1 Allgemeines

 

Rz. 1

§ 26 UmwStG enthält eigene Mißbrauchsregelungen, die bestimmte Steuervergünstigungen einschränken. Diese Vorschrift ist eine besondere Mißbrauchsbestimmung gegenüber der allgemeinen des § 42 AO 1977. Sie wertet bestimmte Gestaltungen typisierend als mißbräuchliche. Ist § 26 Abs. 1 UmwStG nicht anwendbar, weil das Tatbestandsmerkmal "ohne triftigen Grund" nicht erfüllt ist, so kann der Fall nicht nach § 42 AO 1977 — anstelle von § 26 Abs. 1 UmwStG — als rechtsmißbräuchlich gestaltet beurteilt werden[1]. Systematisch gehört § 26 Abs. 1 UmwStG zu § 6 UmwStG und § 26 Abs. 2 UmwStG zu § 23 UmwStG.

[1] Vgl. BFH v. 13.12.1989, I R 118/57, BStBl II 1990, 474.

2 Rückwirkender Fortfall der Rücklage für einen Übernahmefolgegewinn nach § 6 UmwStG (§ 26 Abs. 1 UmwStG)

2.1 Inhalt von § 26 Abs. 1 UmwStG

 

Rz. 2

§ 26 Abs. 1 UmwStG hat § 25 Abs. 2 UmwStG 1977 inhaltsgleich übernommen. § 26 Abs. 1 UmwStG knüpft an § 6 UmwStG an. § 6 UmwStG gehört zum zweiten Teil des Umwandlungssteuergesetzes, der die steuerlichen Folgen des Übergangs des Vermögens einer Körperschaft auf eine übernehmende Personengesellschaft oder eine natürliche Person regelt. Erhöht sich der Gewinn der übernehmenden Personengesellschaft oder der übernehmenden natürlichen Person dadurch, daß der Vermögensübergang zum Erlöschen von Forderungen und Verbindlichkeiten oder zur Auflösung von Rückstellungen führt, so darf die Übernehmerin nach § 6 Abs. 1 UmwStG eine den steuerlichen Gewinn mindernde Rücklage bilden. Die Rücklage ist nach § 6 Abs. 2 UmwStG in den folgenden drei Wirtschaftsjahren mit mindestens je einem Drittel aufzulösen.

 

Rz. 3

Wenn die Übernehmerin den auf sie übergegangenen Betrieb innerhalb von fünf Jahren nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag in eine Kapitalgesellschaft einbringt oder ohne triftigen Grund veräußert oder aufgibt, so entfällt die Anwendbarkeit von § 6 UmwStG nach § 26 Abs. 1 UmwStG rückwirkend. Bereits erteilte Steuerbescheide, Steuermeßbescheide, Freistellungsbescheide oder Feststellungsbescheide sind nach § 26 Abs. 1 Satz 2 UmwStG zu ändern, soweit sie auf der Anwendung von § 6 UmwStG beruhen.

2.2 Zweck von § 26 Abs. 1 UmwStG

 

Rz. 4

Der Zweck von § 26 Abs. 1 UmwStG läßt sich nur unvollkommen aus den Materialien zur voraufgegangenen Vorschrift des § 24 UmwStG 1969 entnehmen[1]. Nach dem Gesetzeswortlaut hat der Gesetzgeber nicht nur dann eine mißbräuchliche Gestaltung für gegeben erachtet, wenn ein durch Umwandlung erworbener Betrieb wieder in eine Kapitalgesellschaft eingebracht wird binnen fünf Jahren, sondern auch dann, wenn der Betrieb binnen dieser Frist von der übernehmenden Personengesellschaft oder der natürlichen Person ohne triftigen Grund veräußert oder aufgegeben wird. Die Steuervergünstigungen sollen offensichtlich bei einem nur kurzfristigen Wechsel der Organisationsform entfallen. In den vorstehenden Fällen sieht der Gesetzgeber das Ziel der Umwandlung nicht in einer Unternehmensneuordnung, sondern allein in einer Steuerersparnis[2], Diss. Marburg 1973, 10).

 

Rz. 5

Die Vorschrift des § 26 Abs. 1 UmwStG bzw. die entsprechenden voraufgegangenen Regelungen sind immer wieder kritisiert worden[3]. Das Tatbestandsmerkmal "ohne triftigen Grund" erscheint als zu unbestimmt. Während gut beratene Unternehmer einen triftigen Grund für ihre vorzeitige Betriebsveräußerung oder -aufgabe finden werden, werden phantasielose Unternehmer am ehesten ein Opfer der Finanzverwaltung.

[1] Vgl. hierzu BFH v. 13.12.1989, I R 118/57, BStBl II 1990, 474 m. w. N..
[2] Vgl. Däther, Die ertragsteuerlichen Begünstigungen des Unternehmensformwechsels und ihr Mißbrauch (§ 24 UmwStG.
[3] Vgl. Widmann/Mayer, § 25 UmwStG Rdn. 8799.2.

2.3 Auslegung der Begriffe "Betrieb", "Einbringen" und "Veräußerung"

 

Rz. 6

Bei der Auslegung der Begriffe des § 26 Abs. 1 UmwStG läßt sich auf Rechtsprechung und Äußerungen der Verwaltung zur Vorgängervorschrift des § 24 UmwStG 1969 zurückgreifen[1].

 

Rz. 7

Der Begriff des "Betriebs" i.S. von § 26 Abs. 1 UmwStG ist nach BFH (v. 13.12.1989, I R 118/87, BStBl II 1990, 474) ebenso auszulegen wie der Begriff des Betriebs i.S. von § 16 EStG. Eine Veräußerung des ganzen Gewerbebetriebs liegt vor, wenn der Betrieb mit seinen wesentlichen Grundlagen gegen Entgelt in der Weise übertragen wird, daß der Betrieb als wirtschaftlicher Organismus fortgeführt werden kann[2]. Gegenstand einer Betriebsübertragung sind die Wirtschaftsgüter, die die wesentlichen Grundlagen der unternehmerischen Tätigkeit bilden (BFH, a.a. O.).

Einem Betrieb i.S. von § 26 Abs. 1 UmwStG läßt sich ein Mitunternehmeranteil nicht gleichstellen[3]. Der BFH läßt in der vorstehenden Entscheidung dahinstehen, ob eine Betriebsveräußerung zwar nicht bei der entgeltlichen Übertragung eines Mitunternehmeranteils, wohl aber dann anzunehmen ist, wenn sämtliche Mitunternehmer ihre Anteile an der Personengesellschaft innerhalb der Fünfjahresfrist entgeltlich übertragen[4]. Nach Auffassung des BMF reicht es für eine Betriebsveräußerung aus, daß sämtliche Mitunternehmer innerhalb kurzer Zeit nacheinander ihre Anteile einbringen oder veräußern[5]. Diese Auffassung erscheint zu weitgehend. Eine entsprechende Anwendung von § 26 Abs. 1 UmwStG wird sich nur dann bejahen lassen, wenn sämtliche Gesellschafter einer Personenges...

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