Rz. 72

Eine Nachschusspflicht für Gesellschafter besteht nur, sofern diese im Gesellschaftsvertrag bestimmt wurde (§ 26 Abs. 1 GmbHG). Dabei ist zwischen einer unbeschränkten Nachschusspflicht (§ 27 GmbHG) und der beschränkten Nachschusspflicht (§ 28 GmbHG) zu unterscheiden. Die beschränkte Haftung der Gesellschafter kann also durch Nachschusspflichten erweitert werden, sodass der Gesellschafter hierfür ggf. sogar mit seinem ganzen Vermögen haftet.

 

Rz. 73

Bei der unbeschränkten Nachschusspflicht hat jeder Gesellschafter – falls er die Stammeinlage vollständig eingezahlt hat – das Recht, sich innerhalb eines Monats nach Aufforderung zur Einzahlung des Nachschusses durch Preisgabe (Abandon) des Geschäftsanteils von der Nachschusspflicht zu befreien (§ 27 Abs. 1 Satz 1 GmbHG). Das Abandonrecht ist zwingend und kann durch den Gesellschaftsvertrag nicht eingeschränkt oder verhindert werden. Hingegen sind Erleichterungen des Abandonrechts möglich, z. B. durch Fristverlängerung. Eine Preisgabe ist nur möglich, wenn unbeschränkte Nachschusspflicht im Gesellschaftsvertrag vereinbart ist, ein Einforderungsbeschluss der Gesellschafterversammlung vorliegt und der Nachschuss durch die Geschäftsführer eingefordert wurde. Wird für Nachschüsse jedoch eine betragliche Obergrenze festgelegt, ist § 27 GmbHG nicht anzuwenden. Die Anwendung des Preisgaberechts kann in solchen Fällen dann aber durch entsprechende Regelungen im Gesellschaftsvertrag festgeschrieben werden, z. B. im Fall der beschränkten Nachschusspflicht (§ 28 GmbHG).[1] Die Gesellschaft kann eine Preisgabe auch fingieren, indem sie erklärt, dass sie den Geschäftsanteil als zur Verfügung gestellt betrachtet, wenn der Gesellschafter bis zum Ablauf der Frist von einem Monat weder den Geschäftsanteil zur Verfügung gestellt hat noch den eingeforderten Nachschuss leistet (§ 27 Abs. 1 Satz 2 GmbHG).

 

Rz. 74

Die Preisgabe (Abandon) führt dazu, dass sich die Gesellschaft aus dem zur Verfügung gestellten Geschäftsanteil befriedigen kann. Die Haftung des Gesellschafters wird also auf den realisierbaren Wert des Gesellschaftsanteils beschränkt. Der preisgebende Gesellschafter wird somit von seiner Pflicht zur Zahlung des auf den Gesellschaftsanteil entfallenden Nachschusses befreit. Die Preisgabe befreit den Gesellschafter hingegen nicht von anderen rückständigen Verbindlichkeiten, z. B. früheren Nachschüssen oder Nebenleistungen.

 

Rz. 75

Bei der beschränkten Nachschusspflicht ist ein Preisgaberecht gesetzlich nicht vorgeschrieben – insbesondere aus Gründen der hier begrenzten Haftung.[2] Die für die Einzahlung der Stammeinlagen geltenden §§ 2123 GmbHG sind – wenn im Gesellschaftsvertrag nichts anderes festgesetzt ist – bei verzögerter Einzahlung von Nachschüssen entsprechend anzuwenden, sofern sich die Gesellschaft zur Durchführung der Kaduzierung entschließt. Somit kann sich der zahlungspflichtige Gesellschafter bei der beschränkten Nachschusspflicht – anders als bei der unbeschränkten Nachschusspflicht – nicht einseitig von seiner Verpflichtung befreien bzw. seine persönliche Haftung begrenzen. Der Gesellschafter hat bei beschränkter Nachschusspflicht also kein Abandonrecht.

 

Rz. 76

Das Recht der Gesellschaft zur Einziehung von Nachschüssen der Gesellschafter ist gemäß § 42 Abs. 2 Satz 1 GmbHG in der Bilanz zu aktivieren. Voraussetzung ist, dass die Einziehung bereits beschlossen ist und den Gesellschaftern kein Preisgaberecht zusteht. Der nachzuschießende Betrag ist auf der Aktivseite unter den Forderungen – hier gesondert unter der Bezeichnung "eingeforderte Nachschüsse" – auszuweisen, soweit mit der Zahlung gerechnet werden kann (§ 42 Abs. 2 Satz 2 GmbHG). Der Ausweis sollte dabei zwischen den "Forderungen gegen Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht" (§ 266 Abs. 2 B II Nr. 3 HGB) und den "sonstigen Vermögensgegenständen" (§ 266 Abs. 2 B II Nr. 4 HGB) erfolgen.[3]

 

Rz. 77

Im Umfang der Aktivierung des Nachschusskapitals ist ein entsprechender Betrag auf der Passivseite im Posten "Kapitalrücklage" (§ 266 Abs. 3 A II HGB) gesondert auszuweisen (§ 42 Abs. 2 Satz 3 GmbHG). Der Nachschuss ist dadurch von einer Gewinnverteilung ausgeschlossen. Nach Einzahlung der Nachschüsse entfällt der Aktivposten "eingeforderte Nachschüsse", da die Forderung beglichen wurde. Der Passivposten innerhalb der "Kapitalrücklage" bleibt jedoch bestehen und kann nur für bestimmte Sachverhalte genutzt werden, z. B. für eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln, für die Abdeckung eines Bilanzverlusts bzw. Verlustvortrags oder für eine Rückzahlung von Nachschüssen.[4]

[1] Vgl. Jaeger, in Ziemons/Jaeger/Pöschke, Beck’scher Online-Kommentar GmbHG, 51. Aufl. 2022, § 27 GmbHG Rz. 1–6.
[2] Vgl. Kersting, in Noack/Servatius/Haas, GmbH-Gesetz, 23. Aufl. 2022, § 28 GmbHG Rz. 1.
[3] Vgl. Altmeppen, in Altmeppen, GmbHG, 10. Aufl. 2021, § 42 GmbHG Rz. 41.
[4] Vgl. Kersting, in Noack/Servatius/Haas, GmbH-Gesetz, 23. Aufl. 2022, § 42 GmbHG Rz. 9–10; Seidler, in Bertram/Kessler/Müller, Haufe HGB Bilanz...

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