Rz. 235

Verbindlichkeiten sind Betriebsvermögen, wenn sie durch den Betrieb veranlasst sind. Die Veranlassung richtet sich danach, wozu die aufgenommenen Geldmittel tatsächlich verwendet werden (Finanzierungszusammenhang). Nicht maßgebend ist die Vereinbarung eines Darlehenszwecks mit dem Kreditgeber.[1] Danach gehört die Verbindlichkeit zum Betriebsvermögen, die Zinsen sind Betriebsausgaben, wenn die Kreditmittel zu betrieblichen Zwecken verwendet wurden, und zwar auch dann, wenn die Finanzierung auch durch Einlage von Privatmitteln möglich gewesen wäre. Andererseits sind Verbindlichkeiten zur Finanzierung privater Zwecke privat veranlasst, auch wenn die Finanzierung durch Entnahme betrieblicher Mittel möglich gewesen wäre.[2]

Betriebliche Veranlassung liegt danach vor, wenn die Darlehensmittel verwendet werden zur Anschaffung, Herstellung, Erneuerung oder Verbesserung von Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens, zur Ablösung anderer Betriebsschulden[3], zur Bezahlung von Betriebsausgaben[4] oder, um dem Betrieb liquide Mittel zuzuführen.[5] Da es auf die tatsächliche Verwendung der Darlehensvaluta ankommt, ist eine Verbindlichkeit nicht allein deshalb Betriebsvermögen, weil das Darlehen durch Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens gesichert ist.[6]

Zur Abzugsfähigkeit von Zinsen vgl. auch Rz. 905 "Zinsen".

 

Rz. 236

Die Eigenschaft von Verbindlichkeiten als Betriebsvermögen ist bei von Personengesellschaften und den Gesellschaftern aufgenommenen Darlehen nach den gleichen Grundsätzen zu beurteilen.[7] Das bedeutet, dass bei einer Personengesellschaft eine Verbindlichkeit nur dann zum (negativen) Betriebsvermögen gehört, wenn die Darlehensvaluta betrieblich veranlasst ist. Das können auch Verbindlichkeiten sein, die zum Sonderbetriebsvermögen I oder II eines Gesellschafters gehören. Es ist nicht maßgebend, ob die Verbindlichkeit (zivilrechtlich) Gesamthandsverbindlichkeit ist.[8] Somit kann es vorkommen, dass eine Gesamthandsverbindlichkeit nicht zum Betriebsvermögen der Personengesellschaft gehört, während andererseits eine Verbindlichkeit, deren Schuldner nur ein einzelner Gesellschafter ist, in die Gewinnermittlung der Personengesellschaft einzubeziehen ist.

 

Rz. 237

Bei einer Personengesellschaft ist zu unterscheiden, ob die Verbindlichkeit gegenüber einem Dritten eingegangen wurde, um eine Entnahme eines Gesellschafters zu finanzieren, oder ob eine betrieblich begründete Verbindlichkeit gegenüber dem Gesellschafter getilgt werden sollte. Ist die Verbindlichkeit eingegangen worden, um eine Entnahme des Gesellschafters zu finanzieren, liegt keine betriebliche Veranlassung vor, die Verbindlichkeit ist dann nicht betrieblich veranlasst (vgl. Rz. 238). Diente die Aufnahme der Verbindlichkeit dagegen dazu, eine betrieblich begründete Verbindlichkeit gegenüber dem Gesellschafter zu tilgen, ist die Aufnahme der Verbindlichkeit betrieblich veranlasst.[9]

 

Rz. 238

Darlehensaufnahme zur Finanzierung einer Entnahme liegt vor, wenn das Darlehen dazu benutzt wird, eine Entnahme des Gesellschafters aus einem Konto zu finanzieren, das als Kapitalkonto des Gesellschafters einzuordnen ist. Als Kapitalkonto anzusehen sind alle Konten, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Ansprüche ausweist (Einlagen, Gewinn- und Verlustanteile) und die im Falle einer Liquidation oder eines Ausscheidens des Gesellschafters in die Berechnung des Auseinandersetzungsguthabens eingehen. Ein besonders wichtiges Indiz ist es dabei, wenn auf dem Konto Verlustanteile gebucht werden oder es mit einem Verlustkonto verrechnet wird. Dann steht dem Gesellschafter kein unentziehbarer Darlehensanspruch zu, sondern er nimmt mit dem auf dem Konto gebuchten Betrag an den Risiken der Gesellschaft teil. Daher handelt es sich bei einem solchen Konto um ein Eigenkapitalkonto, nicht um ein Darlehenskonto, da mit einem Darlehen grundsätzlich keine Verlustbeteiligung verbunden zu sein pflegt.[10] Als weiteres Indiz spricht für ein Kapitalkonto, wenn auf ihm Entnahmen und Einlagen gebucht werden. Dagegen spricht eine gewinnunabhängige Verzinsung für ein Darlehenskonto.

 

Rz. 239

Dagegen handelt es sich um eine schuldrechtliche Forderung des Gesellschafters, wenn die Forderung den §§ 362ff. BGB unterliegt, in der Insolvenz der Gesellschaft vor den Gesellschafterguthaben wie die Forderung eines Dritten geltend gemacht werden kann und nicht lediglich einen Teil des Auseinandersetzungsguthabens darstellt.[11] Nicht entscheidend sind die Bezeichnung des Kontos und etwaige Verfügungsbeschränkungen. Indiz für ein Darlehenskonto ist etwa, wenn das Konto nicht negativ werden darf und wenn eine Rückzahlung an den Gesellschafter von einer darlehenstypischen Kündigung abhängig ist.

Handelt es sich um ein Darlehenskonto i. d. S., ist eine Kreditaufnahme zur Tilgung dieses Darlehens betrieblich veranlasst, die Zinsen sind abzugsfähige Betriebsausgaben.[12]

 

Rz. 240

Verbindlichkeiten können nur notwendiges Betriebsvermögen, nicht aber gewillkürtes Betriebsvermögen sein. Maßgebend...

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