUR Konto SKR 03 Haben Kontenbezeichnung Betrag EUR
2100 Zinsaufwand 1.350 1705 Darlehen 1.350
 
Konto SKR 04 Soll Kontenbezeichnung Betrag EUR Konto SKR 04 Haben Kontenbezeichnung Betrag EUR
7300 Zinsaufwand 1.350 3560 Darlehen 1.350

Jahr 04

 
Konto SKR 03 Soll Kontenbezeichnung Betrag EUR Konto SKR 03 Haben Kontenbezeichnung Betrag EUR
2100 Zinsaufwand 1.380 1705 Darlehen 1.380
 
Konto SKR 04 Soll Kontenbezeichnung Betrag EUR Konto SKR 04 Haben Kontenbezeichnung Betrag EUR
7300 Zinsaufwand 1.380 3560 Darlehen 1.380

Jahr 05

 
Konto SKR 03 Soll Kontenbezeichnung Betrag EUR Konto SKR 03 Haben Kontenbezeichnung Betrag EUR
2100 Zinsaufwand 1.500 1705 Darlehen 1.500
 
Konto SKR 04 Soll Kontenbezeichnung Betrag EUR Konto SKR 04 Haben Kontenbezeichnung Betrag EUR
7300 Zinsaufwand 1.500 3560 Darlehen 1.500

Jahr 06

 
Konto SKR 03 Soll Kontenbezeichnung Betrag EUR Konto SKR 03 Haben Kontenbezeichnung Betrag EUR
2100 Zinsaufwand 1.560 1705 Darlehen 1.560
 
Konto SKR 04 Soll Kontenbezeichnung Betrag EUR Konto SKR 04 Haben Kontenbezeichnung Betrag EUR
7300 Zinsaufwand 1.560 3560 Darlehen 1.560

Hieraus ergibt sich folgende Gewinnauswirkung und Darlehensentwicklung

 
  Gewinn Darlehen
31.12.01 + 7.050 22.950
31.12.02 – 1.260 + 1.260
31.12.03 – 1.350 + 1.350
31.12.04 – 1.380 + 1.380
31.12.05 – 1.500 + 1.500
31.12.06 – 1.560 + 1.560
  0 30.000
 
Praxis-Tipp

Unverzinslichkeit vermeiden

Um eine Abzinsung des Gesellschafterdarlehens zu vermeiden, konnte und sollte in der Vergangenheit eine Verzinsung vereinbart werden. Eine verzinsliche Verbindlichkeit liegt grundsätzlich immer dann vor, wenn ein Zinssatz von mehr als 0 % vereinbart wurde. Eine Verzinsung knapp über 0 % ist auch kein Missbrauch der rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten.[6] Dabei ist es unerheblich, ob am Bilanzstichtag fällige Zinsen auch tatsächlich gezahlt wurden. So ist bei einer Stundung von Zinszahlungen weiterhin eine verzinsliche Verbindlichkeit anzunehmen.[7]

Des Weiteren liegt eine verzinsliche Verbindlichkeit nach Auffassung der Finanzverwaltung auch dann vor, wenn der Verbindlichkeit statt der Kapitalverzinsung andere wirtschaftliche Nachteile gegenüberstehen, z. B. die Verpflichtung zur unentgeltlichen Überlassung eines Wirtschaftsgutes des Betriebsvermögens.[8]

Wie oben geschildert, hat sich diese Thematik durch die Neufassung des § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG verflüchtigt.

 
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