Rz. 90

Die Beteiligung braucht in der von § 17 EStG vorausgesetzten Höhe nicht im Zeitpunkt der Veräußerung der Anteile zu bestehen. § 17 EStG ist schon dann anwendbar, wenn die Beteiligung innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Veräußerung die Grenze des § 17 Abs. 1 EStG überschritten hat. "Veräußerung" in diesem Sinne ist die Übertragung des zivilrechtlichen oder wirtschaftlichen Eigentums. Zeitpunkt der Veräußerung ist daher der Zeitpunkt des Übergangs des zivilrechtlichen oder wirtschaftlichen Eigentums, nicht der Zeitpunkt des schuldrechtlichen Geschäfts (Rz. 108).[1] Da § 17 Abs. 1 EStG auf die "Veräußerung" abstellt, ist dieser Zeitpunkt maßgebend, nicht der Zeitpunkt des schuldrechtlichen Vertrags.[2]

 

Rz. 90a

5 Jahre sind 5 mal 365 Tage (Zeitjahre), nicht Kj. oder Vz.

 

Rz. 91

Die Steuerverstrickung tritt ein, wenn der Stpfl. eine Beteiligung in der von § 17 EStG geforderten Höhe erwirbt oder seine Beteiligung (durch Hinzuerwerb von Anteilen, durch Erwerb eigener Anteile durch die Gesellschaft usw.) zu einer solchen Beteiligung wird. Auf welche Weise der Stpfl. diese Anteile erwirbt, ist dabei ohne Bedeutung. Es kann sich um entgeltlichen oder unentgeltlichen Erwerb sowie um Erwerb durch Einzelrechtsnachfolge oder Gesamtrechtsnachfolge handeln.[3] Als Zeitpunkt für den Beginn des Laufs der Fünf-Jahres-Frist ist der Zeitpunkt des Erwerbs des rechtlichen oder wirtschaftlichen Eigentums an den Anteilen anzusetzen. Bei einer Kapitalerhöhung ist daher der Zeitpunkt des Entstehens der neuen Anteile in der Person des Gesellschafters maßgeblich (zu Anwartschaftsrechten Rz. 46). Dies ist der Zeitpunkt der Eintragung des Beschlusses über die Kapitalerhöhung in das Handelsregister.[4] Nicht maßgebend ist der Beschluss über die Kapitalerhöhung, da hierdurch weder neue Rechte entstehen noch der Gesellschafter ab diesem Zeitpunkt mit ihnen "beteiligt" ist.[5]

 

Rz. 92

Gleiches gilt für den Lauf der 5-Jahres-Frist, wenn der Gesellschafter nicht an einer Kapitalerhöhung teilnimmt und seine Beteiligung daher unter die Wesentlichkeitsgrenze fällt. Nicht mehr i. S. d. § 17 EStG beteiligt ist der Gesellschafter dann erst ab Eintragung der Kapitalerhöhung in das Handelsregister.[6]

 

Rz. 93

Die Steuerverstrickung erfasst die ganze Beteiligung, d. h. auch die Wertsteigerungen, die eingetreten sind, als die Beteiligung noch nicht eine Beteiligung nach § 17 EStG war. § 17 Abs. 2 EStG ordnet ausdrücklich an, dass der Veräußerungspreis den Anschaffungskosten entgegenzusetzen ist und nicht dem gemeinen Wert der Anteile im Zeitpunkt der Verstrickung nach § 17 EStG. Eine Lücke im Gesetz liegt daher insoweit nicht vor (vgl. auch Rz. 100).[7]

 

Rz. 94

Ohne Bedeutung ist es, wie lange die Beteiligung eine steuerverstrickte Beteiligung war. § 17 EStG greift auch ein, wenn der Stpfl. nur wenige Tage lang beteiligt war.[8]  § 17 EStG ist auch anwendbar, wenn die Beteiligung am Tag des Erwerbs wieder veräußert wird.[9] Maßgebend ist, dass der Stpfl., wenn auch nur für einen sehr kurzen Zeitraum, wirtschaftlicher Eigentümer der Anteile war (zum wirtschaftlichen Eigentum Rz. 113a). Im Rahmen des § 17 EStG kommt es dabei wesentlich darauf an, ob er in der Lage war, den wirtschaftlichen Wert des Anteils seinem Vermögen zuzuführen. Erfolgte der Erwerb der Anteile nur für eine logische Sekunde, gelten die gleichen Grundsätze. Da es auf die dinglichen Wirkungen des Rechtsgeschäfts ankommt (Rz. 108), liegt ein Erwerb für eine "logische Sekunde" auch dann vor, wenn der Stpfl. die Beteiligung schon vor dem eigenen Erwerb an einen Dritten abgetreten hat.[10] Dinglich erfolgt die Weiterübertragung erst mit dem Erwerb durch den Stpfl., d. h., es entsteht in seiner Person ein "Durchgangserwerb" von einer logischen Sekunde. Anders wäre es nur, wenn nicht der Anteil vorab weiterübertragen wurde, sondern der Anspruch aus dem Erwerbsvertrag abgetreten wird. Ob in diesem Fall § 17 EStG eingreift, hängt davon ab, ob der Stpfl. für die logische Sekunde wirtschaftlicher Eigentümer der Anteile geworden ist, ob er also eine gesicherte Rechtsposition hinsichtlich der Substanz der Anteile hatte. Das juristische Eigentum während der logischen Sekunde allein reicht nicht aus, da die "logische Sekunde" nur eine gedankliche Hilfskonstruktion ist und daher allein kein geeigneter Maßstab für die Feststellung des wirtschaftlichen Eigentums ist.[11] Wirtschaftliches Eigentum während der logischen Sekunde kann bestehen, wenn der Stpfl. in diesem Zeitraum den wirtschaftlichen Wert der Beteiligung seinem Vermögen zuführt, etwa indem er einen höheren Weiterveräußerungspreis erhält als seine Anschaffungskosten waren.[12] Ist das nicht der Fall, ist kaum denkbar, dass der Stpfl. während der logischen Sekunde wirtschaftliches Eigentum erworben hatte, also die Gesellschaftsrechte hat ausüben können. Kein wirtschaftliches Eigentum wird erworben, wenn im Rahmen eines Gesamtvertragskonzepts (mehrere zeitgleich abgeschlossene, korrespondierende Verträge) die mit einer übertragenen Beteiligung ve...

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