Rz. 22

Obwohl der Begriff des Betriebs für die Definition und Durchführung des Betriebsvermögensvergleichs grundlegend ist, hat er in der wissenschaftlichen Diskussion und in der Praxis kaum selbstständige Bedeutung erlangt. Auch im Gesetz ist der Begriff nicht definiert. In § 2 Abs. 1 Nr. 2 EStG erscheint der Begriff in der Verbindung als "Gewerbebetrieb"; in § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG werden Einkünfte aus Gewerbebetrieb als "Einkünfte aus gewerblichen Unternehmen", also nicht unter Verwendung des Begriffs des "Betriebs" definiert. Außerdem erscheint der Begriff des "Betriebs" als "Teilbetrieb" in § 16 Abs. 1 Nr. 1 EStG und in § 20 UmwStG. Zentrale Bedeutung hat der Betriebsbegriff im Rahmen der Zinsschranke nach § 4h EStG.

Auffällig ist, dass insoweit die Begriffe "Betrieb" und "Unternehmen" als identisch behandelt werden. Vom Gesetz werden sie als nahezu bedeutungslos behandelt. Das Schwergewicht liegt auf der Definition des "Gewerbes" in Abgrenzung zu anderen (betrieblichen oder nichtbetrieblichen) Einkunftsarten; die Definition des § 15 Abs. 2 EStG definiert "Gewerbe", nicht "Betrieb". Auch bei § 16 EStG steht der "Gewerbebetrieb" im Vordergrund, nicht der "Betrieb"; Folgerungen für den Begriff des Betriebs lassen sich allenfalls aus dem dort verwendeten Begriff des "Teilbetriebs" ableiten.

§ 12 AO definiert die "Betriebsstätte", die zwar Teil eines Betriebs, aber nur in Sonderfällen mit dem Betrieb identisch ist.

Im Rahmen des § 4 EStG ist der Begriff des "Betriebs" bei der Entnahme durch Nutzungsänderung diskutiert worden, allerdings mehr unter dem Gesichtspunkt der Abgrenzung zweier Betriebe desselben Stpfl. gegeneinander, weniger um eine allgemeine Definition zu gewinnen (Rz. 337).

Die Rspr.[1] hat aus dieser Mehrdeutigkeit des Begriffs des Betriebs geschlossen, dass dieser Begriff unterschiedlich zu definieren ist, und zwar je nachdem, in welchem Vorschriftenzusammenhang und welcher Funktion der Begriff benutzt wird (zum Betriebsbegriff im Rahmen des "finalen Entnahmebegriffs" vgl. Rz. 336).

 

Rz. 23

Der Begriff des "Betriebs" im Zusammenhang mit dem Betriebsvermögensvergleich ist aus der steuerlichen Funktion dieses Begriffs heraus zu entwickeln; betriebswirtschaftliche Überlegungen spielen insoweit keine Rolle. Der Betriebsvermögensvergleich soll die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Zweck der Besteuerung erfassen. Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit fließt aus der Teilnahme am Marktgeschehen. Die Besonderheit des Betriebsvermögensvergleichs beruht darauf, dass die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit als Vermögensänderung definiert ist. Daraus lässt sich schließen, dass der Betrieb eine Zusammenfassung von Wirtschaftsgütern (Vermögensgegenständen) ist, deren Zweck es ist, als wirtschaftliche Einheit auf dem Markt zur Erzielung von Vermögensmehrungen eingesetzt zu werden.

Hieraus, und im Anschluss an den Begriff des Teilbetriebs (§ 16 EStG Rz. 113), kann der "Betrieb" verstanden werden als eine organisatorisch abgeschlossene Einheit von personellen, sachlichen und immateriellen Produktions- und Leistungsfaktoren, die eine selbstständige lebensfähige unternehmerische Einheit bildet und darauf gerichtet ist, am Markt Leistungen anzubieten und nachzufragen. Wesentlich ist dabei, dass der Betrieb mehr ist als die Addition von Wirtschaftsgütern und Arbeitskraft; vielmehr ist es die durch die einheitliche Zweckbestimmung geschaffene organisatorische Einheit, die den Produktionsfaktoren eine höhere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit verschafft als es bei einer bloßen Addition der Produktions- und Leistungsfaktoren möglich wäre (Firmenwert, Know-how).

 

Rz. 24

Ein Stpfl. kann danach mehrere Betriebe unterhalten, wenn die organisatorische Abgrenzung der Betriebe untereinander gewährleistet ist. Bestehen erhebliche wirtschaftliche Verflechtungen (z. B. Verkauf der in dem einen Betrieb hergestellten Waren in dem anderen Betrieb), liegt steuerlich nur ein Betrieb vor.[2] Diese Frage ist bedeutsam, ob ein land- und forstwirtschaftlicher (neben einem gewerblichen) oder ein einheitlicher gewerblicher Betrieb vorliegt; sie kann auch Bedeutung erhalten, ob ein Veräußerungsgewinn oder (da nicht der ganze Betrieb oder Teilbetrieb aufgegeben wird) ein laufender Gewinn vorliegt.

Der Betriebsvermögensvergleich bezieht sich, auch bei mehreren Betrieben desselben Stpfl., auf den einzelnen Betrieb. Die Ergebnisse der einzelnen Betriebe des Stpfl. werden auf der Ebene der Ermittlung der Einkünfte zusammengerechnet.

 

Rz. 25

Bei der Personengesellschaft wird der Betrieb von der Personengesellschaft, nicht von dem Mitunternehmer, unterhalten. Der Vermögensvergleich erfolgt also auf der Ebene der Mitunternehmerschaft, nicht auf der Ebene des Mitunternehmers. Eine Personengesellschaft kann, ebenso wie eine Körperschaft, nur einen einzigen Betrieb haben. Das folgt daraus, dass § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG die "Gewinnanteile der Gesellschafter einer OHG…" erfasst, also alle Tätigkeiten der Personengesellschaft in diesem Gewinnanteil zusammenfasst.[3]...

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