Rz. 122

Nach den Grundsätzen der Gruppentheorie (Rz. 86ff.) sind die Anteile von Eltern und minderjährigen Kindern zusammenzurechnen, wenn sowohl die Eltern (bzw. ein Elternteil) als auch das Kind (bzw. mehrere Kinder) an beiden Unternehmen beteiligt sind.[1] In diesem Fall bilden sie wie fremde Dritte eine geschlossene Personengruppe, die zur personellen Verflechtung führt. Auf Fragen der Vermögenssorge kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Eine lediglich auf den Familienverhältnissen beruhende Zusammenrechnung scheidet dagegen aber aus.

Winkler[2] steht obigem ablehnend gegenüber, da nicht in jedem Fall davon ausgegangen werden bzw. unterstellt werden kann, dass die Kinder ihr Stimmrecht gleich ausüben (würden) wie die Eltern. Insofern ist diese Konstellation nicht mit der Zusammenrechnung von Ehegattenanteilen oder bei Personengruppen vergleichbar, da es an gleichgerichteten wirtschaftlichen Interessen fehle. Das Recht der elterlichen Sorge sei den Eltern nicht zur Verfolgung eigennütziger Interessen, sondern vielmehr zum Schutz des Kindes und Förderung seines Wohls und seiner Entwicklung gegeben worden.

 

Rz. 123

Im Übrigen – wenn an einem der beiden Unternehmen nur die Eltern oder ein Elternteil, am anderen Unternehmen aber neben den Eltern bzw. einem Elternteil auch noch (ein) minderjährige(s) Kind(er) beteiligt sind – können die Anteile minderjähriger Kinder nur bei Vorliegen von (nachweisbaren) Beweisanzeichen, die auf eine Gleichausrichtung mit den Interessen der Eltern schließen lassen, denen der Eltern zugerechnet werden.[3]

 

Rz. 124

Ein solches Beweisanzeichen (zur h.L., die gegen jegliche Zusammenrechnung ist, vgl. Rz. 126) sieht die Finanzverwaltung[4] in der elterlichen Vermögenssorge (§ 1626 BGB). Soweit es sich bei den Eltern bzw. einem Elternteil um Doppelgesellschafter handelt und das minderjährige Kind lediglich an einem der beiden Unternehmen beteiligt ist, gilt Folgendes:

  • Soweit beide Elternteile über die Mehrheit der Stimmrechte in einem Unternehmen verfügen, am anderen hingegen nur zusammen mit dem minderjährigen Kind, erfolgt eine Zusammenrechnung der Anteile grundsätzlich nur, wenn beiden Elternteilen das Vermögenssorgerecht zusteht.[5]
  • Ist dagegen nur ein Elternteil mehrheitlich an einem Unternehmen beteiligt, am anderen hingegen nur unter Einbezug der Anteile des minderjährigen Kindes, liegt eine personelle Verflechtung nur vor, wenn

    • das Vermögenssorgerecht allein bei diesem Ehegatten liegt
    • oder im Fall eines beiden Elternteilen zustehenden Vermögenssorgerechts zusätzlich zur ehelichen Lebensgemeinschaft gleichgerichtete wirtschaftliche Interessen der Ehegatten bestehen (Rz. 114).[6]
  • Wenn nur ein Elternteil mehrheitlich an einem Unternehmen beteiligt ist und nur beide Elternteile zusammen mit dem Kind die Mehrheit an dem anderen Unternehmen haben, ist von einer personellen Verflechtung nur dann auszugehen, wenn die Anteile der Eltern aufgrund wirtschaftlich gleichgerichteter Interessen (Rz. 114) zusammengerechnet werden dürfen und zudem beiden Elternteilen das Vermögenssorgerecht zusteht.[7]

    Mit Urteil v. 14.4.2021 hat der BFH[8] entschieden, dass im Fall der Beteiligung sowohl eines Elternteils als auch dessen minderjähriges Kind an der Betriebskapitalgesellschaft für Zwecke der personellen Verflechtung die Stimmen des minderjährigen Kindes jedenfalls dann nicht dem Elternteil zugerechnet werden, wenn in Bezug auf die Gesellschafterstellung des minderjährigen Kindes eine Ergänzungspflegschaft angeordnet wurde (gleiches gilt m. E. auch für den Fall, in dem Gegenstand der Ergänzungspflegschaft die Anteile an der Besitzgesellschaft sind) . Aufgrund der Bestellung einer Ergänzungspflegschaft können die Anteile des minderjährigen Kindes – auch nach ordnungsmäßiger Wahl des Elternteils zur Geschäftsführerin in der Gesellschafterversammlung – nicht zugerechnet werden.

     
    Wichtig

    Vorsorgemaßnahmen vor Anordnung einer Ergänzungspflegschaft

    Zu beachten ist, dass es vor der Anordnung der Ergänzungspflegschaft etwa i.Z.m. einem Erbanfall bei einem minderjährigen Kind unter bestimmten Voraussetzungen auch zur Zurechnung der Stimmrechte des Kindes beim Elternteil und damit zur personellen Verflechtung kommen kann, die in der Folge mit der Anordnung einer Ergänzungspflegschaft – durch den Wegfall der personellen Entflechtung – wieder entfällt und damit die Betriebsaufspaltung (ungewollt) beendet wird. Daher erscheint es ratsam, im Vorgriff auf die Anordnung einer Ergänzungspflegschaft entsprechende Vorsorgemaßnahmen zu treffen.[9] Vgl. zu den möglichen Folgen einer (ungewollten) Beendigung der Betriebsaufspaltung Rz. 254ff.

    Gem. § 1630 Abs. 1 BGB sind die Eltern im Falle der Bestellung eines Pflegers durch das Familiengericht von der Vertretung der Kinder ausgeschlossen.

    Der Pfleger vertritt die Interessen des minderjährigen Kindes in der Betriebskapitalgesellschaft unabhängig von den Interessen des Elternteils, sodass die Vermutung gleichgelagerter wirtschaftlicher Interessen von Elternteil und minderjäh...

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