Rz. 9

Verfassungsrechtliche Bedenken sind insbesondere gegen den SolZ1991 erhoben worden. Die Besonderheit seiner Erhebung bestand darin, dass nach dem Regelungsziel des Gesetzgebers dem SolZ nur Steuern auf Einkünfte unterliegen sollten, die nach dem 30.6.1991 und vor dem 1.7.1992 erzielt wurden. Da aber für die Veranlagungsfälle ein Durchschnittssatz für die Vz 1991 und 1992 gebildet wurde, unterlagen de facto auch Einkünfte dem SolZ 1991, die vor dem 1.7.1991 bzw. nach dem 30.6.1992 in den Vz 1991 und 1992 erzielt wurden. Das belastete Stpfl. insbesondere in solchen Fällen, in denen außerhalb des Zeitraums v. 1.7.1991 bis 30.6.1992 außerordentliche Einkünfte erzielt wurden (z. B. Veräußerungs- und Aufgabegewinne); diese Gewinne wurden entgegen dem gesetzgeberischen Ziel in die Bemessungsgrundlage für den Solidaritätszuschlag einbezogen.

Rz. 10 einstweilen frei

 

Rz. 11

Nach Abschaffung des Anrechnungsverfahrens entsteht SolZ bei Körperschaften sowohl auf die besondere KSt nach § 37 Abs. 3 KStG als auch auf die KSt-Ehöhung nach § 38 Abs. 2 KStG. Andererseits wird der SolZ durch die Vergütung der KSt nach § 37 Abs. 2 KStG gemindert, soweit dadurch die KSt-Schuld als Bemessungsgrundlage des SolZ gemindert wird. Führt die KSt-Minderung allerdings zu einer Steuervergütung, kommt es nicht zu einem negativen SolZ, obwohl auf die KSt, die vergütet wird, bei ihrem Entstehen SolZ angefallen ist. Die ursprüngliche Belastung mit SolZ bleibt also bestehen.

 

Rz. 12

Ein Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot lag für die Zeiträume bis einschließlich 1995 nicht vor.[1].

 

Rz. 13

Nach Ansicht des BFH[2] bestanden keine verfassungsrechtlichen Zweifel an der Erhebung des SolZ. Insbesondere ergäben sich aus dem Gesetzgebungsverfahren bezüglich des Finanzverfassungsgesetzes v. 23.12.1955[3], mit dem die Norm betreffend die Ertragshoheit über eine Ergänzungsabgabe in das GG eingefügt worden sei, keine Hinweise auf eine vom Gesetzgeber gewollte zeitliche Begrenzung einer Erhebung von Ergänzungsabgaben. Die Frage, ob eine Ergänzungsabgabe i. S. des Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG nur befristet erhoben werden dürfe, sei zudem bereits (im verneinenden Sinn) durch die Rspr. des BVerfG geklärt.[4].

 

Rz. 14

Das BVerfG hat[5] einen Normenkontrollantrag des Niedersächsischen FG aus verfahrensrechtlichen Erwägungen als unzulässig verworfen. Das BVerfG weist in diesem Beschluss wörtlich darauf hin: "Zwar hat sich das Bundesverfassungsgericht mit der Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlaggesetzes 1995 inhaltlich noch nicht auseinandergesetzt." Es vertritt dann aber hinsichtlich der konkreten Vorlage des  Niedersächsischen FG die Auffassung, dass diese aus formellen Zulässigkeitserwägungen nicht geeignet sei, eine inhaltliche Verfassungsmäßigkeitsprüfung herbeizu­führen. Nach Ansicht des BVerfG habe das Niedersächsische FG bei seiner Vorlage wesentliche Gesichtspunkte der Entscheidung des BVerfG v. 9.2.1972[6] zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit von Ergänzungsabgaben und der sich daraus ergebenden gesteigerten Vorlagean­forderungen nicht ausreichend im Rahmen des konkreten Normenkontrollantrags berücksichtigt. Dies gelte insbesondere hinsichtlich der Gesichtspunkte,

  • ob eine zeitliche Befristung nicht zwingend zum Wesen einer Ergänzungsabgabe gehöre,
  • wie weit die Reichweite der Bindungswirkungen der verfassungsrechtlichen Rechtsprechung gehe,
  • dass wesentliche Zusammenhänge der Begründung der verfassungsgerichtlichen Entscheidung[7] nicht ausreichend berücksichtigt worden seien,
  • dass sich aus der Verteilung der Aufgaben zwischen Bund und Ländern auch für längere Zeit ein Mehrbedarf – allein – des Bundes ergeben könne,
  • inwiefern eine Erhöhung der Einkommen- und Körperschaftsteuer unter Berücksichtigung der Beteiligung der Länder am Steueraufkommen eine zum Solidaritätszuschlag vertretbare Alternative darstellen könnte und
  • ob aufgrund der Absenkung des Einkommensteuer-/Körperschaftsteuertarifs – z. B. durch das StEntlGesetz 1999/2000/2002 – der Solidaritätszuschlag habe entfallen müssen.
 

Rz. 15

Eine inhaltliche verfassungsrechtliche Entscheidung des BVerfG wäre angesichts der sehr ausführlichen und m. E. auch überzeugenden Vorlage des FG Niedersachsen v. 25.11.2009 zweckmäßig und wünschenswert gewesen.[8]  Das BVerfG hat durch den Verweis an die hohen formalen (und in der Praxis schwer "überwindbaren") Zulässigkeitsanforderungen für einen Normenkontrollantrag eine inhaltliche Entscheidung nur vertagt; der pauschale Verweis auf eine fast 40 Jahre alte Entscheidung des BVerfG[9] lässt die vielfältigen verfassungsrechtlichen Fragen im ­Zusammenhang mit dem SolZG 1995 und auch die (erheblichen) politischen Diskussionen, die die Vorlage entfacht hat, außer Acht. Allein aufgrund des allgemeinen politischen Interesses hätte das BVerfG den Rechtsschutzmaßstab, mit dem es die Zulässigkeit der Vorlage geprüft hat, auch etwas großzügiger anlegen können.

 

Rz. 16

Daher wird die Frage der Verfassungsmäßigkeit des SolZG 1995 mangels abschließender...

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