Rz. 8

Die Rechtsentwicklung hinsichtlich § 15a EStG und rund um die steuerliche Anerkennung von Verlusten bei beschränkter Haftung findet ihren Ausgangspunkt in § 167 Abs. 3 HGB. Danach nimmt der Kommanditist am Verlust der Gesellschaft nur bis zum Betrag seines Kapitalanteils und seiner noch rückständigen Einlage teil. Aus diesem Wortlaut folgte für Teile des älteren handelsrechtlichen Schrifttums, dass die Belastung des Kommanditisten mit Verlusten ab dem Zeitpunkt nicht mehr möglich sei, in dem sein Kapitalanteil zuzüglich einer gegebenenfalls noch zu leistenden Einlage aufgezehrt ist.[1]

Infolgedessen sollte der nach dem Gewinnverteilungsschlüssel eigentlich auf den Kommanditisten entfallende Verlust in Höhe des die vereinbarte Einlage übersteigenden Teils dem Komplementär und den übrigen Kommanditisten mit einem positiven Kapitalanteil weiterbelastet werden.

 

Rz. 9

Auch in der steuerrechtlichen Literatur war die Anerkennung des negativen Kapitalkontos zeitweise umstritten.[2] Das Urteil des BFH[3] brachte insoweit nur partiell Klarheit, sodass erst die Entscheidung des Großen Senats v. 10.11.1980 zum finalen Abschluss der Diskussion führte, da dieser unter Verweis auf Rechtssicherheit und Rechtsbeständigkeit die Praxis der Anerkennung des negativen Kapitalkontos von beschränkt haftenden Gesellschaftern bestätigte und die Weiterbelastung an den Komplementär oder die übrigen Kommanditisten ablehnte.[4]

 

Rz. 10

Die Anerkennung des negativen Kapitalkontos auch für Kommanditisten führte in der Praxis vor der Einführung von § 15a EStG zu einer Vielzahl steuerlich motivierter Gestaltungen.

Häufig in der Form der GmbH & Co. KG wurden Gesellschaften mit einer großen Zahl von Kommanditisten mit fester Einlage, jedoch gemäß der gesetzlichen Grundkonstellation ohne Nachzahlungsverpflichtung, gegründet. Den Beteiligten fehlte meist die persönliche Bindung zur Gesellschaft, berufliches oder fachliches Interesse oder gar Engagement war regelmäßig ebenso wenig vorhanden.

Anliegen dieser "Kapitalsammelbecken" war in erster Linie die Generierung von Buchverlusten aufgrund von Sonderabschreibungen, erhöhten Absetzungen für Abnutzung, der Vorverlagerung von Aufwendungen sowie als Folge der gezielten Ausnutzung von Bilanzierungswahlrechten und/oder -verboten. Dabei lagen vielfach Vorschriften zur Förderung von bestimmten Wirtschaftszweigen aus wirtschafts- und strukturpolitischen Gründen zugrunde, die durch solche, schnell mit dem Begriff der "Verlustzuweisungsgesellschaft" belegten Gesellschaften über Gebühr ausgenutzt wurden.

Folge der exzessiven Verlustgenerierung war die anteilige Zuweisung dieser Verluste zu den zahlreichen Kommanditisten, die die Verluste unmittelbar mit positiven Einkünften aus anderen Quellen verrechnen konnten und so u. U. erhebliche Steuereinsparungen erzielten. Dies ging teilweise so weit, dass sogar die Einlage durch die Steuerersparnisse refinanziert wurde.[5] Selbst der später aus der Auflösung des negativen Kapitalkontos resultierende Gewinn unterlag lediglich dem halben Steuersatz, sodass zu der vorherigen Progressionsminderung ein weiterer Stundungs- und Reduktionseffekt hinzutrat.

 

Rz. 11

Um diesen Konstrukten entgegenzuwirken, versuchten Gesetzgeber und Finanzverwaltung bereits vor der schlussendlichen Normierung von § 15a EStG Einfluss auf die Praxis zu nehmen.

So wurde eine Reihe von sog. Verlustklauseln in unterschiedlichen Gesetzen installiert, die durch Sonderabschreibungen oder erhöhte Absetzungen generierte Verluste vom Ausgleich mit anderen Einkünften ausschließen sollten. Beispielhaft genannt seien hier § 3 Abs. 3 ZRFG i. d. F. v. 5.8.1971[6], der normierte, dass Sonderabschreibungen nach § 3 Abs. 1 ZRFG i. d. F. v. 5.8.1971 nicht zur Entstehung oder Erhöhung eines Verlustes führen dürfen und § 2a EStG a. F., der dem heutigen § 15 Abs. 4 EStG entsprach und den Ausgleich der Verluste aus gewerblicher Tierzucht einschränkte.

 

Rz. 12

Die Klauseln wirkten sich indes auch auf Unternehmen und Stpfl. aus, die nicht das Konzept der übermäßigen Produktion von Verlusten verfolgten und erwiesen sich damit als wirtschaftlich ungeeignet, um dem Problem der Verlustzuweisungsgesellschaften ohne erhebliche "Kollateralschäden" Herr zu werden. Hinzukommend machte die "Steuersparbranche" infolge der Einschränkungen von zahlreichen Ausweichgestaltungen Gebrauch und verlagerte ihre Tätigkeit in Geschäftszweige, die nicht nur von Sonderabschreibungen, sondern auch allg. bilanziellen Vorschriften in geschickter Weise profitieren konnten.[7]

Unter anderem deshalb stellte die Finanzverwaltung den gesetzlichen Regelungen eine ganze Reihe von Verwaltungserlassen zur Seite[8], die aber ebenso erfolglos wie von zweifelhafter Rechtmäßigkeit waren.[9]

 

Rz. 13

Der letzten Endes mehr als 10 Jahre währenden Diskussionen rund um das negative Kapitalkonto des Kommanditisten und die damit verbundenen steuerlichen Folgen setzte die Bundesregierung schlussendlich mit ihrem Gesetzesentwurf vom 8.2.1980, der die Einführung von § 15a ES...

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