Rz. 35

Eine Steuerbilanz i. S . einer eigenständigen Bilanz gibt es nicht. Nach § 60 Abs. 2 EStDV ist Grundlage der Besteuerung grundsätzlich die Bilanz, die aus der (ordnungsmäßigen) Buchführung abgeleitet ist, und damit die Handelsbilanz. Lediglich für die Fälle, in denen die Handelsbilanz Ansätze oder Beträge enthält, die den steuerlichen Vorschriften nicht entsprechen (wohl aber den handelsrechtlichen), müssen diese Ansätze oder Werte in Abweichung von den handelsrechtlichen Vorschriften den steuerlichen Bestimmungen angepasst werden. Vom Grundsatz her erfolgt diese Anpassung nicht in Form einer eigenen Bilanz, sondern durch Zusätze oder Anm. zu der Handelsbilanz. Lediglich dann, wenn der Stpfl. diese Zusätze oder Anm. in Form einer (steuerlichen) Vermögensübersicht vereint, spricht § 60 Abs. 2 EStDV von einer "Steuerbilanz". Die Steuerbilanz ist also lediglich eine aufgrund steuerrechtlicher Vorschriften an das Steuerrecht angepasste Handelsbilanz.[1] Möglich (und vielfach üblich) ist auch, die Handelsbilanz bereits unter Beachtung der steuerrechtlichen Vorschriften aufzustellen. Dann besteht nur eine Bilanz, die Handelsbilanz, die aber auch den steuerlichen Vorschriften genügt.[2]

 

Rz. 36

Hinsichtlich der Bilanzzwecke besteht zwischen Handelsbilanz und Steuerbilanz ein maßgeblicher Unterschied. Die Handelsbilanz hat verschiedene Zwecke zu erfüllen (Rz. 11). Demgegenüber hat die Steuerbilanz nur einen einzigen Zweck zu erfüllen, nämlich den Gewinn zu ermitteln, der bei dem einzelnen Stpfl. nach dem Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit der Besteuerung zugrunde zu legen ist, und der nach dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung besteuert werden muss. Das hat Folgen insbesondere für die handelsrechtlichen Wahlrechte. Während handelsrechtlich Wahlrechte aus verschiedenen Gründen bestehen können, würde die Übernahme dieser Wahlrechte in die Steuerbilanz gegen den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung verstoßen. Handelsrechtliche Wahlrechte sind daher in der Steuerbilanz grundsätzlich nicht anwendbar (Rz. 51). Steuerlich können Wahlrechte daher nur ausgeübt werden, soweit (auch) das Steuerrecht sie einräumt.

[1] Vgl. hierzu auch Schulze-Osterloh, StuW 1991, 284, 285 m. w. N.
[2] Zur Problematik einer solchen "Einheitsbilanz" vgl. Schulze-Osterloh, StuW 1991, 284, 291.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge