Rz. 74b

Nach dem neuen § 50i Abs. 2 EStG wird in seinem Anwendungsbereich außer über die bei einem Wegzug in einen anderen Vertragsstaat gesetzlich fingierte "Steuerhängigkeit" der betreffenden Wirtschaftsgüter hinaus kein weitergehender Besteuerungsaufschub gewährt.

 

Rz. 74c

Dies entspricht ausweislich der Gesetzesbegründung[1] dem Grundgedanken des § 50i EStG, der nur einen Besteuerungsaufschub bis zur Veräußerung oder Entnahme vorsieht. Durch den neuen Abs. 2 soll sichergestellt werden, dass dieser Grundgedanke des § 50i EStG nicht durch Steuergestaltungen dadurch umgangen werden kann, dass z. B. der Veräußerungspreis oder Entnahmewert aufgrund einer Umwandlung bzw. Einbringung oder einer Übertragung bzw. Überführung nur mit dem Buchwert angesetzt wird. Zielsetzung der Änderung soll die Vermeidung von Steuerausfällen in Milliardenhöhe[2] sein, die sich sonst im Zeitpunkt der Veräußerung oder Entnahme übertragener oder überführter Wirtschaftsgüter oder Anteile ergeben würden.

 

Rz. 74d

Die Gesetzesänderung geht auf eine Prüfbitte des Bundesrates[3] zurück verbunden mit der Frage, inwieweit Fallkonstellationen existieren, die dazu führen, dass endgültig keine steuerliche Erfassung der stillen Reserven in Deutschland erfolgt. Konkret ging es um die Umgehung der deutschen Entstrickungsregelungen mittels einer einem Wegzug nachfolgenden Umwandlung, Einbringung oder Überführung eines Wirtschaftsguts oder einer Beteiligung in ein anderes Betriebsvermögen oder einer Anreicherung um originäre gewerbliche Tätigkeiten.

 

Rz. 74e

Mittels einer Umwandlung bzw. Einbringung oder einer Übertragung bzw. Überführung konnte erreicht werden, dass z. B. der Veräußerungspreis oder Entnahmewert nur mit dem Buchwert angesetzt wird. Bei einer Mehrfachumwandlung mit einer ausl. Kapitalgesellschaft als Endanteilseigner wäre es so möglich gewesen, die Besteuerung der in Deutschland ursprünglich nach § 6 AStG steuerverhafteten stillen Reserven abschließend zu verhindern. Daher sollte sichergestellt werden, dass in den Fällen der nachfolgenden Umwandlung, Einbringung, Überführung von Wirtschaftsgütern oder Beteiligungen sowie einer Anreicherung keine Buchwertübertragungen für Wirtschaftsgüter und Anteile i. S. d. § 50i EStG möglich sind.[4]

 

Rz. 74f

Hechtner geht in seiner Stellungnahme zur Anhörung im BT-Finanzausschuss am 23.6.2014[5] auf eine entsprechende Konstellation detailliert ein.

Zur Vermeidung der Besteuerung nach § 6 AStG wurden in der Vergangenheit häufig Konstellationen gewählt, in denen die ursprünglich im Privatvermögen gehaltene wesentliche Beteiligung in eine gewerblich geprägte GmbH & Co. KG eingebracht wurde. Der Anteilseigner der bisherigen wesentlichen Beteiligung war hierbei dann an der GmbH und an der GmbH & Co. KG als Mitunternehmer beteiligt. Die Einlage der bisher im Privatvermögen gehaltenen wesentlichen Beteiligung kann nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. b EStG steuerneutral erfolgen, sodass keine Besteuerung der stillen Reserven in der wesentlichen Beteiligung erfolgt.

Nach bisheriger Verwaltungsauffassung war die Besteuerung der stillen Reserven gesichert, sodass bei Wegzug des Stpfl. § 6 AStG nicht wirkte. Ein Wegzug in das Ausland konnte nun ohne steuerliche Konsequenzen vollzogen werden.

Der nun im Ausland ansässige Anteilseigner konnte dann die wechselseitige Beteiligung der Komplementär-GmbH und der GmbH & Co. KG auflösen. Die Anteile an der Komplementär-GmbH (ggf. von der GmbH & Co. KG) waren zum Nennwert erwerbbar. Ferner wurde der Mitunternehmeranteil an der GmbH & Co. KG (welche die ursprüngliche wesentliche Beteiligung hält) gegen Gewährung von (neuen) Beteiligungsrechten an der (Komplementär-) GmbH in die GmbH eingebracht. Sofern keine weiteren Mitunternehmer an der GmbH & Co. KG beteiligt waren, kam es zur Auflösung der GmbH & Co. KG infolge der Anwachsung auf die GmbH, da zivilrechtlich das Bestehen einer "Ein-Mann-KG" nicht möglich ist. Im Ergebnis hatte der Anteilseigner damit seine bisherige Beteiligung an der GmbH & Co. KG gegen die Anteile an der (ehemals Komplementär-) GmbH getauscht. Diese hielt nun auch die (ehemals wesentliche) Beteiligung, auf der wiederum die stillen Reserven lagen. Durch Auflösung und Anwachsung existierte nun die GmbH & Co. KG nicht mehr, es bestand lediglich die (ehemals Komplementär-) GmbH. Der Einbringungsvorgang dürfte nach § 20 Abs. 2 S. 2 UmwStG steuerneutral möglich sein, sodass der geschilderte Vorgang keine deutsche Besteuerung auslöste. Im Ergebnis hielt der Anteilseigner der GmbH nun wieder (mittelbar über die GmbH) die Anteile an der ursprünglichen wesentlichen Beteiligung (jene, die zu Beginn im Privatvermögen gehalten wurde). Wesentlicher Unterschied ist allerdings gegenüber dem Beginn der Einlage in die damalige GmbH & Co. KG, dass der Anteilseigner nun im Ausland sitzt.

Werden dann Veräußerungsgewinne aus der neuen GmbH-Beteiligung erzielt, hat Deutschland nach OECD-MA regelmäßig kein Besteuerungsrecht. Auch können die Anteile an der inländischen GmbH über die Gre...

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