Rz. 41

Der Grundsatz der Kapitalerhaltung soll sicherstellen, dass während der Existenz der GmbH zumindest das Stammkapital erhalten bleibt, um den Gläubigern der Gesellschaft als Haftungsgrundlage zur Verfügung zu stehen. Sichergestellt wird die Kapitalerhaltung insbesondere durch § 30 Abs. 1 Satz 1 GmbHG, welcher regelt, dass das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen der Gesellschaft an die Gesellschafter nicht ausgezahlt werden darf. Diese Norm stellt die zentrale Gläubigerschutzbestimmung im GmbH-Recht dar.

 

Rz. 42

Das Auszahlungsverbot des § 30 Abs. 1 Satz 1 GmbHG gilt jedoch nicht in den nachfolgenden Fällen:

  • Bestehen eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags (vergleichbar § 291 AktG),
  • Vorliegen eines vollwertigen Gegenleistungsanspruchs (Leistungsaustausch),
  • Vorliegen eines vollwertigen Rückgewähranspruchs (kreditähnliches Geschäft),
  • Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens,
  • Rückgewähr von Gesellschafterdarlehen gleichgestellten Leistungen.[1]

Im Gegensatz zum Stammkapital unterliegen Nachschüsse nicht derselben strengen Bindung, auch wenn sie ebenfalls der Eigenkapitalbildung dienen. Eingezahlte Nachschüsse können, soweit sie nicht zur Deckung eines Verlusts am Stammkapital erforderlich sind, an die Gesellschafter zurückgezahlt werden (§ 30 Abs. 2 Satz 1 GmbHG). Durch die Rückzahlung der Nachschüsse darf also keine Unterbilanz entstehen oder sich erhöhen. Die Zurückzahlung darf nicht vor Ablauf von 3 Monaten erfolgen, nachdem der Rückzahlungsbeschluss gemäß § 12 GmbHG bekanntgemacht ist (§ 30 Abs. 2 Satz 2 GmbHG).

 

Rz. 43

Wird gegen das Auszahlungsverbot des § 30 Abs. 1 Satz 1 GmbHG verstoßen, müssen gemäß § 31 Abs. 1 GmbHG die Zahlungen der Gesellschaft erstattet werden. Dieser eigenständige Erstattungsanspruch der Gesellschaft dient der Wiederherstellung des Stammkapitals im Interesse der Gesellschaft, der Gläubiger und auch einzelner Gesellschafter. Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass den Gesellschaftsgläubigern Vermögenswerte in Höhe des nominellen Stammkapitals erhalten bleiben.[2] War der empfangende Gesellschafter hingegen in gutem Glauben, so kann die Erstattung nur insoweit verlangt werden, wie sie zur Befriedigung der Gläubiger der Gesellschaft erforderlich ist (§ 31 Abs. 2 GmbHG). Guter Glaube ist insbesondere bei Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis nicht gegeben.[3]

 

Rz. 44

Ist die Erstattung vom primär verpflichteten Empfänger nicht zu erlangen, so haften gemäß § 31 Abs. 3 GmbHG für den zu erstattenden Betrag, soweit er zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlich ist, die übrigen Gesellschafter nach dem Verhältnis ihrer Geschäftsanteile (Ausfallhaftung). Entscheidend für die Eigenschaft als Gesellschafter ist der Zeitpunkt der Auszahlung.[4] Letzterer ist folglich auch maßgebend für das relevante Beteiligungsverhältnis. Fällt jedoch einer der subsidiär haftenden übrigen Gesellschafter aus, wird dessen zu erstattender Betrag ebenfalls nach dem Verhältnis der Geschäftsanteile auf die verbleibenden übrigen Gesellschafter verteilt (§ 31 Abs. 3 GmbHG).

 

Rz. 45

Die zu leistenden Zahlungen gelten gemäß § 31 Abs. 4 GmbHG zwingend sowohl für die primäre Erstattungspflicht als auch für die Ausfallhaftung. Im Fall der primären Erstattungspflicht verjähren die Ansprüche nach 10 Jahren und im Fall der Ausfallhaftung nach 5 Jahren (§ 31 Abs. 5 GmbHG). Zudem haften bei der Ausfallhaftung die Geschäftsführer solidarisch gegenüber den Gesellschaftern und sind zum Ersatz verpflichtet (§ 31 Abs. 6 GmbHG). Diese Regresshaftung gilt nicht bei primärer Erstattungspflicht.

[1] Ähnlich Heidinger, in Michalski/Heidinger/Leible/Schmidt, Kommentar zum GmbHG, 3. Aufl. 2017, § 30 GmbHG Rz. 183.
[2] Vgl. Schmolke, in Ziemons/Jaeger/Pöschke, Beck’scher Online-Kommentar GmbHG, 51. Aufl. 2022, § 30 GmbHG Rz. 1.
[3] Vgl. Servatius, in Noack/Servatius/Haas, GmbH-Gesetz, 23. Aufl. 2022, § 31 GmbHG Rz. 18a.
[4] Vgl. Altmeppen, in Altmeppen, GmbHG, 10. Aufl. 2021, § 31 GmbHG Rz. 24.

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