Rz. 471

Die unentgeltliche Übertragung eines Betriebs i. S. v. § 6 Abs. 3 EStG setzt voraus, dass sämtliche funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen auf den Erwerber übergehen. Werden anlässlich der unentgeltlichen Übertragung eines Betriebs Wirtschaftsgüter vom Übertragenden zurückbehalten, die zu den funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen gehören, so liegt keine erfolgsneutrale Betriebsübertragung i. S. v. § 6 Abs. 3 EStG, sondern eine den Gewinn oder Verlust realisierende Betriebsaufgabe nach § 16 Abs. 3 EStG vor.[1] Voraussetzung für die Anwendung des § 6 Abs. 3 EStG ist , dass eine funktionsfähige betriebliche Einheit übertragen wurde, dass quasi das "Restbetriebsvermögen" für sich gesehen wirtschaftlich lebensfähig ist und dieses weiterhin alle Merkmale eines Betriebs bzw. Teilbetriebs erfüllt.[2]

§ 6 Abs. 3 EStG ist aber auch dann anwendbar, wenn funktional wesentliches Betriebsvermögen/Sonderbetriebsvermögen bereits (mindestens eine juristische Sekunde) vor dem Zeitpunkt der Übertragung des Mitunternehmeranteils entweder veräußert oder entnommen wurde. Zeitgleiche Veräußerungen oder Entnahmen sind dagegen – mit Ausnahme von Überführungen und Übertragungen nach § 6 Abs. 5 EStG – für eine Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 3 EStG schädlich.[3]

Bei der Prüfung, ob die Übertragung des Anteils am Gesamthandsvermögen und die Veräußerung an Dritte oder die Überführung ins Privatvermögen zeitgleich vorgenommen werden, ist auf das im Zeitpunkt der Übertragung vorhandene Betriebsvermögen abzustellen. Abzustellen ist auf den Zeitpunkt des Übergangs des wirtschaftlichen Eigentums (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 1 AO).[4]

Funktional wesentlich können nur solche Wirtschaftsgüter sein, die für die Funktion des Betriebs von Bedeutung sind; auf das Vorhandensein erheblicher stiller Reserven kommt es nicht an.[5] Nur für den Betrieb funktional unwesentliche Wirtschaftsgüter können – für die Betriebsübertragung unschädlich – zurückbehalten und in das Privatvermögen überführt werden.

Die Übertragung nicht aller funktional wesentlichen Wirtschaftsgüter und damit statt einer unentgeltlichen Betriebsübertragung i. S. v. § 6 Abs. 3 EStG eine Gewinn realisierende Betriebsaufgabe hat die Rspr.[6] angenommen, wenn eine Mutter auf ihre Kinder gleichzeitig das aus einem Grundstück bestehende Besitzunternehmen und die Anteile an der Betriebskapitalgesellschaft übertragen, sich aber an dem Grundstück den Nießbrauch vorbehalten hat,[7] Die Entscheidung lässt sich im Hinblick auf die durch den Nießbrauchsvorbehalt entfallene personelle Verflechtung rechtfertigen.

 

Rz. 472

Welche Wirtschaftsgüter eine wesentliche Betriebsgrundlage bilden, bestimmt sich im Rahmen von § 6 Abs. 3 EStG aufgrund einer funktionalen Betrachtungsweise[8]: Danach sind wesentliche Grundlagen eines Betriebs alle diejenigen Wirtschaftsgüter, die zur Erreichung des Betriebszwecks erforderlich sind und denen ein besonderes Gewicht für die Betriebsführung zukommt, ohne Rücksicht darauf, ob in ihnen erhebliche stille Reserven stecken oder nicht. Maßgebend ist die tatsächliche Verwendung der Wirtschaftsgüter vor der Übertragung des Betriebs. Diese Definition des Begriffs der wesentlichen Betriebsgrundlagen hat in der Rspr. zu einer umfangreichen Kasuistik und für den Rechtsanwender zu Rechtsunsicherheit geführt. Beispielsweise hat die Rspr. einzelne, kurzfristig wiederbeschaffbare Maschinen auch bei Fabrikationsbetrieben nicht zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen gerechnet, wohl aber die einzige Dreschmaschine einer Lohndrescherei.[9] Betriebsgrundstücke sind i. d. R. funktional wesentliche Betriebsgrundlagen.

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