Rz. 221

Die Vorsorgeaufwendungen (Versicherungsbeiträge, Abs. 1 Nr. 2, bis Vz 2004, und Abs. 1 Nr. 2 und 3, ab Vz 2005) können gem. Abs. 3 (bis Vz 2004) und Abs. 3, 4 (ab Vz 2005) nur in begrenzter Höhe vom Gesamtbetrag der Einkünfte (§ 2 Abs. 4 EStG) abgezogen werden. Das BVerfG hat die Begrenzung auf feste Höchstbeträge für verfassungsgemäß angesehen.[1]

Die Neuregelung ab Vz 2005 mit dem Höchstbetrag für Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung u. a. (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG) von im Endergebnis 20.000 EUR und dem weiteren Höchstbetrag von 2.400 EUR für sonstige Versicherungen (Abs. 1 Nr. 3a) ist verfassungsgemäß.[2]

Wegen der Günstigerprüfung nach § 10 Abs. 4a EStG, die bis 2019 gilt (Rz. 269), ist die Darstellung des aufgehobenen Rechts weiterhin erforderlich.

 

Rz. 222

Vorsorgeaufwendungen dienen dem Schutz des Stpfl. oder seiner Familie vor existenziellen Lebensrisiken (Rz. 3, 4). Soweit die Aufwendungen der Mindestvorsorge vor diesen Risiken dienen, sind die Aufwendungen für den Stpfl. indisponibel und müssen daher unbeschränkt abziehbar sein. Das sind insbesondere die Aufwendungen, die der Stpfl. im Rahmen einer Pflichtversicherung zwingend entrichten muss, da der Gesetzgeber diese Aufwendungen dem Grunde und der Höhe nach durch die entsprechenden gesetzlichen Regelungen als Mindestvorsorge ansieht.[3] Abziehbar müssen daher zumindest die höchstmöglichen Arbeitnehmer-Anteile zur gesetzlichen Sozialversicherung sein. Das ist indes bis Vz 2004 nicht der Fall. Die Anhebung des Grundhöchstbetrags war daher schon immer zwingend geboten[4], wird aber natürlich angesichts der Änderungen ab Vz 2005 nicht mehr erfolgen.

Entsprechendes gilt für nicht versicherungspflichtige Stpfl. und ihre Aufwendungen zur Mindestvorsorge, die hier den vollen Beitragssatz umfassen muss, da dieser von dieser Gruppe selbst aufgebracht werden muss, um eine entsprechende Vorsorge wie die Pflichtversicherten zu erhalten.

 

Rz. 223

Der Gesetzgeber hat den Grundhöchstbetrag zuletzt durch das ZinsabschlagsG v. 9.11.1992[5] auf 2.610/5.220 DM, 1.334/2.668 EUR (Alleinstehende/Zusammenveranlagte) angehoben, was angesichts der seither eingetretenen Erhöhungen völlig unzureichend ist.

Demgegenüber ist ein unbeschränkter Abzug der Vorsorgeaufwendungen nicht geboten, da Aufwendungen in beliebiger Höhe nicht zwangsläufig entstehen.[6]

Wegen der bestehenden Benachteiligung der selbstständigen Berufe gegenüber Arbeitnehmern s. unter Rz. 222, 228.

Die Höchstbetragsregelung ist abschließend. Der nicht abziehbare Teil der Vorsorgeaufwendungen behält den Charakter als Sonderausgaben. Er verfällt und kann nach § 33 Abs. 2 S. 2 EStG insbesondere nicht als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden.[7] Das gilt auch dann, wenn es aus besonderem Anlass in einem Veranlagungszeitraum zur Zusammenballung von Vorsorgeaufwendungen kommt, z. B. bei Nachzahlungen in der gesetzlichen Rentenversicherung für frühere Jahre; die in den Vorjahren nicht ausgeschöpften Vorsorgehöchstbeträge können nicht in das Abflussjahr (§ 11 EStG) zur Erhöhung des Vorsorgeabzugs übertragen werden.[8]

Die Zusammenballung von Vorsorgeaufwendungen zur Beseitigung einer unzureichenden Altersversorgung kann Anlass für einen persönlichen Billigkeitserlass gem. § 227 AO sein.[9]

 

Rz. 224

Die Höchstbeträge sind Jahresabzugsbeträge; sie werden nicht etwa zeitanteilig gekürzt, wenn z. B. die unbeschränkte Steuerpflicht nicht während des gesamten Vz bestand.[10]

 

Rz. 225

Der Höchstbetragsregelung bis Vz 2004 liegt ein dreigeteiltes Schema zugrunde:

  • Vorwegabzug nach Abs. 3 Nr. 2 (Rz. 226ff.);
  • Grundhöchstbetrag nach Abs. 3 Nr. 1 (Rz. 251);
  • hälftiger Höchstbetrag nach Abs. 3 Nr. 3 (Rz. 253).

Die genannten Begriffe, die sich in der Praxis herausgebildet hatten, sind mit dem StRefG 1990 in die Vorschrift übernommen worden.

Aus der Begriffswahl folgt unverändert, dass die drei Höchstbetragselemente in der oben aufgeführten Reihenfolge zu prüfen sind (Berechnungsgang unten Rz. 254).

Ab Vz 2005 gibt es für Versicherungsbeträge i. S. d. Nr. 2 nur einen Höchstbetrag von 20.000 EUR, der allerdings vollen Umfangs erst ab dem Vz 2025 erreicht wird. Für den Vz 2005 können lediglich 60 % der Aufwendungen abgezogen werden (Rz. 262).

[1] Gesetzgeberische Freiheit bei der Gewährung von Steuererleichterungen; BVerfG v. 2.5.1978, 1 BvR 136/78, HFR 1978, 293; BVerfG v. 28.12.1984, 1 BvR 1472–1473/84, HFR 1985, 337; BVerfG v. 22.10.1986, 1 BvR 982/96, INF 1987, 70.
[3] Söhn, in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 10 EStG Rz. P 8.
[4] Söhn, in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 10 EStG Rz. P 69.
[5] BStBl I 1992, 682.
[6] Söhn, in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 10 EStG Rz. P 8.
[8] BFH v. 12.11.1976, VI R 167/74, BStBl II 1977, 154; vgl. zur Nachentrichtung von Beiträgen für Angehörige FG Berlin v. 11.3.1981, EFG 1981, 566, das eine Aufteilung in Sonderausgabe und außergewöhnliche Belastung systemgerecht ablehnt, die Qualifi...

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