Rz. 226

Nach § 16 Abs. 2 S. 3 EStG gilt bei Betriebsveräußerungen, bei denen auf der Seite des Veräußerers und des Erwerbers dieselben Personen als Unternehmer oder Mitunternehmer beteiligt sind, der entstehende Gewinn insoweit als laufender Gewinn. Gleiches gilt für die Einbringung von Betrieben, Teilbetrieben oder Mitunternehmeranteilen nach § 24 UmwStG, soweit durch den Teilwertansatz eine Anwendung der §§ 16 Abs. 4, 34 Abs. 1 und 3 EStG in Betracht kommt (§ 24 Abs. 3 S. 3 UmwStG).

Eine entsprechende Bestimmung findet sich für die Betriebsaufgabe in § 16 Abs. 3 S. 5 EStG, dort allerdings situationskonform beschränkt auf die Veräußerung von Einzelwirtschaftsgütern.

Rechtssystematisch bleibt der von dieser Fiktion betroffene Teil des Gewinns ein Veräußerungsgewinn i. S. d. Vorschrift, wird also auch als Teil des Veräußerungsgewinns ermittelt. Lediglich für die Rechtsfolgen gilt er als laufender Gewinn. Er nimmt somit nicht an der Rechtsfolge des § 16 Abs. 4 EStG teil; für die Freibetragsregelung des § 16 Abs. 4 EStG gilt der Teil nicht als Veräußerungsgewinn. Mangels einer differenzierenden Regelung muss dies sowohl für den Freibetrag von 45.000 EUR als auch für die Freibetragsgrenze von 136.000 EUR gelten (Rz. 259a; R 16 Abs. 13 S. 9 EStR 2012)[1]. Auch § 34 Abs. 2 EStG knüpft an das Vorliegen eines Veräußerungsgewinns i. S. v. § 16 EStG an; die Fiktion eines laufenden Gewinns verhindert somit die Tarifvergünstigung. Dagegen hängt die Frage, ob Gewerbesteuerpflicht besteht, nicht davon ab, ob "i. S. v. § 16 EStG" ein Veräußerungsgewinn oder ein laufender Gewinn vorliegt; das Gewerbesteuerrecht greift vielmehr nach h. L. nur so weit, wie tatsächlich – nicht fiktiv – ein laufender Gewinn, also ein Gewinn im Rahmen eines bestehenden Gewerbebetriebs, erzielt worden ist. Die Fiktion des § 16 Abs. 2 S. 3 und Abs. 3 S. 2 EStG hat also keine Gewerbesteuerpflicht zur Folge[2], sofern nicht ohnehin nach § 7 Abs. 1 S. 2 GewStG bei Mitunternehmerschaften GewSt-Pflicht für Veräußerungs- und Aufgabegewinne besteht (Rz. 16).

 

Rz. 227

Die Bestimmung beruht auf dem Gesetz v. 21.12.1993[3] und gilt für Veräußerungen nach dem 31.12.1993 (§ 52 Abs. 34 S. 2 EStG; zur zeitlichen Abgrenzung vgl. die Kommentierung zur entsprechenden Regelung des § 52 Abs. 19a S. 2 EStG 1994 bzw. Abs. 34 S. 2 EStG 2003 in Rz. 253ff.). Die Ausnahme für die "Veräußerung an sich selbst" soll verhindern, dass bei der Veräußerung wie bei der Einbringung eines Betriebs in eine Personengesellschaft (§ 24 Abs. 3 S. 3 UmwStG), an der der Veräußerer bzw. Einbringende selbst beteiligt ist, und bei der Veräußerung von einzelnen Wirtschaftsgütern im Rahmen einer Betriebsaufgabe an eine Personengesellschaft mit Beteiligung des Aufgebenden (sog. Aufstockungsmodelle) einerseits die Vergünstigungen der §§ 16, 34 EStG für die aufgedeckten stillen Reserven in Anspruch genommen werden und andererseits beim Empfänger neues ("aufgestocktes") Abschreibungsvolumen zur Verrechnung mit späteren laufenden Gewinnen geschaffen wird[4]. Seit der Beschränkung des Freibetrags nach § 16 Abs. 4 EStG in einen Lebensfreibetrag ist dieser Anreiz zwar geringer, jedoch auch im Hinblick auf § 34 Abs. 1 oder 3 EStG nicht beseitigt.

 

Rz. 228

Durch die genannten gesetzlichen Beschränkungen werden nicht alle als ungerechtfertigt anzusehenden Begünstigungen erfasst. So erfasst die gesetzliche Beschränkung nicht die Entnahme ins Privatvermögen, bei der die Wirtschaftsgüter nach § 16 Abs. 3 S. 4 EStG mit dem gemeinen Wert anzusetzen sind. Der dabei entstehende Aufgabegewinn wird nach den §§ 16 Abs. 4, 34 Abs. 1 und 3 EStG ggf. begünstigt, auch wenn das Wirtschaftsgut im Privatvermögen der Vermietung und Verpachtung dient und der gemeine Wert AfA-Grundlage wird. So z. B. auch bei der Aufgabe einer Betriebsverpachtung oder der Beendigung einer Betriebsaufspaltung.

Auch Einbringungsvorgänge in Kapitalgesellschaften bleiben unberührt, weil die Kapitalgesellschaft als juristische Person nicht mit dem Einbringenden identisch ist, auch wenn dieser Anteilseigner der Kapitalgesellschaft ist.

Nach mitunter vertretener Ansicht[5] sollen auch Realteilungen (mangels Veräußerung) nicht erfasst werden, soweit es dabei zum Ansatz des gemeinen Werts kommt (m. E. unzutreffend, weil die Realteilung als Tauschgeschäft und damit als Veräußerung anzusehen ist).

 

Rz. 229

Als laufender Gewinn gilt der durch die Veräußerung "an sich selbst" verwirklichte Gewinn, "soweit" auf beiden Seiten dieselbe Person beteiligt ist. Bei einer Veräußerung an eine Personengesellschaft bestimmt sich das maßgebliche Beteiligungsverhältnis nach dem Anteil des Veräußernden am Aufwand, der aufgrund des zusätzlich geschaffenen Abschreibungsvolumens künftig auf ihn entfällt[6]. Als Mitunternehmer beteiligt ist nicht nur der unmittelbar Beteiligte, sondern nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 EStG auch der mittelbar Beteiligte. Auf die Veräußerungsmotive kommt es auch dann nicht an, wenn das Veräußerungsobjekt zum Sonderbetriebsvermögen gehört und die Veräußeru...

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