Rz. 28

Befindet sich die Beteiligung im Gesamthandseigentum mehrerer Personen (Personenhandelsgesellschaft, GbR), ist zu unterscheiden, ob die Personengesellschaft die Beteiligung veräußert, oder ob die Beteiligung an der Personengesellschaft veräußert wird.

In beiden Fällen kann § 17 EStG nur eingreifen, wenn die Personengemeinschaft nicht im Bereich der Gewinneinkünfte, und damit nicht betrieblich, tätig ist, also keine Mitunternehmerschaft ist. Da § 17 EStG nur Vermögensmehrungen im Privatvermögen erfassen soll (vgl. Rz. 1, 15), ist die Vorschrift nicht anwendbar, wenn Vermögensmehrungen bereits deshalb erfasst werden, weil sich die Beteiligung im Betriebsvermögen befindet. Veräußert eine betrieblich tätige Personengesellschaft (d. h. eine Mitunternehmerschaft) eine wesentliche Beteiligung, handelt es sich nach § 13 EStG um Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, nach § 15 EStG um gewerbliche Einkünfte oder nach § 18 EStG um selbstständige Einkünfte, wodurch § 17 EStG verdrängt wird.

Wird die Beteiligung an einer betrieblich tätigen Personengesellschaft veräußert, die eine wesentliche Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft hält, wird der Gewinn aus der Veräußerung der Beteiligung an der Personengesellschaft bereits nach § 16 EStG, bei land- und forstwirtschaftlichen Einkünften i. V. m. § 14 S. 2 EStG, bei Einkünften aus selbstständiger Arbeit i. V. m. § 18 Abs. 3 EStG, steuerlich erfasst; für die Anwendung des § 17 EStG bestehen kein Raum und keine Notwendigkeit.

 

Rz. 29

Anders ist es, wenn die Personengemeinschaft, die die wesentliche Beteiligung hält, nicht betrieblich tätig ist (d. h. keine Mitunternehmerschaft ist – vermögensverwaltende Personengesellschaft).

Nach der Rspr. richtet sich die Besteuerung des Vermögenszuwachses der Anteile an der Kapitalgesellschaft, die die Personengemeinschaft im Gesamthandsvermögen hält, nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO.[1] Für die Zwecke der Besteuerung wird danach das Gesamthandseigentum ignoriert und das Wirtschaftsgut "Beteiligung" den Berechtigten wie Bruchteilseigentum zugerechnet ("Bruchteilsbetrachtung"). Nach dieser Bruchteilsbetrachtung wird die Personengesellschaft steuerlich ignoriert und die Tatbestandsverwirklichung durch die Personengesellschaft (Veräußerung der Beteiligung, Anschaffungskosten, Veräußerungskosten, Veräußerungspreis) anteilig nach Bruchteilen den Gesellschaftern zugerechnet. Veräußerungsgewinne fallen daher nicht bei der Gesamthandsgemeinschaft, sondern unmittelbar bei den einzelnen Beteiligten an. Konsequente Folgerung dieser Ansicht ist, dass die Frage, ob eine Beteiligung in der nach § 17 EStG erforderlichen Höhe besteht, auf der Ebene der Gesellschafter, nicht der Personengesellschaft, zu beantworten ist. Es kann daher immer nur eine steuerverstrickte Beteiligung der Gesellschafter (nicht der Gesellschaft) vorliegen. Das ist der Fall, wenn aufgrund der Bruchteilszurechnung dem einzelnen Gesellschafter zusammen mit weiteren von ihm unmittelbar gehaltenen Anteilen eine Beteiligung von 10 % bzw. 1 % oder mehr zuzurechnen ist.[2]

 

Rz. 30

Weitere Folge der Bruchteilsbetrachtung ist, dass über die Höhe eines etwaigen Gewinns aus der Veräußerung der Kapitalanteile nicht in der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung entschieden wird. Die Einkünfte aus § 17 EStG können daher nicht Gegenstand eines Feststellungsverfahrens sein, da es an der "Einheitlichkeit" der Einkunftserzielung durch die Gesellschafter der vermögensverwaltenden Personengesellschaft fehlt.[3].

 

Rz. 31

Der BFH behandelt damit eine Gesamthandsgemeinschaft wegen § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO wie eine Bruchteilsgemeinschaft, bei der nach der Struktur nur eine Bruchteilsbetrachtung anwendbar ist. Er hält es nicht für zulässig, nicht betrieblich tätige Gesamthandsgemeinschaft und Bruchteilsgemeinschaft unterschiedlich zu behandeln; in einer unterschiedlichen Behandlung sieht er einen Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot.[4]

Der BFH übernimmt in der Entscheidung v. 9.5.2000 damit nicht die neuere Rspr. des BFH zur gewerblich tätigen Personengesellschaft für die nicht gewerblich tätigen Gesellschaften und Gemeinschaften.[5] Danach ist eine Personengesellschaft als Einheit zu betrachten (was die Bruchteilszurechnung ausschließen würde) und partiell insoweit steuerrechtsfähig, als die Gesellschafter in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit auf der Ebene der Personengesellschaft den Tatbestand der Einkunftserzielung erfüllen ("Einheitsbetrachtung"). Für die Anwendung des § 17 EStG hätte die Einheitsbetrachtung bedeutet, dass die vermögensverwaltende Personengesellschaft wie eine Mitunternehmerschaft behandelt wird (vgl. daher Rz. 170ff.). Der Besteuerungstatbestand des § 17 EStG würde auf der Ebene der Personengesellschaft verwirklicht; entscheidend wäre, ob die Personengesellschaft wesentlich an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist, nicht, ob dies für den einzelnen Gesellschafter/Gemeinschafter der Fall ist.

 

Rz. 32

Sowohl für die Einheitsbetrachtung als auch für die Bruchteilsbetrachtung ste...

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