Rz. 16

Sonderausgaben sind grundsätzlich nur von unbeschränkt Stpfl. abzuziehen. Für beschr. stpfl. Personen gilt § 10 EStG bis Vz 2016 vollen Umfangs nicht (§ 50 Abs. 1 S. 3 EStG a. F.). Nach bisheriger Auffassung verstieß diese Regelung grundsätzlich nicht gegen Gemeinschaftsrecht, weil personen- und familienbezogene Abzugsbeträge bei beschr. Stpfl. in vollem Umfang im Ansässigkeitsstaat zu berücksichtigen sind (§ 50 EStG Rz. 6ff.; § 50 EStG Rz. 59).[1] Demgegenüber ist der Ausschluss der Abziehbarkeit von Steuerberatungskosten als Sonderausgaben (§ 10 Abs. 1 Nr. 6 EStG a. F.) als gemeinschaftswidrig angesehen worden.[2] Der EuGH hat mit Urteil v. 24.2.2015[3] auf den Vorlagebeschluss des BFH v. 14.5.2013[4] entschieden, dass Art. 63 AEUV (Kapitalverkehrsfreiheit) dahin auszulegen ist, dass er einer Regelung eines Mitgliedstaats entgegensteht, nach der es einem gebietsfremden Stpfl. verwehrt ist, Versorgungsleistungen für im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge übertragenes Vermögen steuerlich zu berücksichtigen, während einem gebietsansässigen Stpfl. dieser Abzug gestattet wird (§ 50 Abs. 1 S. 3, § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG).

Der Gesetzgeber hat daher durch das BEPS-UmsG v. 20.12.2016 (Rz. 1j) den § 50 Abs. 1 S. 3 EStG geändert und verbietet nur noch den Abzug von Sonderausgaben des § 10 Abs. 1, Abs. 1a Nr. 1, 3 und 4 sowie Abs. 2 bis 6 EStG. Aufwendungen i. S. d. § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG (Versorgungsleistungen) sind somit ab 1.1.2017 abziehbar.

Die Versorgungsleistungen sind beim unbeschränkt stpfl. Empfänger in den Fällen, in denen sich der Sonderausgabenabzug entgegen § 50 Abs. 1 EStG ausschließlich aufgrund dieses Schreibens ergibt, nicht stpfl.

In einem weiteren Vorlagebeschluss v. 16.9.2015[5] hat der BFH dem EuGH die Frage vorgelegt, ob es gegen Art. 45 AEUV verstößt, dass der Sonderausgabenabzug für in Deutschland tätige Arbeitnehmer für Sozialversicherungsbeiträge an ausl. (hier: französische) Altersvorsorge- und Krankenversicherungsbeiträge ausgeschlossen ist.

Der EuGH hat entschieden[6], dass die unionsrechtliche Arbeitnehmerfreizügigkeit nach Art. 45 AEUV der Regelung eines Mitgliedstaates entgegensteht, nach der die Altersvorsorgeaufwendungen und Krankenversicherungsbeiträge von in einem EU-Mitgliedstaat tätigen, aber in Deutschland wohnenden Arbeitnehmern, deren Arbeitslohn nach einem DBA von der Besteuerung freigestellt ist, vom Sonderausgabenabzug ausgenommen sind.

Seit dem JStG 2018 v. 11.12.2018[7] gilt, dass Vorsorgeaufwendungen i. S. d. § 10 Abs. 1 Nr. 2, 3 und 3a EStG als Sonderausgaben abziehbar sind, soweit sie nicht in unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen; sie sind zu berücksichtigen, soweit

  • solche Beträge in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit in einem Mitgliedsstaat der EU oder einem Vertragsstaat über den Europäischen Wirtschaftsraum oder in der Schweizerischen Eidgenossenschaft erzielten Einnahmen aus nichtselbstständiger Tätigkeit stehen[8]
  • diese Einnahmen nach einem DBA im Inland steuerfrei sind und,
  • der Beschäftigungsstaat keinerlei Abzug der mit den steuerfreien Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Beiträge im Besteuerungsverfahren zulässt, § 10 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 Buchst. ac EStG.[9]

    Für die Frage, ob der Beschäftigungsstaat nach § 10 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 Teils. 2 Buchst. c EStG "keinerlei" steuerliche Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen im Rahmen der Besteuerung dort bezogener Einnahmen zulässt, sind die einzelnen Sparten der Vorsorgeaufwendungen getrennt zu beurteilen. Sind z. B. die Beiträge zu Renten- und Krankenversicherungen abzugsfähig, die Beiträge zur Pflegeversicherung aber nicht, so können die anteiligen Kosten hierfür im Inland geltend gemacht werden. Vorsorgeaufwendungen, die bei einer grenzüberschreitenden Tätigkeit jedoch bereits der Beschäftigungsstaat im Rahmen der Besteuerung der dort erzielten und im Inland steuerfreien Einnahmen zum Abzug zulässt, sind im Rahmen der inländischen Besteuerung nicht nochmals als Sonderausgaben zu berücksichtigen.[10]

    Nach dem Wortlaut des § 10 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 Teilsatz 2 Buchst. a EStG setzt die Ausnahme vom Ausschluss des Sonderausgabenabzugs voraus, dass diejenigen steuerfreien Einnahmen, die im Beschäftigungsstaat erzielt werden, solche aus" nichtselbstständiger Tätigkeit" sind, somit unter § 19 EStG fallen. Eine Einbeziehung anderer Einkünfte ist unter teleologischen Gesichtspunkten nicht möglich.[11]

 

Rz. 16a

Nach § 50 Abs. 1 S. 4 EStG bleiben bei beschränkt Stpfl. mit Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit i. S. d. § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG die Vorschriften des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a, Nr. 3 und Abs. 3 sowie § 10c EStG anwendbar (§ 50 EStG Rz. 62ff.).

[1] EuGH v. 14.2.1995, Rs. C-279/93 (Schumacker), Haufe-Index 541169; FG Düsseldorf v. 14.5.2009, 16 K 4273/07 E, EFG 2009, 1911, Haufe-Index 2220067, rkr.; Reimer, in Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, § 50 EStG Rz. 51; Kulosa, in H/H/R, EStG/KStG, § 10 EStG Rz. 14, wenn die Aufwendungen in un...

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