Rz. 169

Nach Abs. 4 S. 3, eingefügt durch Gesetz v. 26.6.2013[1] mit Wirkung für Umwandlungen, deren Anmeldung zum maßgebenden Register nach dem 6.6.2013 erfolgt ist, dürfen positive Einkünfte des übertragenden Rechtsträgers, die dieser während des Rückwirkungszeitraums erzielt, nicht mit Verlusten und Zinsvorträgen des übernehmenden Rechtsträgers verrechnet werden. Während des Rückwirkungszeitraums ist der übertragende Rechtsträger zivilrechtlich noch existent und kann zivilrechtlich noch Gewinne und Verluste erwirtschaften. Steuerlich werden diese Ergebnisse aber bereits dem übernehmenden Rechtsträger zugerechnet. Die S. 3–6 behandeln den gegenüber S. 1 umgekehrten Fall, nämlich die Verrechnung von Gewinnen, die der übertragende Rechtsträger während des Rückwirkungszeitraums erzielt hat, mit Verlusten und Zinsvorträgen des übernehmenden Rechtsträgers.

 

Rz. 170

Die Vorschrift soll den Untergang der Verlustvorträge und Zinsvorträge des übertragenden Rechtsträgers absichern. Dieser Untergang konnte nämlich dadurch verhindert werden, dass nicht die Verlustgesellschaft auf die Gewinngesellschaft, sondern umgekehrt die Gewinngesellschaft auf die Verlustgesellschaft umgewandelt wurde. Eine solche nach alter Rechtslage (bis zum 6.6.2013) mögliche Gestaltung ist nicht rechtsmissbräuchlich.[2] Das Verlustverrechnungsverbot nach § 2 Abs. 4 S. 3 UmwStG gilt aber nicht nur in Missbrauchsfällen, sondern auch bei gewöhnlichen, nicht steuergestalterisch angelegten Einbringungen.[3]

 

Rz. 170a

Die Regelung ist systematisch bedenklich. Wenn das Steuerrecht die Ergebnisse des übertragenden Rechtsträgers während des Rückwirkungszeitraums dem übernehmenden Rechtsträger zurechnet, ist es nur systemgerecht, wenn insoweit bei dem übernehmenden Rechtsträger eine Verrechnung der Verluste im Wege des Verlustausgleichs erfolgt. Die Begründung zum Gesetzentwurf stützt diese den Stpfl. belastende Regelung lediglich auf modellhafte Gestaltungen, in denen Gesellschaften mit hohen stillen Reserven auf Verluste ausweisende Gesellschaften umgewandelt worden seien.[4] Die Regelung solle massive Steuerausfälle vermeiden. Beide Argumente – modellhafte Gestaltungen und Steuerausfälle – können die Abweichung von der Grundregel des § 2 Abs. 1, 2 EStG zum horizontalen Verlustausgleich und vom ebenfalls ausgeschlossenen Abzug der nach § 10d EStG vortragsfähigen Verlusten aber nicht rechtfertigen. Wenn dem Stpfl. Ergebnisse zugerechnet werden, greift der Verlustausgleich ein. Wenn das Gesetz dem Stpfl. Gewinne zurechnet, ist der Ausgleich mit vorhandenen Verlusten die regelmäßige Folge, die naturgemäß zu Steuerausfällen führt. Der Ausschluss von Verlustausgleich und -abzug in einem speziellen Fall berührt den Grundsatz der Gleichbehandlung nach Art. 3 GG und ist rechtfertigungsbedürftig. Steuerausfälle bilden keine Rechtfertigung, weil diese eine zwingende Folge der Verlustverrechnung sind und als fiskalische Argumente eine Einschränkung in diesem speziellen Fall nicht rechtfertigen können. Da eine andere Rechtfertigung nicht ersichtlich ist, verstößt die Vorschrift gegen Art. 3 GG und ist u. E. vom BVerfG für nichtig zu erklären.

 

Rz. 171

Die Vorschrift schließt die Verrechnung von positiven Einkünften, die der übertragende Rechtsträger im Rückwirkungszeitraum erzielt hat, mit verrechenbaren Verlusten, verbleibenden Verlustvorträgen und nicht ausgeglichenen negativen Einkünften des übernehmenden Rechtsträgers aus. Gleiches gilt für laufende Verluste des übernehmenden Rechtsträgers; insoweit schließt die Vorschrift den Verlustausgleich aus. Der Ausgleich mit laufenden Verlusten des übernehmenden Rechtsträgers ist auch ausgeschlossen, soweit diese bei einem unterjährigen Übertragungsstichtag nach diesem Stichtag, aber im selben Wirtschaftsjahr anfallen; § 2 Abs. 4 S. 3 UmwStG macht insoweit bei dem Ausschluss der Verrechnung mit Gewinnen des übertragenden Rechtsträgers keinen Unterschied. Nicht ausgeschlossen ist aber entgegen der von der Finanzverwaltung geäußerten Auffassung ein Verlustrücktrag, weil das Gesetz insoweit keine Einschränkung enthält.[5] Erzielt der übernehmende Rechtsträger auch im Folgejahr Verluste, können diese auf das Vorjahr zurückgetragen und mit den zugerechneten Gewinnen des übertragenden Rechtsträgers verrechnet werden.

 
Praxis-Beispiel

Die A-AG mit einem kalenderjahrgleichen Wirtschaftsjahr weist Verluste aus. Im August 01 erwirbt sie alle Anteile an der X-GmbH, die Gewinne ausweist, und verschmilzt sie auf sich mit steuerlichem Übertragungsstichtag 1.7.01. Die Verschmelzung wird im Dezember 01 in das Handelsregister eingetragen. Die A-AG erleidet auch im Jahr 02 Verluste.

Die Gewinne der X-GmbH in der Zeit v. 1.7.01 bis zur Eintragung in das Handelsregister können nicht mit laufenden Verlusten der A-AG und auch nicht mit deren Verlustvorträgen verrechnet werden. Dagegen können die Verluste der A-AG des Jahrs 02 auf das Jahr 01 zurückgetragen und dort mit den zugerechneten Gewinnen der X-GmbH verrechnet werden.

 

Rz. 172

Betroffen ist ...

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