Rz. 44

Nach § 46 Abs. 2 Nr. 4 EStG ist eine Amtsveranlagung durchzuführen, wenn bei der Bildung der LSt-Abzugsmerkmale nach § 39 EStG ein Freibetrag

ermittelt worden ist und der Arbeitslohn bestimmte Mindestgrenzen übersteigt (Rz. 44a). Die Einführung der Mindestgrenzen für den Arbeitslohn erfolgte durch das JStG 2010 v. 8.12.2010[1] rückwirkend zum Vz 2009 (§ 55j S. 2 EStG). Das Veranlagungsgebot soll die Überprüfung der eingetragenen Freibeträge im Veranlagungsverfahren, d. h. nach Ablauf des Vz, sicherstellen.

 

Rz. 44a

Die Einführung der Mindestgrenzen (Rz. 40c) trägt der Tatsache Rechnung, dass bei Arbeitslöhnen unterhalb dieser Mindestgrenzen regelmäßig keine ESt anfällt; die Ermittlung der Grenzbeträge erfolgte typisierend auf der Grundlage des – für Ehegatten verdoppelten – Grundfreibetrags gem. § 32a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG, des Arbeitnehmer-Pauschbetrags gem. § 9a S. 1 Nr. 1a EStG, des – für Ehegatten verdoppelten – Sonderausgaben-Pauschbetrags gem. § 10c EStG sowie der Mindestvorsorgepauschale gem. § 39b Abs. 2 S. 5 Nr. 3 S. 2 EStG.[2] Die Beschränkung der Amtsveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 4 EStG durch die Einführung der Mindestgrenzen bezweckt eine Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens und dient dem Bürokratieabbau.[3]

 

Rz. 44b

§ 46 Abs. 2 Nr. 4 EStG regelt ab dem Vz 2020 nur noch die Amtsveranlagung für unbeschränkt stpfl. Arbeitnehmer; die Vorschrift erfasst nach ihrem Wortlaut auch unbeschränkt Stpfl. i. S. d. § 1 Abs. 2 EStG. Die bis zum Vz 2019 in § 46 Abs. 2 Nr. 4 EStG geregelte Amtsveranlagung für beschr. stpfl. Arbeitnehmer ist durch G. v. 12.12.2019[4] ohne inhaltliche Änderungen aus systematischen Gründen in § 50 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 Buchst. a EStG überführt worden.[5]

Die Amtsveranlagung kommt für beschr. stpfl. Arbeitnehmer nur bei der Bildung von Freibeträgen nach § 39a Abs. 4 EStG in Betracht, da für beschr. stpfl. Arbeitnehmer nach § 39a Abs. 4 S. 1 EStG nur Freibeträge für erhöhte Werbungskosten (Nr. 1), erhöhte Sonderausgaben und Abzugsbeträge nach §§ 10e, 10i EStG (Nr. 2) sowie der Freibetrag oder Hinzurechnungsbetrag nach § 39a Abs. 1 Nr. 7 EStG (Nr. 3) ermittelt werden. Die Amtsveranlagung für beschr. stpfl. Arbeitnehmer findet auch nach der Überführung der Regelung in § 50 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 Buchst. a EStG erst bei Überschreitung von Bagatellgrenzen statt, deren Höhe mit der Mindestgrenze des § 46 Abs. 2 Nr. 4 EStG für die Amtsveranlagung unbeschränkt stpfl. Arbeitnehmer (Rz. 44a) übereinstimmt.[6]

 

Rz. 45

Es spielt keine Rolle, wie hoch der bei der Bildung der LSt-Abzugsmerkmale ermittelte Freibetrag ist und zu welchem Zeitpunkt er ermittelt wurde. Die Veranlagung ist – bei Überschreitung der Mindestgrenzen (Rz. 40d) – auch dann durchzuführen, wenn sich hierbei keine andere Steuer ergibt als die bereits einbehaltene LSt. Sind Ehegatten zusammen zu veranlagen, so reicht es aus, dass ein Freibetrag bei den LSt-Abzugsmerkmalen nur eines Ehegatten berücksichtigt worden ist.

 

Rz. 46

Eine Amtsveranlagung ist gem. § 46 Abs. 2 Nr. 4 EStG nur durchzuführen, wenn bei der Bildung der LSt-Abzugsmerkmale mindestens einer der in § 46 Abs. 2 Nr. 4 EStG aufgezählten Freibeträge berücksichtigt worden ist. Die Kinderfreibeträge, die gem. § 39 Abs. 4 Nr. 2 EStG ermittelt werden, gehören nicht dazu, wenn dem Stpfl. für das Kind ein Anspruch auf Kindergeld zusteht (§ 39a Abs. 1 Nr. 6 EStG).

 

Rz. 47

Die steuerliche Freistellung eines Einkommensbetrags in Höhe des Existenzminimums eines Kindes wird gem. § 31 EStG durch den Kinderfreibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG oder durch Kindergeld gem. der §§ 62 bis 78 EStG bewirkt. Das Kindergeld wird monatlich als Steuervergütung gezahlt. Wird die gebotene Freistellung durch das Kindergeld nicht in vollem Umfang bewirkt, so ist der Kinderfreibetrag bei der Veranlagung abzuziehen, wobei das Kindergeld oder vergleichbare Leistungen der ESt hinzuzurechnen sind (§ 31 S. 4 und 5 EStG). Ob für den Stpfl. das Kindergeld oder der Abzug des Kinderfreibetrags günstiger ist, hat das FA von Amts wegen im Rahmen einer Veranlagung zu prüfen. Der Abzug eines Kinderfreibetrags ist erst ab einem hohen Einkommen (Grenzsteuersatz über 40 %) günstiger als die Kindergeldzahlung. Kommt in diesen Fällen eine Amtsveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 1 bis 7 EStG nicht in Betracht, muss die Veranlagung zur Gewährung des Kinderfreibetrags gem. § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG beantragt werden (Rz. 55).

[1] BStBl I 2010, 1394.
[2] BT-Drs. 17/2249, 62.
[3] BT-Drs. 17...

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