Rz. 1

Die Spaltung ist ein Rechtsinstitut aus dem Bereich der Umstrukturierung korporativer Verbände (Personengesellschaften und Körperschaften). Wirtschaftlich stellt die Spaltung das Gegenstück zur Verschmelzung dar.[1] Während bei der Verschmelzung zwei oder mehr Rechtsträger zu einem einzigen Rechtsträger zusammengefasst werden, wird bei der Spaltung ein einheitlicher Rechtsträger auf zwei oder mehr Rechtsträger aufgespalten. Die Verschmelzung ist also ein Institut zur Reduzierung von Rechtsträgern und damit zur Straffung von Unternehmensstrukturen, während die Spaltung ein Institut zur Auffächerung von Unternehmensstrukturen ist (z. B. zum Zwecke der Trennung von Geschäftsbereichen).

 

Rz. 2

Strukturell ist die Aufspaltung der Verschmelzung ähnlich, weil auch bei der Aufspaltung (i) Vermögen auf einen anderen Rechtsträger übertragen wird, (ii) der übertragende Rechtsträger ohne Abwicklung untergeht und (iii) die neuen Anteile am übernehmenden Rechtsträger an die Anteilseigner des übertragenden Rechtsträgers gewährt werden. Bei der Abspaltung sind die strukturellen Ähnlichkeiten zur Verschmelzung geringer, weil der übertragende Rechtsträger nicht untergeht. Die Ausgliederung ist zur Verschmelzung gänzlich wesensverschieden, weil bei ihr nicht nur der übertragende Rechtsträger bestehen bleibt, sondern die neuen Anteile am übernehmenden Rechtsträger auch an den übertragenden Rechtsträger und nicht dessen Anteilseigner gewährt werden. Der Gesetzgeber hat die Auf- und Abspaltung grundsätzlich den Regelungen zur Verschmelzung unterstellt, die Ausgliederung aber denen zur Einbringung.[2]

 

Rz. 3

§ 15 UmwStG ist in Beziehung zur Fusionsrichtlinie zu sehen.[3] Soweit § 15 UmwStG die Fusionsrichtlinie umsetzt, sind die in § 15 UmwStG verwendeten Begriffe in Übereinstimmung mit der Fusionsrichtlinie auszulegen. Der Gesetzgeber war gezwungen, die Fusionsrichtlinie für grenzüberschreitende Spaltungen, an denen Gesellschaften in zwei oder mehr Mitgliedstaaten beteiligt sind, umzusetzen (wobei derzeit – anders als für die grenzüberschreitende Verschmelzung, §§ 122a ff. UmwG – im UmwG kein gesetzliches Verfahren für die grenzüberschreitende Spaltung vorgesehen ist).

Auf Grundlage der Richtlinie (EU) 2019/2121 vom 27.11.2019 sind die Mitgliedstaaten allerdings verpflichtet, bis zum 31.1.2023 vereinheitlichte rechtliche Rahmenbedingungen für grenzüberschreitende Umwandlungen (u. a. auch Spaltungen) zu schaffen (sog. "Company Law Package"), sodass insoweit mit einer entsprechenden Kodifikation zu rechnen ist. Bislang hatte sich die gesellschaftsrechtliche Praxis i. d. R. damit beholfen, den relevanten Teilbetrieb in einem rein nationalen Vorgang abzuspalten oder auszugliedern und anschließend den übernehmenden Rechtsträger grenzüberschreitend zu verschmelzen.[4] Keine Verpflichtung zur Anwendung der Fusionsrichtlinie besteht dagegen für rein nationale Spaltungen und Spaltungen, an denen eine deutsche und mindestens eine Drittstaatsgesellschaft beteiligt ist (wobei solche Spaltungen gesellschaftsrechtlich gegenwärtig nicht möglich sind). Indes hat der Gesetzgeber für alle Spaltungen eine einheitliche Regelung vorgesehen, die auf der Fusionsrichtlinie beruht. In der Folge müssen die Regelungen des § 15 UmwStG auch bei Anwendung auf nationale Spaltungen der Richtlinie entsprechen. § 15 UmwStG ist daher für alle Spaltungen nach den Regeln der Fusionsrichtlinie auszulegen. Dies eröffnet auch die Zuständigkeit des EuGH. Treten in Inlandsfällen Auslegungsfragen auf, ist für deren Beantwortung aufgrund der Anwendung europäischer Rechtsnormen ausschließlich der EuGH zuständig.[5]

Rz. 4 einstweilen frei

 

Rz. 5

Das hat insbesondere für den Teilbetriebsbegriff (Rz. 78) und die Missbrauchsregelungen in § 15 Abs. 2 S. 2–4 UmwStG (Rz. 162ff.) Bedeutung. Zu berücksichtigen ist dabei aber, dass der deutsche Gesetzgeber für den Stpfl. günstigere Regelungen als die der Fusionsrichtlinie schaffen kann.[6] Die Fusionsrichtlinie bestimmt nur, dass eine Spaltung bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen steuerneutral sein muss. In Art. 15 bestimmt die Fusionsrichtlinie, dass bei bestimmten als missbräuchlich eingestuften Sachverhalten der nationale Gesetzgeber die Steuerfreiheit versagen "kann". Sie bestimmt also nicht, dass eine Besteuerung erfolgen "muss", wenn Missbrauch vorliegt. Insoweit ist der Gesetzgeber durch die Fusionsrichtlinie nicht gebunden. Allerdings darf er von Art. 15 der Richtlinie nur zugunsten des Stpfl. abweichen; er darf keine strengeren Regeln schaffen.

[1] Vgl. auch BT-Drs. 12/6699, 71.
[3] Richtlinie v. 19.10.2009, ABl. EG Nr. L 310, 34; ursprünglich Richtlinie v. 17.2.2009, ABl. EG Nr. L 58/19.
[4] Heckschen, in Heckschen/Herrler/Münch, Beck'sches Notar-Handbuch, 7. Aufl. 2019, § 24 Rz 183.

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