Rz. 24

Nach § 15 Abs. 2 S. 1 EStG ist Gewerbebetrieb eine selbstständige, nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht unternommen wird, Gewinn zu erzielen, und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn sie weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbstständige Arbeit i. S. v. § 18 EStG anzusehen ist.

Insbesondere mit dem letzten Halbsatz hat der Gesetzgeber den Anwendungsvorrang der §§ 13, 18 EStG vor § 15 EStG deutlich zum Ausdruck gebracht; zu prüfen ist daher stets, ob die in Rede stehende Tätigkeit nicht solche aus Land- und Forstwirtschaft oder selbstständiger Natur ist.

 

Rz. 25

Zusätzlich zu diesen gesetzlich festgelegten positiven bzw. negativen Tatbestandsmerkmalen tritt nach allgemeiner Meinung als ungeschriebenes Merkmal hinzu, dass die Betätigung den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung überschreitet.[1] Vermögensverwaltende Tätigkeiten (z. B. das bloße Halten einer Kapitalbeteiligung oder die reine Vermietung eines Grundstücks) erfüllen zwar alle obigen Merkmale eines Gewerbebetriebs, sie gehen aber nicht über die reine Fruchtziehung aus dem Vermögensstamm hinaus, wohingegen gewerbliche Tätigkeiten stets durch Umschichtungs- und Neuschaffensvorgänge geprägt sind.[2]

Maßgebend für die Abgrenzung zwischen Vermögensverwaltung und Gewerbebetrieb ist die Verkehrsanschauung.[3]

 

Rz. 26

Der Begriff des Gewerbebetriebs in § 15 Abs. 2 EStG ist eigenständiger steuerrechtlicher Natur und weder zivilrechtlichen (z. B. BGB/HGB) noch anderen öffentlich-rechtlichen Quellen (z. B. GewO/KSchG) entnommen und mit den dortigen Begriffen allenfalls teilweise identisch. Dem entsprechend ist auch die Auslegung des "Gewerbebetriebs" rein steuerlich vorzunehmen, ein Rückgriff auf die Kriterien anderer Rechtsgebiete verbietet sich.

Der Terminus "Gewerbebetrieb" ist im Einkommensteuerrecht tätigkeitsbezogen zu verstehen, bezeichnet also nach dieser Definition in erster Linie ein aktives Tun, Dulden oder Unterlassen des Stpfl., das gewerblichen Charakter hat (sog. "werbende" Tätigkeit).[4]

Davon unabhängig ist die Frage, was substanziell zum Gewerbebetrieb des Stpfl. gehört, z. B. welche Wirtschaftsgüter Betriebsvermögen darstellen oder ob der Gewerbebetrieb über einzelne Teilbetriebe verfügt. In Konsistenz zum tätigkeitsbezogenen Betriebsbegriff ist auch die Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen insoweit nach der überwiegenden betrieblichen Nutzung zu entscheiden (Rz. 28).[5]

 

Rz. 27

Die genannten Merkmale eines Gewerbebetriebs sind gesetzliche Mindesterfordernisse, die alle erfüllt bzw. ausgeschlossen sein müssen, um einen Gewerbebetrieb zu bejahen, auch wenn sie unterschiedlich stark ausgeprägt sein können.[6] Nicht nur für die Abgrenzung Gewerbebetrieb zur Vermögensverwaltung, sondern für die gesamte Auslegung des § 15 Abs. 2 EStG ist nach der Rspr. des BFH die Verkehrsanschauung ("Bild des Gewerbetreibenden") heranzuziehen[7] Dabei handelt es sich um eine wertende Gesamtbetrachtung im Rahmen der (grundsätzlich dem Tatrichter vorbehaltenen) Beweiswürdigung im Einzelfall.[8] Den Merkmalen der "Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr" und der privaten Vermögensverwaltung kommt bei dieser Abgrenzung eine besondere Bedeutung zu.[9] Stets ist aber das Gesamtbild der Verhältnisse entscheidend, nicht dagegen ist isoliert auf einzelne Merkmale abzustellen.

 

Rz. 28

Ein Gewerbebetrieb setzt nicht voraus, dass Betriebsvermögen oder auch nur (Gewerbe-)Kapital vorhanden ist[10], es genügt, wie auch im Wortlaut der Definition des Abs. 2 zum Ausdruck kommt, dass eine Tätigkeit ausgeübt wird, die die erforderlichen Merkmale aufweist (s. a. Rz. 26).

Auch bei ausschließlichem oder überwiegendem Einsatz von Arbeitskraft oder anderen persönlichen Fähigkeiten kann eine gewerbliche Tätigkeit vorliegen.[11] Das Vorhandensein von Betriebsvermögen setzt das Vorliegen einer Gewinneinkunftsart voraus (§ 2 Abs. 2 EStG), da nur in diesen Fällen ein Betriebsvermögensvergleich vorgesehen ist. Es ist daher m. E. untauglich als Abgrenzungsmerkmal des Gewerbebetriebs zu anderen Einkunftsarten, da es sich erst subsidiär aus dem Vorliegen gewerblicher Einkünfte ergeben kann. Umgekehrt lässt sich aus Betriebsvermögen nicht zwingend auf § 15 EStG schließen, da §§ 13, 18 EStG ebenfalls einen Betriebsvermögensvergleich als Gewinnermittlungsmethode erfordern.

 

Rz. 29

Eine Eintragung in das Handelsregister ist weder erforderlich noch ausreichend für die Annahme eines Gewerbebetriebs. Denn der handelsrechtliche Begriff des Handelsgewerbes (§§ 1ff. HGB) stimmt mit dem des steuerrechtlichen Gewerbebetriebs nicht überein.[12] Die Eintragung kann indes Beweisanzeichen für seine Gewerblichkeit sein, insbesondere gegenüber freiberuflicher Tätigkeit. So soll bei Personengesellschaften die Eintragung ins Handelsregister eine widerlegbare Vermutung der gewerblichen Tätigkeit oder jedenfalls ein starkes Indiz hierfür erzeugen.[13]

 

Rz. 30

Der Begriff "Gewerbebetrieb" bestimm...

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