1 Systematik des Umwandlungssteuergesetzes

1.1 Notwendigkeit und Bedeutung des UmwStG

 

Rz. 1

Der Rechtsbegriff"Umwandlung" bezeichnet Rechtsvorgänge, mit denen Körperschaften und Personengesellschaften ihre Rechtsform ändern. Die verschiedenen Umwandlungsformen dienen insbesondere dazu, die vorhandene Rechtsform den geänderten wirtschaftlichen Verhältnissen anzupassen. Eine durch die wirtschaftliche oder auch steuerliche Entwicklung ungeeignet gewordene Rechtsform kann zum Hindernis für die Entwicklung des Unternehmens werden. Um dies zu vermeiden, stellt das Unternehmensrecht, aber auch das Steuerrecht, Rechtsinstitute zur Verfügung, um die Rechtsform ändern und an die Entwicklung der wirtschaftlichen, rechtlichen und steuerlichen Verhältnisse anpassen zu können.

Die Rechtsinstitute des Umwandlungs- und Umwandlungssteuerrechts können auch dazu dienen, Konzernstrukturen zu schaffen, unübersichtlich gewordene Strukturen zu bereinigen bzw. Konzerne oder Unternehmen aufzuspalten, z. B. zur Trennung von Gesellschafterstämmen. Umwandlungen sind daher ein bedeutsames Mittel zur Schaffung optimaler Strukturen in der Wirtschaft. Das Umwandlungsrecht ist damit ein wesentliches Teilgebiet eines allgemeinen Unternehmens-Organisationsrechts i. w. S., zu dem außerdem Teile des Konzernrechts, das Recht der Unternehmensverträge und die steuerliche Organschaft gehören.[1]

 

Rz. 2

Das UmwG trägt dem Erfordernis der Wirtschaft Rechnung, indem nahezu unbegrenzte Umwandlungsmöglichkeiten zwischen den verschiedenen Rechtsformen, einschließlich Einzelunternehmen, geschaffen worden sind.

Das Unternehmensrecht enthält nur einen Teil der erforderlichen Regelungen; entsprechende steuerrechtliche Regelungen müssen hinzukommen. Großzügige unternehmensrechtliche Umwandlungsmöglichkeiten sind nutzlos, wenn die an die Umwandlung anknüpfende steuerrechtliche Regelung zur Gewinnverwirklichung und Versteuerung der stillen Reserven führt und die dadurch entstehende Steuerbelastung prohibitiv wirkt. Das Steuerrecht kann so als "Umwandlungs- und Spaltungsbremse" wirken.[2] Ein sinnvolles Umwandlungsrecht erfordert daher ein aufeinander abgestimmtes Unternehmens- und Steuerrecht. Das UmwG und das UmwStG sind diesem Ideal sehr nahe gekommen.

[1] Zu einer Übersicht Herzig, DB 2000, 2236; Prinz, DB 2012, 820.
[2] Herzig/Ott, DB 1989, 2033.

1.2 Zur Systematik der Umwandlungsvorgänge

 

Rz. 3

Der Begriff "Umwandlung" erfasst Vorgänge, bei denen bestehende Rechtsformen von Rechtsträgern unter Fortführung des wirtschaftlichen Engagements geändert werden. Damit werden alle Vorgänge aus diesem Begriff ausgeschlossen, durch die ein Rechtsträger seine Tätigkeit erstmalig aufnimmt und originär erstmals seine Rechtsform erwirbt, ohne seine wirtschaftliche Funktion von einem anderen Rechtsträger zu übernehmen ("Gründung"). Ebenfalls ausgeschlossen sind alle Vorgänge, durch die der Rechtsträger seine Tätigkeit endgültig einstellt und seine Existenz verliert, ohne dass seine wirtschaftliche Funktion auf einen anderen Rechtsträger übergeht ("Liquidation").

 

Rz. 4

Diese Begriffsbestimmung ist nur vordergründig eindeutig; tatsächlich lassen sich viele Vorgänge nicht ohne weiteres und eindeutig in das genannte Schema einordnen. So kann eine Kapital- oder Personengesellschaft liquidiert und ihr Vermögen als Sachauskehrung an den oder die Gesellschafter verteilt werden; dies wäre eine Liquidation, die außerhalb des Umwandlungsrechts stünde. Möglich ist es aber auch, das Vermögen einer Körperschaft durch Verschmelzung auf den einzigen Gesellschafter zu übertragen; in ähnlicher Weise kann das Institut der Spaltung benutzt werden. Wirtschaftlich kann dies zum gleichen Ergebnis wie die Liquidation des übertragenden Rechtsträgers führen. Steuerlich besteht jedoch ein wesentlicher Unterschied. Eine Verschmelzung oder Spaltung kann unter bestimmten Voraussetzungen steuerneutral erfolgen, während eine Liquidation zur Auflösung und Versteuerung der stillen Reserven führt. Bei einer Personengesellschaft kann das Vermögen im Wege der Spaltung auf mehrere Gesellschafter übertragen werden. Diese Vorgänge würden vom Begriff der Umwandlung erfasst und daher die Wirkungen der Liquidation mit den Mitteln des Umwandlungsrechts erreicht. Entsprechendes gilt für die Realteilung. Die Realteilung ist keine Umwandlung, kann aber die gleichen Wirkungen wie eine Spaltung erzielen. Sowohl Realteilung als auch Spaltung können steuerneutral durchgeführt werden.

 

Rz. 5

Ebenso sind die Vorgänge bei der Gründung nicht eindeutig einzuordnen. Eine Personen- oder Kapitalgesellschaft kann durch Geld- oder Sachgründung neu geschaffen werden, wobei die Sachgründung durch die Bewertung der Einlage mit dem Teilwert bei dem Gesellschafter zur Gewinnrealisierung führt. Es ist aber auch möglich, eine Personen- oder Kapitalgesellschaft durch Einbringung eines Betriebs oder Teilbetriebs[1], durch Verschmelzung zur Neugründung[2] oder durch Spaltung zur Neugründung[3] steuerneutral zu gründen. Diese Gründungsvorgänge fallen dann unter den Begriff der Umwandlung.

 

Rz. 6

Steuerlich besteht jedoch zwischen Gründung und Liquidation einerseits und Umwandlung ...

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