Rz. 4

Die Stipendien sind nur steuerfrei, wenn die in § 3 Nr. 44 S. 3 Buchst. a und b EStG aufgeführten Voraussetzungen erfüllt sind.

Nach Buchst. a müssen die Stipendien nach Richtlinien des Gebers (d. h. von ihm festgelegten allgemein gültigen Grundsätzen) vergeben werden. Wie diese zu gestalten sind, wird nicht bestimmt. Sie müssen jedoch vorliegen und angewandt werden. Damit soll eine vom Einzelfall losgelöste einheitliche Vergabepraxis erreicht werden. Sie sind daher nicht steuerfrei, wenn es keine vom Stipendiengeber erlassenen Richtlinien gibt.[1] Die Steuerfreiheit greift ebenfalls nicht, wenn ein Stipendium abweichend von den Richtlinien gewährt wird.[2]

Ferner ist Voraussetzung, dass die Stipendien nicht den Betrag übersteigen, der für die Erfüllung der Forschungsaufgabe oder zur Bestreitung des Lebensunterhalts oder des Ausbildungsbedarfs notwendig ist. Da die Vergabe der Mittel den genannten Richtlinien entsprechen muss, müssen die Richtlinien diesen Rahmen abstecken. Was als erforderlich anzusehen ist, ist gesetzlich nicht festgelegt. Die Höchstgrenzen müssen sich daher nach dem Sachaufwand richten, den die Forschungsaufgaben oder die Ausbildung mit sich bringen, und sie müssen sich an das halten, was nach dem Alter und der Vorbildung des Stipendiaten und der allgemeinen Verkehrsauffassung als für die Bestreitung des Lebensunterhalts als notwendig angesehen wird.[3] Einen Mindestanhalt dafür bieten die Vorschriften des BAföG.[4] Ein Stipendium von 10.000 EUR zuzüglich eines einmaligen Zuschusses von 12.000 EUR des Förderprogramms "Junges Kolleg" der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften ist daher steuerfrei.[5]

Tritt das Stipendium an die Stelle von zuvor erzielten Einnahmen, ist das zuvor vereinnahmte und im Bewilligungszeitraum des Stipendiums ausfallende Entgelt ein gewichtiges Indiz. Wenn das Stipendium betragsmäßig nicht wesentlich über den Betrag der vorher bezogenen Einnahmen hinausgeht, dient es lediglich dem erforderlichen Lebensbedarf.[6] M. E. ist dabei auf die zuvor bezogenen Nettoeinnahmen abzustellen, weil nur diese dem Lebensbedarf zur Verfügung standen. Dementsprechend wäre ein Stipendium in Höhe der zuvor bezogenen Bruttoeinnahmen nicht mehr steuerfrei.

Eine Anrechnung eigener Einkünfte oder eigenen Vermögens des Stipendiaten ist nicht vorgesehen und auch nicht notwendig, da § 3 Nr. 44 EStG nicht auf die Bedürftigkeit des Stipendiaten abstellt.

[4] BFH v. 15.9.2010, XR 33/08, BStBl II 2011, 637, BFH/NV 2011, 342: betr. Stipendium einer Ärztin i. H. v. 35.000 $ im Jahr.
[5] OFD Frankfurt/M. v. 11.11.2015, S 2121 A – 13-St 212.

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