Rz. 60

Gemischte Schenkungen sind Übertragungsvorgänge, die nach der subjektiven Vorstellung der Beteiligten zu einem Teil entgeltlich und zu einem Teil unentgeltlich sein sollen. Dennoch kommt es auch auf die objektiven Wertverhältnisse von Leistung und Gegenleistung an. Bei Verträgen zwischen fremden Personen spricht – im Gegensatz zu einer Übertragung zwischen nahen Angehörigen[1] – eine widerlegbare tatsächliche Vermutung für das Vorliegen eines entgeltlichen Geschäfts, wenn die Werte der den Beteiligten nach dem Vertrag zukommenden Vorteile nicht in einem offensichtlichen Missverhältnis zueinander stehen (Rz. 58)[2].

Zu unterscheiden hiervon ist die Schenkung unter Auflage. Hier erfolgt die gesamte Übertragung unentgeltlich, der Empfänger wird aber verpflichtet, über einen Teil des empfangenen Werts in einer bestimmten Weise zugunsten eines Dritten zu verfügen[3]. Die Abgrenzung kann im Einzelfall schwierig sein[4]. Steuerlich kann eine Auflage zu einer (Teil-)Entgeltlichkeit führen, wenn sie eine Abstandszahlung – also die Verpflichtung zur Zahlung an den Schenker – oder eine Ausgleichszahlung oder Gleichstellungsgelder (Zahlungen an durch die Schenkung benachteiligte Dritte, i. d. R. weichende Miterben) beinhaltet. Nach der Rspr.[5] sind Schenkungen unter solchen Auflagen wie gemischte Schenkungen als teilentgeltlich zu behandeln, soweit die Ausgleichsleistungen aus eigenen Mitteln zu erbringen sind[6].

 

Rz. 61

Ein teilentgeltliches Rechtsgeschäft liegt auch vor, wenn ein Einzelunternehmer die Aktiva und Passiva des von ihm unterhaltenen Gewerbebetriebs gegen Entgelt auf eine zuvor im Wege der Bargründung entstandene GmbH überträgt und der Geschäftswert des Unternehmens im Wege der verdeckten Einlage mit übergeht[7]. Dies gilt auch, wenn die Mitunternehmer einer Personengesellschaft ihr Unternehmen in eine Kapitalgesellschaft einbringen und dabei die Wirtschaftsgüter des Betriebs teilweise unentgeltlich übergehen[8].

 

Rz. 62

Die Rspr. wendet auf die teilentgeltliche Veräußerung von Betrieben, Teilbetrieben und Mitunternehmeranteilen die sog. Einheitstheorie an[9]. Das bedeutet, dass das teilentgeltliche Geschäft nicht in einen vollentgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen ist. Vielmehr wird das gesamte teilentgeltliche Geschäft so behandelt wie eine (voll-)entgeltliche Betriebsübertragung: Durch die teilentgeltliche Übertragung entsteht, wenn das Entgelt über dem Buchwert des hingegebenen Vermögens liegt, ein nach § 16 Abs. 2 EStG zu ermittelnder Veräußerungsgewinn; soweit die stillen Reserven durch das Teilentgelt nicht aufgedeckt werden, gehen sie auf den Erwerber über[10].

Dem steht m. E. entgegen, dass das Einkommensteuerrecht nur zwischen entgeltlichen und unentgeltlichen Übertragungen unterscheidet und Vermischungen der beiden Übertragungsformen in einem Übertragungsakt nicht kennt. Deshalb sind gemischte Schenkungen bei rechtssystematischer Betrachtung entsprechend dem Verkehrswert der Gesamtübertragung zum vereinbarten Entgelt in einen entgeltlichen und unentgeltlichen Übertragungsakt aufzuteilen.[11]  Dies gilt so unbestritten jedenfalls für die Übertragung von Wirtschaftsgütern des Privatvermögens, so z. B. für eine teilentgeltliche Übertragung einer wesentlichen Beteiligung i. S. v. § 17 EStG (§ 17 EStG Rz. 166; H 17 Abs. 4 "Teilentgeltliche Übertragung" EStH 2019). Der BFH hält eine solche Behandlung als "Doppelgeschäft" bei einer teilentgeltlichen Übertragung von Betriebsvermögen nach § 16 Abs. 1 EStG als "nicht angezeigt", weil sie dazu führen würde, dass stets ein Teil des Betriebs als verkauft zu behandeln wäre und "jede Gegenleistung einen Gewinn entstehen lassen" würde.[12]

 

Rz. 63

Nach dieser Rspr.[13] ist die teilentgeltliche Veräußerung im Rahmen von § 16 Abs. 1 EStG somit steuerlich als einheitlicher Vorgang zu werten (Einheitstheorie). Die Einheitstheorie gilt in gleicher Weise für den Veräußerer wie für den Erwerber.

Liegt das vereinbarte Entgelt über dem Buchwert des übertragenen Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils, so ist die Übertragung als entgeltlich zu behandeln, es entsteht in Höhe der Differenz ein Veräußerungsgewinn. Dies gilt auch, wenn der Buchwert des Betriebs negativ ist[14]. Werden im Zusammenhang mit der teilentgeltlichen Veräußerung Wirtschaftsgüter ins Privatvermögen übernommen oder anderen betriebsfremden Zwecken zugeordnet, so sind die in ihnen enthaltenen stillen Reserven in Anwendung des § 16 Abs. 3 EStG zu erfassen[15]; dies ist nach hier (Rz. 24) vertretener Ansicht der Einheitlichkeit von Betriebsveräußerung und Betriebsaufgabe zutreffend, auf der Grundlage der h. L. jedoch inkonsequent.

 

Rz. 64

Unterschreitet der Kaufpreis den Buchwert, so ist das Geschäft insgesamt als unentgeltlich mit der Folge der Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 3 EStG zu behandeln; die Differenz zum höheren Buchwert ist bei privater Veranlassung eine Einlage, bei betrieblicher Veranlassung kommt es zu einem negativen Geschäftswert oder einer Buchwertabstockung.

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