Rz. 70

Neben der sachlichen Verflechtung ist eine personelle Verflechtung zwischen Besitzunternehmen und Betriebsgesellschaft für das Vorliegen einer Betriebsaufspaltung zwingend erforderlich. Eine solche liegt vor, wenn sowohl das Besitzunternehmen als auch die Betriebsgesellschaft von einem einheitlichen Geschäfts- und Betätigungswillen getragen werden.[1] Eine entsprechende Formulierung für den Fall der Betriebspersonen- und Vertriebskapitalgesellschaft sucht man in der Rspr. vergebens.[2]

 

Rz. 71

Auf welchem (gesellschaftsrechtlichen) Weg der einheitliche Geschäfts- und Betätigungswille zu Stande kommt, ist unerheblich.[3] Nach Krumm geht es darum, dass ein solcher einheitlicher Wille vorhanden ist und durch die Geschäftsführung entfaltet wird.[4]

 

Rz. 72

Anders als bei Personengesellschaften bzw. -gemeinschaften, bei denen es auf die Willensentfaltung durch die Gesellschafter bzw. Gemeinschafter ankommt, ist bei Kapitalgesellschaften die Willensbildung durch die Organe der Kapitalgesellschaft (Geschäftsführer, Vorstand) maßgebend.[5] Zentrale Bedeutung erlangt hierbei die Gesellschafterversammlung.[6]

Auch bei einer AG ist trotz der Eigenverantwortlichkeit des Vorstands nach § 76 Abs. 1 AktG sichergestellt, dass sich langfristig nur ein geschäftlicher Betätigungswille entfalten kann, der vom Vertrauen der das Besitzunternehmen beherrschenden Person(en) getragen wird und demgemäß grundsätzlich übereinstimmend mit deren geschäftlichem Betätigungswillen ist.[7]

 

Rz. 73

Der einheitliche Geschäfts- und Betätigungswille ist bei Beteiligungs- und Beherrschungsidentität und ausnahmsweise auch bei faktischer Beherrschung zu bejahen.[8] Die Auslegung des Begriffs "Beherrschung" darf sich nicht ausschließlich an zivilrechtlichen Gegebenheiten orientieren, sondern ist vor allem an den wirtschaftlichen Gegebenheiten fest zu machen.[9]

 

Rz. 74

Der Beherrschungswille hat sich dabei insbesondere auf das Nutzungsverhältnis hinsichtlich der wesentlichen Betriebsgrundlage (sachliche Verflechtung) zu beziehen, sodass dieses nicht gegen den Willen der das Besitzunternehmen beherrschenden Person bzw. Personengruppe aufgelöst werden kann.[10]

Gem. BFH v. 14.4.2021[11] setzt eine Beherrschung strukturell mehr voraus als eine bloße Verhinderung des die sachliche Verflechtung ausmachenden Nutzungsverhältnisse. Damit ist die bloße Möglichkeit der Verhinderung von Änderungen des Nutzungsverhältnisses nicht ausreichend. Vielmehr bedarf es für die Annahme einer personellen Verflechtung einer besonderen Durchsetzungskraft der hinter dem Besitz- und Betriebsunternehmen stehenden Personen.

 

Rz. 75

Für die Durchsetzung des (dauerhaften) Beherrschungswillens ist – von der Ausnahme der faktischen Beherrschung abgesehen – eine Mehrheitsbeteiligung an beiden Unternehmen grundsätzlich ausreichend.[12] Dabei sind die Regelungen über die Geschäftsführungsbefugnis maßgebend.[13]

 

Rz. 76

Daher kann im Fall der Ausgestaltung beider Unternehmen in der Rechtsform einer KG der Mehrheitsbesitz eines Kommanditisten nicht für die Beherrschung genügen, da das Widerspruchsrecht des § 164 HGB (ab 2024 i. V. m. § 116 Abs. 2 HGB n. F.)[14] regelmäßig für eine einheitliche Willensbildung nicht ausreichend ist. Dem kann regelmäßig bei Vorliegen einer GmbH & Co. KG durch Bestellung des Kommanditisten als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH begegnet werden, sofern ihr die Geschäftsführung der KG obliegt.

 

Rz. 77

Bei der in Form einer GmbH geführten Betriebskapitalgesellschaft ist die Mehrheit der Anteile und damit die Stimmrechtsmehrheit entscheidend.[15] Man wird i. d. R. davon ausgehen können, dass die Kapitalmehrheit zugleich die Mehrheit der Stimmrechte mit sich bringt (§ 47 Abs. 2 GmbHG). Um jedoch sicherzustellen, dass dem so ist, sollte bei der Bestimmung der Stimmrechtsmehrheit stets vorab Einsicht in die gesellschaftsvertraglichen Regelungen genommen werden. Wurden keine gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen getroffen, sind die gesetzlichen Vorschriften maßgebend (z. B. § 709 BGB, §§ 119, 161 HGB, § 133 AktG, § 47 GmbHG).

 

Rz. 78

Etwas anderes kann aber gelten, wenn das satzungsbedingt für Gesellschafterbeschlüsse bestehende Einstimmigkeitsprinzip – denkbar ist auch eine gesellschaftsvertragliche Vereinbarung über eine qualifizierte Mehrheit für die Beschlüsse der Gesellschafter[16] – auch für die Geschäfte des täglichen Lebens vereinbart ist.[17]

 

Rz. 79

Bezieht sich hingegen das Einstimmigkeitsprinzip bei der Betriebs-GmbH nicht auch auf die Geschäfte des täglichen Lebens, kann eine personelle Verflechtung vorliegen.[18] Dem Einstimmigkeitserfordernis in der Betriebs-GmbH ist eine andere Bedeutung beizumessen als in der Besitzgesellschaft. Ohne Bedeutung ist es, ob eine Person oder eine Personengruppe über die Mehrheit der Stimmrechte verfügt. Beherrschungsidentität liegt vor, wenn die Gesellschafter, die die Betriebs-GmbH beherrschen, beim Besitzunternehmen ebenfalls über die (einfache) Mehrheit der Stimmrechte verfügen, sofern kraft Gesetzes (§ 745 Abs. 1 BGB; § ...

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