Rz. 119

Der Begriff des Teilbetriebs, der auch für andere steuerliche Vergünstigungen bedeutsam ist (z. B. § 6 Abs. 3 EStG, § 16 Abs. 3 S. 2 EStG), ist nur schwer zu definieren.[1] Die Rspr. unterscheidet 2 alternative Fallgruppen.[2] Der Freiberufler übt verschiedenartige Tätigkeiten aus: Eine Praxis besteht etwa organisatorisch aus mehreren selbstständigen Praxisteilen, in denen der Sache nach verschiedene Berufstätigkeiten mit verschiedenen Mandantenkreisen ausgeübt werden. Die Veräußerung eines Praxisteils betrifft hier eine sachlich abgegrenzte Berufstätigkeit. Sie erfordert nicht, dass die freiberufliche Tätigkeit in dem bisherigen örtlich begrenzten Wirkungsbereich eingestellt wird.

Eine sachlich einheitliche Praxis mit gleichartiger Tätigkeit wird im Rahmen organisatorisch selbstständiger Büros und verschiedenem örtlichen Wirkungskreis mit jeweils besonderem Personal und getrennten Kundenkreisen ausgeübt. Eine steuerbegünstigte Teilpraxisveräußerung kann aber nur dann angenommen werden, wenn eines der Büros samt den Kundenbeziehungen veräußert und die freiberufliche Tätigkeit in dem dazugehörigen örtlich abgegrenzten Wirkungsbereich vollständig eingestellt wird. Dabei müssen[3] alle wesentlichen, wirtschaftlich besonders bedeutsamen Betriebsgrundlagen des Teilbetriebs in einem einheitlichen Vorgang veräußert werden.[4]

Diese Fallgruppen beschreiben aber nur indiziell, wann die für einen Teilbetrieb erforderliche Selbstständigkeit angenommen werden kann. Die Berücksichtigung weiterer Umstände ist nicht aus-geschlossen (z. B. Kauf einer weiteren Freiberuflerpraxis, die unverändert fortgeführt wird).[5]

 

Rz. 120

Für die Annahme eines Teilbetriebs bei einer Freiberufler-Sozietät spricht, dass jeder Sozius über eigenes Sozietätspersonal verfügt, Kosten und Einnahmen jedem Sozius detailliert zugeordnet werden und die Einzeltätigkeiten unterscheidbar sind.[6] Die Annahme einer Teilpraxis hat die Rspr. verneint:

  • bei räumlich, organisatorisch und personell getrennten Teilbereichen einer Steuerberatungspraxis, von denen der eine Teilbereich eine landwirtschaftliche Buchstelle und der andere die Zusammenfassung gewerblicher Mandanten darstellte. Nach Auffassung des BFH stellten beide Bereiche lediglich zwei Abteilungen einer einheitlichen Praxis dar. Die Tätigkeit des Berufsträgers sei in beiden Bereichen weitgehend dieselbe gewesen[7];
  • bei einer Steuerberatungspraxis, die sachlich aus einer Buchführungs- und einer Beratungspraxis besteht. Im Streitfall fehlte nach Auffassung des BFH die organisatorische Verselbstständigung der Teilbereiche in der Weise, dass jeder Teilbereich nach außen hin als Einzelpraxis in Erscheinung tritt[8];
  • bei Übertragung eines Teils des Mandantenstamms ohne Aufgabe der Tätigkeit in einem örtlich abgegrenzten Wirkungskreis[9];
  • bei einer "Großtierpraxis" eines Tierarztes unter Zurückbehaltung der "Kleintierpraxis"[10];
  • bei bloßen innerbetrieblichen Organisationseinheiten, die nicht selbst am Markt durch Leistungsangebote tätig werden[11];
  • bei Ausscheiden eines Zahnarztes aus einer Gemeinschaftspraxis unter gleichzeitiger Eröffnung einer Praxis für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie[12];
  • bei Veräußerung einer Arztpraxis für Kassenpatienten und Fortführung einer Praxis für Privatpatienten in demselben örtlichen Wirkungskreis, da die Berufsausübung in beiden Fällen auf derselben Berufsausbildung beruht und mit denselben Behandlungsmethoden ausgeübt wird.[13] Anders bei Veräußerung einer allgemeinmedizinischen Praxis durch einen praktischen Arzt, der zugleich Betriebsarzt ist.[14]

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