1 Grundlagen

1.1 Regelungsüberblick

1.1.1 Inhalt und Aufbau der Vorschrift

 

Rz. 1

§ 32d EStG ist eine der zentralen Vorschriften der mit dem Unternehmensteuerreformgesetz 2008 v. 14.8.2007[1] eingeführten Abgeltungsteuer für private Kapitalerträge und Veräußerungsgewinne. Die Regelung sieht vor, dass für die Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG ein proportionaler Sondertarif i. H. v. 25 % gilt, der die Anwendung des progressiven Normaltarifs i. S. d. § 32a EStG ausschließt. Weiterhin enthält § 32d EStG Vorgaben zur Anrechnung ausl. Quellensteuern und zur Berücksichtigung der KiSt bei den Einkünften aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG. Außerdem führt § 32d EStG laufende Kapitalerträge und Veräußerungsgewinne auf, bei denen die Anwendung des proportionalen Sondertarifs i. H. v. 25 % ausgeschlossen ist und stattdessen der progressive Normaltarif i. H. v. bis zu 45 % Anwendung findet. Schließlich enthält § 32d EStG Regelungen zur Pflicht- und zur Wahlveranlagung bei den Einkünften aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG.

 

Rz. 2

§ 32d EStG enthält 6 Absätze:

  • § 32d Abs. 1 EStG sieht für die Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG einen proportionalen Sondertarif i. H. v. 25 % vor, regelt die Anrechnung ausl. Quellensteuern und enthält Vorgaben zur Berücksichtigung der KiSt.
  • § 32d Abs. 2 EStG führt Kapitalerträge auf, bei denen abweichend von § 32d Abs. 1 EStG im Rahmen einer verpflichtenden oder wahlweisen Veranlagung der progressive Normaltarif i. H. v. bis zu 45 % zur Anwendung kommt.
  • § 32d Abs. 3 EStG ordnet eine Pflichtveranlagung der Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG zum proportionalen Sondertarif i. H. v. 25 % in Fällen an, in denen ein Steuerabzug vom Kapitalertrag nicht durchgeführt wurde.
  • § 32d Abs. 4 EStG ermöglicht dem Stpfl. eine wahlweise Veranlagung der Kapitalerträge zum proportionalen Sondertarif i. H. v. 25 %, um den KapESt-Einbehalt dem Grunde oder der Höhe nach überprüfen zu lassen.
  • § 32d Abs. 5 EStG regelt Einzelheiten zur Anrechnung ausl. Quellensteuern bei den Einkünften aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG und verdrängt die allgemeine Anrechnungsregel i. S. d. § 34c EStG.
  • § 32d Abs. 6 EStG räumt dem Stpfl. die Möglichkeit ein, die Kapitalerträge wahlweise zum progressiven Normaltarif i. H. v. bis zu 45 % veranlagen zu lassen, wenn dies zu einer niedrigeren ESt führt.
[1] BGBl I 2007, 1912.

1.1.2 Grundlagen der Abgeltungsteuer

 

Rz. 3

Bei § 32d EStG handelt es sich um ein Kernstück der mit dem Unternehmensteuerreformgesetz 2008 v. 14.8.2007[1] eingeführten Abgeltungsteuer, im Rahmen derer der Tatbestand der Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG erheblich ausgeweitet wurde. Seither unterliegen im Rahmen des § 20 EStG nicht nur laufende Kapitalerträge i. S. d. § 20 Abs. 1 EStG, sondern auch Gewinne aus der Veräußerung von Kapitalvermögen i. S. d. § 20 Abs. 2 EStG der Besteuerung. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber die Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG aus dem System der Einkunftsarten herausgelöst und einer besonderen Besteuerung zugeführt. Der auf diese Weise begründete Schedulencharakter der Besteuerung privater Kapitalerträge und Veräußerungsgewinne äußert sich zunächst dadurch, dass bei den Einkünften aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG die tatsächlichen Werbungskosten nach § 20 Abs. 9 S. 1 EStG über den Sparer-Pauschbetrag i. H. v. 1.000 EUR hinaus nicht mehr abgezogen werden dürfen. Ausnahmen hiervon gelten lediglich in den Fällen des § 32d Abs. 2 Nr. 1 und 3 EStG. Auch die Anwendung des Teileinkünfte- und Teilabzugsverfahrens i. S. d. § 3 Nr. 40, § 3c Abs. 2 EStG ist bei den Einkünften aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG nach der Regelung des § 3 Nr. 40 S. 2 EStG ausgeschlossen. Nur in den Fällen des § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG besteht hiervon eine Ausnahme. Besonderheiten ergeben sich auch bei der Verlustverrechnung. So dürfen Verluste aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 6 S. 1 EStG nicht mit Gewinnen aus anderen Einkunftsarten verrechnet werden. Ausnahmen hiervon gelten lediglich in den Fällen des § 32d Abs. 2 Nr. 1, 2 und 3 EStG. Neben diesem allgemeinen Verlustverrechnungsverbot bestehen besondere Verlustverrechnungsverbote für stille Gesellschaften i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG, Aktiengeschäfte i. S. d. § 20 Abs. 6 S. 4 EStG, Termingeschäfte i. S. d. § 20 Abs. 6 S. 5 EStG, Kapitalverluste i. S. d. § 20 Abs. 6 S. 6 EStG und Steuerstundungsmodelle i. S. d. § 20 Abs. 7 S. 1 EStG, für die keine Ausnahmen vorgesehen sind.

 

Rz. 4

Kennzeichnend für den Schedulencharakter der Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG ist der in § 32d Abs. 1 EStG geregelte proportionale Sondertarif i. H. v. 25 %. Der progressive Normaltarif i. S. d. § 32a Abs. 1 EStG i. H. v. bis zu 45 % kommt bei den Einkünften aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG nur in den Ausnahmefällen des § 32d Abs. 2 und 6 EStG zur Anwendung. Besonderheiten bestehen bei den Einkünften aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG auch im Hinblick auf die Anrechnung ausl. Quellensteuern, die in § 32d Abs. 5 EStG eine besondere Regelung erfahren hat. Die für die anderen Einkunftsart...

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