Rz. 224

Die Steuerneutralität der Spaltung wird gewährt, um eine Restrukturierung von Unternehmen und Unternehmensverbänden zu ermöglichen. Aus diesem Regelungszweck heraus ist die Spaltung zur Trennung von Gesellschafterstämmen untypisch. Die Spaltung dient dann nicht der Restrukturierung eines Unternehmens, sondern der Aufteilung in mehrere Unternehmen. Das Gesetz macht daher die Spaltung von weiteren zeitlichen Voraussetzungen abhängig.

 

Rz. 225

Die Regelung ist eine typisierende Missbrauchsregelung. Da es sich um eine Fallgruppe handelt, die nach dem Zweck des § 15 UmwStG untypisch ist, ist eine erweiterte Missbrauchsregelung grundsätzlich zulässig, auch unter europarechtlichen Gesichtspunkten des Art. 15 Abs. 1 Buchst. a FRL. Diese typisierende Erweiterung besteht darin, dass personelle Kontinuität nicht nur für 5 Jahre nach der Spaltung, sondern auch für 5 Jahre vor der Spaltung verlangt wird. Jedoch ist die Ausgestaltung der Missbrauchsregelung im Einzelnen aus europarechtlicher Sicht zu kritisieren. So muss eine typisierende Missbrauchsvermutung die Möglichkeit des Gegenbeweises zulassen (Rz. 164); daher muss die Vorschrift im Wege der europarechtskonformen Interpretation als widerlegbare Vermutung verstanden werden. Dies widerspricht zwar dem Wortlaut der Vorschrift, ist aber im Interesse einer geltungserhaltenden europarechtlichen Interpretation zulässig.

 

Rz. 226

Die Finanzverwaltung setzt die "Trennung von Gesellschafterstämmen" mit der "Spaltung zu null" gleich, d. h. eine Spaltung, bei der nicht alle ursprünglich am übertragenden Rechtsträger beteiligten Gesellschafter nach der Spaltung (i) auch an den übernehmenden Rechtsträgern (Aufspaltung) bzw. (ii) am übertragenden und übernehmenden Rechtsträger (Abspaltung) beteiligt sind.[1] Nach hier vertretener Auffasung liegt eine Spaltung zum Zweck der Trennung von Gesellschafterstämmen jedoch vor, wenn nicht alle Gesellschafterstämme der übertragenden Körperschaft nach der Spaltung an zumindest einer an der Spaltung beteiligten Gesellschaften beteiligt sind. .

 

Rz. 227

Problematisch ist zunächst der Begriff "Gesellschafterstämme". Der Umwandlungssteuererlass setzt ihn mit dem Begriff des "Anteilsinhabers" gleich.[2] Die Verwaltungsansicht führt dazu, dass jede "Spaltung zu null" unter S. 5 fällt. Dies kann offensichtlich vom Gesetzgeber nicht gemeint sein, da er sonst den – viel klareren – Begriff des "Anteilsinhabers" verwendet hätte.[3] Obwohl der Begriff des "Stammes" eine familienrechtliche Verbundenheit suggeriert, ist kaum vorstellbar, dass der Gesetzgeber mit S. 5 ausschließlich die Aufteilung von Familienunternehmen erfassen wollte. Der Missbrauchsvermeidungscharakter legt vielmehr nahe, dass die Fälle erfasst werden sollten, in denen die Spaltung wirtschaftlich einer Veräußerung gleichkommt. Unter Berücksichtigung der 5-Jahresfrist sollten dies vermutlich die Fälle sein, in denen potenzielle Erwerber an der zu spaltenden Gesellschaft kurzfristig beteiligt werden, um dann das Unternehmen mittels der Spaltung zwischen dem "Veräußerer" und "Erwerber" aufzuteilen.[4] Dementsprechend kann unter einem "Gesellschafterstamm" eine Gruppe von natürlichen oder juristischen Personen verstanden werden, die entweder aufgrund gleichgerichteter Interessen oder objektiver Kriterien, wie Familien- oder Konzernzugehörigkeit als zusammengehörig anzusehen sind.[5]

Der Wortlaut stößt an seine Grenzen, wenn gar keine Gesellschafterstämme vorhanden sind, d. h. wenn nur einzelne Gesellschafter beteiligt sind, die aber nicht nach o. g. Definition miteinander verbunden sind. Dem Wortlaut nach dürfte S. 5 nicht zur Anwendung kommen. Gleichwohl ist unter Berücksichtigung des Sinns und Zwecks der Norm davon auszugehen, dass in diesem Fall auch die einzelnen Gesellschafter Gesellschafterstämme sein können.[6] Der Unterschied zur Verwaltungsauffassung besteht dann – im Hinblick auf den Begriff des Gesellschafterstammes (zur "Trennung" sogleich) – nur darin, dass die Verwaltung auch beim Vorliegen von Gesellschafterstämmen eine gesellschafterbezogene Beurteilung vornimmt.

 

Rz. 228

Fraglich ist weiterhin, ob auch die Trennung eines "Gesellschafterstammes" (Singular) von S. 5 erfasst ist. Der Wortlaut ist im Plural formuliert, sodass naheliegt, dass S. 5 nur greift, wenn mindestens zwei Gesellschafterstämme vorhanden sind. Die Aufteilung eines Rechtsträgers auf die einzelnen Mitglieder desselben Gesellschafterstammes ist demnach nicht von S. 5 erfasst.[7] Dieser Auffassung wird die Finanzverwaltung aber nicht folgen, da für sie jede Spaltung zu null von S. 5 erfasst ist.[8]

 

Rz. 229

Den Begriff der "Trennung" versteht die Finanzverwaltung dahingehend, dass zumindest ein Gesellschafter des übertragenden Rechtsträgers an einem an der Spaltung beteiligten Rechtsträger nach der Spaltung nicht mehr beteiligt ist ("Spaltung zu null").[9] Eine "Trennung" setzt m. E. aber voraus, dass die Gesellschafterstämme nach der Spaltung nicht mehr an demselben Rechtsträger beteiligt sind. Damit liegt e...

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