Rz. 334a

Kryptowährungen haben enorm in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Diese virtuellen Währungen sind digital dargestellte Werteinheiten, die von keiner Zentralbank oder öffentlichen Stelle emittiert oder garantiert werden und damit nicht den gesetzlichen Status einer Währung oder von Geld besitzen, aber von natürlichen oder juristischen Personen als Tauschmittel akzeptiert werden und auf elektronischem Wege übertragen, gespeichert und gehandelt werden können. Zu den bekanntesten virtuellen Währungen gehören beispielsweise Bitcoin, Ether, Litecoin und Ripple. Die zunehmende Bedeutung hat auch Fragen aufgeworfen, die die steuerliche Behandlung und auch die Bilanzierung von Kryptowährungen betreffen. Die Steuerpflicht von Gewinnen aus der Veräußerung von Kryptowährungen hat zunächst das FG Baden-Württemberg[1] und kurze Zeit später auch das FG Köln[2] festgestellt. In beiden Fällen handelte es sich Vorgänge im Privatvermögen, die die FG als stpfl. nach § 22 Nr. 2 i. V. mit § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG einstuften. Mit Schreiben v. 10.5.2022 hat sich die Finanzverwaltung ausführlich zur Problematik der Kryptowährungen im Privat-, aber auch im Betriebsvermögen geäußert.[3]

 

Rz. 334b

Einheiten virtueller Währungen und sonstigen Token sind als Wirtschaftsgüter anzusehen. Sie vermitteln die Möglichkeit, die dem eigenen öffentlichen Schlüssel zugewiesenen Vorteile einem anderen öffentlichen Schlüssel zuzuweisen. Anhand ihres regelmäßig über Börsen (z. B. Börse Stuttgart Digital Exchange), Handelsplattformen (z. B. Kraken, Coinbase und Bitpanda) und Listen (z. B. https://coinmarketcap.com/de) ermittelbaren Marktpreises ist eine selbständige Bewertung möglich. Inhaber eines privaten Schlüssels können über die Zuordnung der Einheiten einer virtuellen Währung oder sonstigen Token zu öffentlichen Schlüsseln "verfügen". Sie sind damit als wirtschaftlicher Eigentümer anzusehen. Für die Zurechnung ist es unschädlich, wenn Transaktionen über Plattformen initiiert werden, die private Schlüssel verwalten oder auf Anweisung des Inhabers hin eingesetzt werden. Die Einheiten werden nach Auffassung der Finanzverwaltung in jedem Fall angeschafft, das gilt unabhängig davon, ob dieses erworben oder geschaffen werden (Blockerstellung mittels Proof of Work (Mining) und Proof of Stake (Forging)).[4] Einheiten einer virtuellen Währung sind materielle, nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter. Sie sind dem Anlage- oder Umlaufvermögen zuzuordnen. Die Anschaffungskosten entsprechen dem Marktkurs im Zeitpunkt der Anschaffung der Einheiten einer virtuellen Währung oder sonstigen Token.[5]

 

Rz. 334c

Mit dem Erwerb von Einheiten einer virtuellen Währung ist stets die Möglichkeit verbunden, im Zuge einer Hard Fork (Gabelung) der zugrundeliegenden Blockchain zusätzliche Einheiten einer neuen virtuellen Währung zu erhalten. Entstehen aufgrund einer Hard Fork Einheiten einer neuen virtuellen Währung, die ebenfalls Betriebsvermögen sind, stellen die Einheiten der verschiedenen virtuellen Währungen unterschiedliche Wirtschaftsgüter dar. Die Anschaffungskosten der Einheiten der vor der Hard Fork existierenden virtuellen Währung sind auf diese Wirtschaftsgüter nach dem Verhältnis der Marktkurse der Einheiten der verschiedenen virtuellen Währungen im Zeitpunkt der Hard Fork aufzuteilen. Kann der neu entstandenen virtuellen Währung kein Wert beigemessen werden, verbleiben die Anschaffungskosten bei den Einheiten der vor der Hard Fork existierenden virtuellen Währung.[6]

 

Rz. 334d

Ist die Blockerstellung von Kryptowährungen auf Wiederholung angelegt und auf Dauer geeignet Gewinne zu erzielen, stellen die erzielten Gewinne Einkünfte aus Gewerbebetrieb dar, sonst fallen sie unter die sonstigen Einkünfte des § 22 Nr. 3 EStG[7].

 

Rz. 334e

Bei der EÜR führt der Zugang von Einheiten einer virtuellen Währung und sonstigen Token im Rahmen eines tauschähnlichen Vorgangs zu Betriebseinnahmen. Die Einheiten sind wie Wertpapiere anzusehen, deren Anschaffungskosten erst im Zeitpunkt des Zuflusses des Veräußerungserlöses oder im Zeitpunkt der Entnahme als Betriebsausgaben abzuziehen sind. Die Wirtschaftsgüter sind in die laufend zu führenden Verzeichnisse nach § 4 Abs. 3 S. 5 EStG aufzunehmen.

 

Rz. 334f

Die Veräußerungserlöse von Einheiten einer virtuellen Währung oder sonstigen Token im Betriebsvermögen stellen Betriebseinnahmen dar. Grundsätzlich ist es möglich, die individuellen Anschaffungskosten der veräußerten Einheiten festzustellen. Können die individuellen Anschaffungskosten im Einzelfall nicht ermittelt und individuell zugeordnet werden, kann eine Bewertung mit den durchschnittlichen Anschaffungskosten erfolgen.[8]

[1] FG Baden-Württemberg v. 11.6.2021, 5 K 1996/19, EFG 2022, 163, Rev. eingelegt, AZ beim BFH IX R 27/21.
[3] BMF, Schreiben v. 10.5.2022, IV C 1 – S 2256/19/10003:001, BStBl I 2022, 668; Penner/Thoß, StuB 222, 5322; Müller, BB 2022, 1687; Büschen/Redert, FR 2022, ...

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