Rz. 177ac

Werden bei einer Realteilung einem Mitunternehmer ausschließlich Wirtschaftsgüter zugeteilt, kommt es meist zu Über- oder Unterdotierungen gegenüber dem rechnerischen Auseinandersetzungsanspruch. Die Wertabweichungen werden durch Zahlung eines Spitzenausgleichs zwischen den betroffenen Realteilern ausgeglichen. Der Spitzenausgleich kann entweder aus dem Gesellschaftsvermögen oder aus dem Vermögen des überdotierten Mitgesellschafters direkt oder über eine Einlage in das Gesellschaftsvermögen bezahlt werden. In allen Fällen handelt es sich um ein entgeltliches Geschäft, mit dem der Empfänger des Spitzenausgleichs einen Teil seines Auseinandersetzungsanspruchs an einen Mitunternehmer veräußert oder gegenüber der Gesellschaft aufgibt.[1] Die Zahlung eines Spitzenausgleichs steht einer Realteilung nicht entgegen.[2]

 

Rz. 177ad

Wird ein Spitzenausgleich vom überdotierten Realteiler gezahlt, weil er mit den zugeteilten Wirtschaftsgütern einen größeren Anteil des Betriebsvermögens erhält, als ihm zusteht, so kann beim Zahler zusätzlicher Anschaffungsaufwand und beim Empfänger ein (laufender) Veräußerungsgewinn entstehen[3]. Übersteigt der Teilwert des zusätzlich übergehenden Betriebsvermögens den Buchwert[4], entstehen durch diesen entgeltlichen Veräußerungs- bzw. Erwerbsvorgang beim Veräußerer ein Veräußerungsgewinn in Höhe der Differenz zwischen dem anteiligen Buchwert und dem Spitzenausgleichsbetrag und beim Erwerber zusätzliche Anschaffungskosten, die zu einer anteiligen Buchwertaufstockung führen, soweit sie die Buchwerte übersteigen, bzw. zur Bilanzierung eines übergegangenen, im Rahmen der Mitunternehmergemeinschaft selbstgeschaffenen und deshalb dort gem. § 5 Abs. 2 EStG nicht bilanzierten immateriellen Wirtschaftsguts (Firmenwert), falls ein solcher trotz Realteilung bestehen bleibt (wie im Falle einer Teilbetriebs-Realteilung)[5]. Die Buchwertaufstockung bzw. die zusätzliche Aktivierung eines Firmenwerts steht dem Zwang zur Buchwertfortführung des § 16 Abs. 3 S. 2 EStG nicht entgegen, weil sich der Spitzenausgleich außerhalb der Realteilung vollzieht[6].

 

Rz. 177ae

Ein durch den Spitzenausgleich verursachter Gewinn entsteht bei der Mitunternehmerschaft und ist bei ihr im Rahmen der mitunternehmerischen Aufgabebilanz zu ermitteln und in die gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung einzubeziehen[7]. Sofern beim Zahlungsempfänger ein Gewinn entsteht, ist dieser nicht nach den §§ 16, 34 EStG begünstigt, wenn die auf den betroffenen Realteiler entfallenden stillen Reserven nur teilweise aufgedeckt werden[8].

Die Frage, ob alle stillen Reserven aufgedeckt werden, richtet sich nach den Verhältnissen bei dem jeweiligen Realteiler und nicht nach den Gegebenheiten der gesamten Mitunternehmerschaft. Diese ist zwar Subjekt der Gewinnermittlung, nicht aber Subjekt der Einkommensbesteuerung. Letzteres ist aber Ansatzpunkt für die vom Gesetz bezweckte Steuerbegünstigung[9]. Die Rechtslage entspricht bei dieser Auslegung zudem der Regelung in § 16 Abs. 1 S. 2 EStG; denn der Vorgang entspricht dem Kauf der Auseinandersetzungsforderung des anderen Gesellschafters in Höhe des Spitzenausgleichs zur Vorbereitung der Realteilung[10].

 
Praxis-Beispiel

Ermittlung des Spitzenausgleichs bei"echter" Realteilung[11]

A und B sind zu jeweils ½ an einer Personengesellschaft beteiligt, deren Betriebsvermögen sich in zwei Teilbetriebe gliedert. Die Teilbetriebe haben folgende Werte:

 
  Buchwert gemeiner Wert
Teilbetrieb 1 200.000 EUR 2.000.000 EUR
Teilbetrieb 2 160.000 EUR 1.600.000 EUR
Gesamt 360.000 EUR 3.600.000 EUR
Auseinandersetzungsanspruch des A   1.800.000 EUR
Auseinandersetzungsanspruch des B   1.800.000 EUR

Im Rahmen einer Realteilung übernimmt A den Teilbetrieb 1und B den Teilbetrieb 2; beide führen ihren Teilbetrieb als Einzelunternehmer weiter.

Wertmäßig steht jedem Gesellschafter ein Auseinandersetzungsanspruch von ½ von 3.600.000 EUR, also 1.800.000 EUR zu. A erhält mit der Übernahme des Teilbetriebs 1 somit wertmäßig 200.000 EUR zu viel, B dementsprechend 200.000 EUR zu wenig.

A zahlt deshalb an B zusätzlich einen Spitzenausgleich von 200.000 EUR.

Mit dieser Abfindung von 200.000 EUR erwirbt A den 1.800.000 EUR übersteigenden Wert des Teilbetriebs 1.

A erwirbt somit das auf ihn übergehende Betriebsvermögen im Wert von 2.000.000 EUR in Höhe eines Teils von 1.800.000 EUR, also zu 90 %, ohne Entgelt gegen Minderung seiner Beteiligung, und i. H. v. 200.000 EUR, also zu 10 %, entgeltlich gegen Zahlung von 200.000 EUR.

Auf diese zusätzlichen Anschaffungskosten des überproportionalen Erwerbsteils des A von 10 % entfällt ein dem entsprechender Anteil des Buchwerts von 180.000 EUR, d. h. 10 % von 180.000, also 18.000 EUR. A muss die Aktivwerte deshalb in Höhe der Anschaffungskosten von 200.000 EUR abzgl. des anteiligen Buchwerts von 18.000 EUR aufstocken.

B erzielt durch die Veräußerung des Wertanteils von 200.000 EUR einen Veräußerungsgewinn von 182.000 EUR (200.000 EUR Spitzenausgleich ./. 18.000 EUR anteiliger Buchwert)[12]. ...

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