Rz. 22

Eine Anschaffung i. S. d. § 5 Abs. 1 Alt. 1 UmwStG durch den übernehmenden Rechtsträger liegt nur bei einem entgeltlichen Erwerb der Anteile vor.[1] Anwendung finden kann die Regelung nur bei einer Verschmelzung oder Spaltung auf einen bereits bestehenden Rechtsträger. Der die Anteile übernehmende Rechtsträger muss im Zeitpunkt der Eintragung der Umwandlung existent sein.[2] Nicht anwendbar ist sie bei der Verschmelzung durch Neugründung oder der Spaltung zur Neugründung sowie beim Formwechsel in eine Personengesellschaft.[3] Für die Anwendung von § 5 Abs. 1 Alt. 1 UmwStG kommt es nicht darauf an, wer Veräußerer der Anteile ist und ob sich die Anteile in dessen Privat- oder Betriebsvermögen befinden. Zu entgeltlichen Anteilsübertragungen kann es auch im Rahmen einer vorweggenommenen Erbfolge oder einer Erbauseinandersetzung kommen.[4]

 

Rz. 23

Nach Auffassung der Finanzverwaltung wird für Zwecke des § 5 Abs. 1 Alt. 1 UmwStG der unentgeltliche Erwerb der Anschaffung gleichgestellt.[5] Zu folgen ist der Auffassung der Finanzverwaltung nicht.[6] Sie ist mit dem eindeutigen Wortlaut von § 5 Abs. 1 Alt. 1 UmwStG, der eine Anschaffung verlangt, nicht vereinbar. Der BFH hat in seiner Entscheidung v. 8.9.2020[7] die obige Fragestellung offengelassen.

 

Rz. 23a

Mangels Anschaffung ist § 5 Abs. 1 Alt. 1 UmwStG auf verdeckte Einlagen nicht anwendbar.[8] Demgegenüber wendet die Finanzverwaltung, da für Zwecke des § 5 Abs. 1 Alt. 1 UmwStG ein unentgeltlicher Erwerb einer Anschaffung gleichzustellen ist, § 5 Abs. 1 Alt. 1 UmwStG auch in den Fällen der verdeckten Einlage grundsätzlich an (Rz. 23). Als Anschaffung i. S. d. § 5 Abs. 1 Alt. 1 UmwStG ist dagegen zu behandeln die offene Einlage der Beteiligung an der übertragenden Körperschaft in das Betriebsvermögen der übernehmenden Personengesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten.[9]

 

Rz. 24

Eine Anschaffung i. S. d. § 5 Abs. 1 Alt. 1 UmwStG liegt auch in den Fällen vor, in denen die Übertragung nach § 24 UmwStG oder nach § 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 1 i. V. m. S. 1 EStG zum Buchwert erfolgt.[10]

 

Rz. 25

Die Anteile an der übertragenden Körperschaft müssen für das Gesamthandsvermögen der übernehmenden Personengesellschaft bzw. das Betriebsvermögen der übernehmenden natürlichen Person erworben werden.[11] Nicht maßgeblich für die Anwendung von § 5 Abs. 1 Alt. 1 UmwStG ist, ob alle oder nur ein Teil der Anteile nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag angeschafft worden sind.[12] Ein Erwerb für das Gesamthandsvermögen liegt auch dann vor, wenn die übernehmende Personengesellschaft nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag von einem ihrer Gesellschafter einen Anteil an der übertragenden Körperschaft erwirbt und dieser Anteil bereits vor dem Erwerb zum Sonderbetriebsvermögen der übernehmenden Personengesellschaft gehört hat.[13]

Rz. 26 einstweilen frei

 

Rz. 27

§ 5 Abs. 1 Alt. 1 UmwStG findet auch dann Anwendung, wenn ein Gesellschafter der übernehmenden Personengesellschaft die Anteile an der übertragenden Körperschaft im Rückwirkungszeitraum erwirbt und seinem Sonderbetriebsvermögen bei der übernehmenden Personengesellschaft zuordnet.[14] Dies deshalb, weil § 5 Abs. 1 Alt. 1 UmwStG das steuerliche Betriebsvermögen der Personengesellschaft umfasst. Ebenfalls erfasst § 5 Abs. 1 Alt. 1 UmwStG einen entgeltlichen Gesellschafterwechsel im Rückwirkungszeitraum bei der übernehmenden Personengesellschaft, in deren Gesamthandsvermögen die Anteile an der übertragenden Körperschaft gehalten werden.[15] Aus der Sicht des neu eintretenden Gesellschafters liegt in diesen Fällen eine Anschaffung der Anteile an der übertragenden Körperschaft vor.

 

Rz. 28

Dagegen liegt kein Anwendungsfall von § 5 Abs. 1 Alt. 1 UmwStG, sondern von § 5 Abs. 2, 3 UmwStG vor, wenn die übernehmende Personengesellschaft im Rückwirkungszeitraum und nach der Anschaffung der Anteile durch den Gesellschafter gegründet wird und die Beteiligung an der übertragenden Körperschaft zum Sonderbetriebsvermögen der Personengesellschaft gehört.[16]

[1] BFH v. 13.1.1993, X R 53/91, BStBl II 1993, 346; Pung, in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 5 UmwStG Rz. 10; van Lishaut/Heinemann, in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 3. Aufl. 2019, § 5 UmwStG Rz. 16.
[2] van Lishaut/Heinemann, in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 3. Aufl. 2019, § 5 UmwStG Rz. 17; Martini, in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 5 UmwStG Rz. 37.
[3] van Lishaut/Heinemann, in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 3. Aufl. 2019, § 5 UmwStG Rz. 17.
[4] Martini, in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 5 UmwStG Rz. 36.
[6] Schmitt, in Schmitt/Hörtnagl, UmwG/UmwStG, 9. Aufl. 2020, § 5 UmwStG Rz. 9; Werneburg, in Haritz/Menner/Bilitewski, UmwStG, 5. Aufl. 2019, § 5 UmwStG Rz. 24.
[8] FG Berlin-Brandenburg v. 11.12.2013, 12 K 12136/12, DStRE 2014, 861; Schmitt, in Schmitt/Hörtnagl, UmwG/UmwStG, 9. Aufl. ...

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