Rz. 6

Bei allen Tatbeständen des Progressionsvorbehalts (Rz. 3) werden in persönlicher Hinsicht i. d. R. nur unbeschränkt Stpfl. erfasst; nur in Sonderfällen ist der Progressionsvorbehalt auch bei beschränkt Stpfl. anzuwenden.[1]

Der Progressionsvorbehalt ist auch anzuwenden, wenn die unbeschränkte Steuerpflicht nach § 1 Abs. 2 EStG oder, auf Antrag, nach § 1 Abs. 3 EStG besteht. Bei der erweiterten beschr. Steuerpflicht gibt es nach § 2 Abs. 5 AStG einen eigenständigen Progressionsvorbehalt. Problematisch ist die Anwendung des Progressionsvorbehalts bei Doppelansässigkeit (Rz. 55).

 

Rz. 7

Die Nichtberücksichtigung des Progressionsvorbehalts bei beschr. Steuerpflicht führt zu einer Ungleichbehandlung und damit Schlechterstellung des unbeschränkt Stpfl. Diese Ungleichbehandlung lässt sich aber aus praktischen Erwägungen rechtfertigen, da die Feststellung der weltweiten Einkünfte eines beschr. Stpfl. auf unüberwindliche Schwierigkeiten stoßen dürfte.[2] Außerdem sind die Gruppen der unbeschränkten und der beschr. Stpfl. aus der Sicht des Art. 3 GG grundsätzlich keine vergleichbaren Gruppen (§ 50 EStG Rz. 3).

 

Rz. 8

Soweit in einem Vz ein Wechsel von beschränkter zur unbeschränkten Steuerpflicht eintritt, oder umgekehrt, ist der Progressionsvorbehalt ebenfalls anzuwenden.[3] Es genügt für den Tatbestand des § 32b EStG, dass nur während eines Teils des Vz unbeschränkte Steuerpflicht bestand; unbeschränkte Steuerpflicht während des ganzen Vz ist nicht erforderlich. Dies korrespondiert mit der Regelung des § 2 Abs. 7 EStG, wonach für das Jahr des Wechsels der Steuerpflicht nur eine Veranlagung durchzuführen ist.

 

Rz. 9

In den Fällen des § 50 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 EStG greift der Progressionsvorbehalt auch bei beschr. Stpfl. ein. Nach § 50 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 EStG können beschr. stpfl. Arbeitnehmer, die die Staatsangehörigkeit eines EG-Staates oder eines EWR-Staates besitzen und im Hoheitsgebiet eines dieser Staaten ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, beantragen, zur ESt veranlagt zu werden. Der LSt-Abzug entfaltet dann keine Abgeltungswirkung (§ 50 EStG Rz. 37ff.). Bei der Besteuerung der inländischen, der beschr. ESt-Pflicht unterliegenden Einkünfte für die im Inland steuerlich nicht erfassten (ausl.) Einkünfte ist der Progressionsvorbehalt anzuwenden.

 

Rz. 10

Werden die ausl. Einkünfte im Rahmen einer Mitunternehmerschaft bezogen, ist der Progressionsvorbehalt auf der Ebene der Mitunternehmer, nicht auf der Ebene der Mitunternehmerschaft, anzuwenden. Die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung enthält somit nur die Feststellung der ausl. bzw. der aufgrund sonstiger Abkommen steuerfreien positiven oder negativen Einkünfte, ihre Steuerfreiheit und ihre Verteilung auf die Mitunternehmer; der Progressionsvorbehalt als Tarifvorschrift wirkt sich nicht in der Feststellung, sondern in dem ESt-Bescheid des Mitunternehmers aus.[4]

 

Rz. 11

Bei Ehegatten, die zusammen veranlagt werden, ergreift der Progressionsvorbehalt das Gesamteinkommen.[5] Es kommt daher nicht darauf an, welcher der Ehegatten die steuerfreien, dem Progressionsvorbehalt unterfallenden Einkünfte erzielt hat. Bei getrennter Veranlagung greift der Progressionsvorbehalt nicht ein.

 

Rz. 12

Bei KSt-Subjekten ist der Progressionsvorbehalt nicht anzuwenden; § 32b EStG ist eine Tarifvorschrift und wird daher von der Verweisung in § 8 Abs. 1 KStG nicht erfasst.[6] Da der Tarif bei der KSt nicht progressiv ist, sondern einheitlich 15 % beträgt, wäre ein solcher Verweis auch überflüssig.[7]

 

Rz. 13

In zeitlicher Hinsicht greift der Progressionsvorbehalt in demjenigen Zeitpunkt ein, in dem die (steuerfreien) Einkünfte steuerfrei gestellt werden, d. h. in dem Zeitpunkt, in dem sie nach den steuerrechtlichen Regelungen zu erfassen wären. Das ist i. d. R. der Zeitpunkt des Zuflusses, kann sich bei ausl. Einkünften aber auch nach den Grundsätzen der bilanziellen Erfassung richten.[8] Bei Rückzahlung der Einnahmen gilt entsprechendes, d. h. sie wirken sich als negative Einnahmen in dem Zeitraum durch den Progressionsvorbehalt aus, in dem sie, wären sie nicht steuerfrei, nach steuerlichen Grundsätzen einkünftemindernd anzusetzen wären. Eine rückwirkende Saldierung auf den Zeitpunkt des Beziehens der Einnahmen scheidet damit aus (Rz. 92).[9]

[1] Zu den Voraussetzungen der unbeschränkten Steuerpflicht s. § 1 EStG Rz. 25ff.
[6] Schiffers, in Korn, EStG, § 32b EStG Rz. 4.
[7] Kuhn/Hagena, in H/H/R, EStG/KStG, § 32b EStG Rz. 21.
[9] FG Rheinland-Pfalz v. 1.6.1994, 1 K 2930/93, EFG 1994, 1044.

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