Rz. 133

Eine Beteiligung mit Stimmrechten von 50 % oder weniger gewährt, isoliert betrachtet, keine beherrschende Stellung. Sie kann aber dann eine beherrschende Beteiligung sein, wenn besondere Umstände hinzutreten, die dazu führen, dass auch Stimmrechte aus anderen Beteiligungen in die Beurteilung einzubeziehen sind.[1] Maßstab ist immer, ob der Gesellschafter mit den ihm zustehenden Stimmrechten unter Berücksichtigung der besonderen Umstände die Vornahme der Maßnahme durch die Gesellschaft, deren Qualifikation als verdeckte Gewinnausschüttung infrage steht, erzwingen kann. Diese besonderen Umstände, die zur Einbeziehung von Stimmrechten aus anderen Beteiligungen führen, können rechtlicher oder tatsächlicher Natur sein.

 

Rz. 133a

Die Stimmrechte fremder Beteiligungen sind einzubeziehen, wenn der Gesellschafter rechtlich in der Lage ist, über diese Stimmrechte in eigenem Interesse zu verfügen. Dies kann der Fall sein, wenn er durch Rechtsgeschäft die Befugnis erworben hat, die Stimmrechte auszuüben, z. B. im Rahmen einer Nießbrauchsbestellung an der Beteiligung, wenn er die Rechte aus der Beteiligung als gesetzlicher Vertreter (Elternteil, Vormund) für Geschäftsunfähige oder beschränkt Geschäftsfähige wahrnimmt oder wenn sich der Inhaber der mitgliedschaftsrechtlichen Stellung verpflichtet hat, sein Stimmrecht nur in Übereinstimmung mit dem Stpfl. oder nach seinen Weisungen auszuüben (Stimmrechtsvereinbarung).

 

Rz. 134

Eine Zusammenrechnung der Stimmrechte erfolgt auch, wenn der Gesellschafter tatsächlich in der Lage ist, aus den Stimmrechten anderer Gesellschafter Nutzen zu ziehen. Tatsächlich besteht für den Stpfl. die Möglichkeit, sich die Stimmrechte eines anderen Gesellschafters zunutze zu machen, wenn er mit diesem durch gleichgerichtete Interessen verbunden ist. Das ist der Fall, wenn der Stpfl. und der andere Gesellschafter zur Wahrung ihrer eigenen Interessen in tatsächlicher Weise gezwungen sind, von ihren Stimmrechten in gleicher Weise Gebrauch zu machen.[2]

Das ist regelmäßig dann der Fall, wenn mehreren Gesellschaftern gleichartige Vorteile zeitgleich gewährt werden und jeder der begünstigten Gesellschafter den ihm zukommenden Vermögensvorteil nur dadurch erlangen konnte, dass der andere begünstigte Gesellschafter dem zustimmte.[3] Beispielsweise können 2 jeweils in gleicher Höhe, jeder für sich nicht beherrschend beteiligte Gesellschafter-Geschäftsführer zusammenwirken, um die Bedingungen ihrer Geschäftsführerverträge festzusetzen.[4] Es wird dann unterstellt, dass jeder Gesellschafter der Gestaltung des Geschäftsführervertrags des anderen Gesellschafters nur zustimmt, um für sein eigenes Geschäftsführerverhältnis die Zustimmung des anderen Gesellschafters zu gleichen Bedingungen zu erreichen.[5] Dabei brauchen die Vorteile für jeden Gesellschafter nicht vollständig identisch zu sein.[6] Entscheidend ist, dass jeder der Gesellschafter durch die Gesamtheit der fraglichen Maßnahmen besser gestellt ist als ohne sie. Dann liegen gleichgerichtete Interessen vor, ohne dass es auf die exakte Gleichwertigkeit der Vorteile ankommt.[7] Dies gilt jedoch nur, wenn die Vorteile nicht erheblich differieren und die jeweils gewährten Vorteile unter der Berücksichtigung etwaiger unterschiedlicher Beteiligungshöhen vergleichbar sind. Ein Indiz für gleichgerichtete Interessen liegt vor, wenn die Vorteile der Höhe nach den Beteiligungsverhältnissen der Gesellschafter entsprechen. Andererseits wird das Indiz gleichgerichteter Interessen beispielsweise durch erhebliche, nicht durch die abweichenden Beteiligungsverhältnisse bedingte Unterschiede in der Höhe des Vorteils oder erhebliche Altersunterschiede bei der Erteilung einer Pensionszusage widerlegt.[8]

 

Rz. 135

Gleichgerichtete Interessen mit der Folge der Zusammenrechnung der Stimmrechte für alle betroffenen Gesellschafter liegen auch vor, wenn ein Gesellschafter für sich allein schon beherrschender Gesellschafter ist, trotzdem aber mit den anderen Gesellschaftern zusammenwirkt und ihnen vergleichbare Vorteile wie sich selbst zugesteht, um dem Vorwurf der treuwidrigen Ausnutzung seiner beherrschenden Gesellschafterstellung zum Nachteil der Mitgesellschafter zu entgehen.[9]

 

Rz. 136

Dagegen liegen keine gleichgerichteten Interessen vor (mit der Folge, dass die Beteiligungen nicht zusammenzurechnen sind), wenn ein Gesellschafter durch seine Zustimmung zu der fraglichen Maßnahme der Gesellschaft zugunsten des anderen Gesellschafters eine Benachteiligung in Kauf nimmt, die nicht anderweitig ausgeglichen wird. Dann kann davon ausgegangen werden, dass dieser Gesellschafter seine eigenen Interessen gewahrt hat, dass keine Manipulation vorliegt, sondern die Begünstigung des anderen Gesellschafters aus sachlichen, betrieblichen Gründen gerechtfertigt und daher auch steuerlich anzuerkennen ist. Ein solcher Fall liegt etwa vor, wenn die Gehälter zweier Geschäftsführer, die als Gesellschafter zu unterschiedlichen Prozentsätzen beteiligt sind, gleichmäßig heraufgesetzt werden. Der ...

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