Rz. 7

§ 8 Abs. 3 KStG stellt das Institut der verdeckten Gewinnausschüttung in Zusammenhang mit der Einkommensermittlung und weist ihm damit eine Funktion bei der Abgrenzung von Einkommenserzielung und -verwendung zu. Das ergibt sich schon aus dem sprachlichen Zusammenhang der Vorschrift. Wie in Rz. 6 dargestellt, dient der Begriff des Einkommens der Definition der dem Steuerzugriff unterliegenden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Verdeckte Gewinnausschüttungen dürfen nach § 8 Abs. 3 S. 2 KStG das Einkommen nicht mindern. Das bedeutet, dass verdeckte Gewinnausschüttungen die dem Steuerzugriff unterliegende und als Einkommen ausgewiesene wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Körperschaft nicht mindern dürfen. Das Institut der verdeckten Gewinnausschüttung erweist sich damit als Institut zur Abgrenzung der Einkommenserzielung (als Quelle der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit) von der Einkommensverwendung. Das Institut der verdeckten Gewinnausschüttung stellt einen wesentlichen Baustein im System einer belastungsgleichen und gerechten KSt dar. Andererseits werden durch die Rückkoppelung auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit fiskalisch motivierte Konstruktionen verhindert, mit denen auch Sachverhalte als verdeckte Gewinnausschüttung erfasst werden könnten, die die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Körperschaft nicht erhöhen und die daher nicht besteuerungswürdig sind.

 

Rz. 8

Konkret ergibt sich die Funktion der verdeckten Gewinnausschüttung als Institut zur Abgrenzung der Sphäre der Einkommenserzielung von der der Einkommensverwendung aus der Art, wie das Einkommen als der Gegenstand des Steuerzugriffs definiert ist. Nach § 8 Abs. 1 KStG wird das Einkommen nach den einkommensteuerrechtlichen Vorschriften und damit unter Berücksichtigung von Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben ermittelt.[1] Betriebseinnahmen und -ausgaben entstehen dadurch, dass der Stpfl. am Marktgeschehen teilnimmt. Er bietet Güter und Leistungen am Markt gegen Entgelt an und fragt zum Zweck der Erstellung eigener Leistungen Güter und Leistungen am Markt nach. Grundsätzlich macht es keinen Unterschied, ob dieser Güter- und Leistungsaustausch mit Fremden oder mit "nahestehenden Personen" abgewickelt wird, solange sich der Umschlag nach Marktgesichtspunkten und damit nach schuldrechtlichen Kriterien vollzieht. Die steuerlich zu erfassende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, die Sphäre der Einkommenserzielung, ist somit das Ergebnis der Beteiligung am Marktgeschehen, und damit das Ergebnis der Aktivitäten in schuldrechtlichen Formen.

 

Rz. 9

Von der aus der Teilnahme am Marktgeschehen fließenden Erhöhung oder Minderung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit abzugrenzen sind Vermögensmehrungen oder -minderungen, die nicht aus der schuldrechtlichen Teilnahme am Marktgeschehen (dem betrieblichen Bereich) resultieren, sondern aus den gesellschaftsrechtlichen Beziehungen zu den Gesellschaftern. Vermögensmehrungen, die durch Vermögenszuflüsse aus den gesellschaftsrechtlichen Beziehungen entstehen, erhöhen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nicht; Vermögensabflüsse in den gesellschaftsrechtlichen Bereich vermindern diese Leistungsfähigkeit dementsprechend nicht. Vermögensabflüsse in den gesellschaftsrechtlichen Bereich können als Verwendung der durch die Teilnahme am Marktgeschehen erzielten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, und damit als Einkommensverwendung, definiert werden. Unter gesellschaftsrechtlichen Beziehungen zu den Gesellschaftern werden Beziehungen verstanden, die ihrem Wesen nach nur zu Gesellschaftern unterhalten werden können, und sich daher von rein schuldrechtlichen Beziehungen i. S. d. §§ 433ff. BGB, die im Verhältnis zu jedermann unterhalten werden können, wesentlich unterscheiden. Diese gesellschaftsrechtlichen Beziehungen werden durch den Gesellschaftsvertrag bzw. die Satzung sowie die §§ 13ff. GmbHG, §§ 53a ff. AktG bzw. entsprechende Vorschriften für andere Rechtsformen geregelt. Steuerlich werden zudem schuldrechtliche, also den §§ 433ff. BGB bzw. §§ 343ff. HGB entsprechende Beziehungen zu Gesellschaftern in gesellschaftsrechtliche Verhältnisse umqualifiziert, wenn sie von der Gesellschafterbeziehung inhaltlich so dominiert werden, dass sie mit Dritten nicht abgeschlossen worden wären. Abgrenzungsmerkmal ist, ob ein solches Geschäft in seiner konkreten Ausgestaltung auch mit einem Dritten, der nicht Gesellschafter ist, abgeschlossen worden wäre. Die "gesellschaftsrechtliche Veranlassung" in den Ausprägungen des "Drittvergleichs" bzw. des Maßstabs des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters ist daher konstitutives Element der Abgrenzung der gesellschafts- von der rein schuldrechtlichen Sphäre.[2]

Die Erfassung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Körperschaft erfordert Hinzu- und Abrechnungen bei Vorgängen, die gesellschaftsrechtlich veranlasst sind. Dies wird durch die entsprechende steuerliche Behandlung der offenen und verdeckten Gewinnausschüttungen, der offenen und verdeckten Einlagen, Ko...

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