Rz. 127

Als schädliches Ereignis wird (vorbehaltlich stiller Reserven) ebenfalls angesehen, wenn auf die Körperschaft Wirtschaftsgüter zu einem geringeren als ihrem gemeinen Wert übertragen werden. Die Vorschrift soll verhindern, dass stille Reserven auf den Stpfl. übertragen werden und diese dann durch Veräußerung des fraglichen Wirtschaftsguts realisiert und damit die Verluste i. S. d. § 8d KStG genutzt werden.[1] Dies wird als missbräuchliche Verlustnutzung angesehen. Allerdings ist der Wortlaut der Vorschrift nicht auf diese Fälle begrenzt. Insbesondere ist die Veräußerung des Wirtschaftsguts zum gemeinen Wert und damit eine tatsächliche Realisierung von stillen Reserven keine Voraussetzung. Auch kann die Übertragung von Wirtschaftsgütern zu einem Wert unter dem gemeinen Wert nicht per se als missbräuchlich angesehen werden.[2] Diese Möglichkeit ist gesetzlich im Umwandlungssteuerrecht vorgesehen. Gerade in Umwandlungsfällen ist diese Vorschrift aber überflüssig, da bereits für die als missbräuchlich angesehenen Fälle eine Behaltensfrist zu den Voraussetzungen einer Übertragung des Wirtschaftsguts unter dem gemeinen Wert gehört. Die Finanzverwaltung will darüber hinaus auch Fälle der Übertragung zum Teilwert ausnehmen, da ohne weitere Prüfung angenommen werden soll, dass dieser dem gemeinen Wert entspricht.[3]

Diese Auffassung ist in der Praxis zu begrüßen, da sie eine erhebliche Vereinfachung darstellt. Im Gesetzeswortlaut ist diese Einschränkung aber nicht vorgesehen.

 

Rz. 128

Auf welche Art diese Wirtschaftsgüter übertragen werden, ist unerheblich. Erfasst werden daher sowohl Übertragungen im Wege einer Einzelrechtsnachfolge als auch im Wege einer (partiellen) Gesamtrechtsnachfolge. Da die Norm missbräuchliche Übertragung von nicht realisierten stillen Reserven in den übertragenen Wirtschaftsgütern verhindern will, ist sie m. E. eng auszulegen und nur auf gesellschaftsrechtliche o. Ä. Vorgänge anzuwenden. Eine Übertragung eines Wirtschaftsguts unter dem gemeinen Wert kann auch erfolgen, wenn der Stpfl. das Wirtschaftsgut günstig erwirbt. Dieser Fall kann aber nicht betroffen sein, so lange keine Missbrauchsabsicht vorliegt. Diese wird regelmäßig dann fehlen, wenn der Erwerb von einer dritten Person erfolgt.

 

Rz. 129

Eine Übertragung unter dem gemeinen Wert kann sich z. B. aus den steuerlichen Bewertungsvorschriften des § 6 EStG ergeben (z. B. bei § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG). Eine Bewertung unter dem gemeinen Wert bei Gesamtrechtsnachfolgen kommt regelmäßig bei Umwandlungen zu steuerlichen Buchwerten oder Zwischenwerten vor. Der Stpfl. kann dann gem. § 11 Abs. 2, § 15 Abs. 1, § 20 Abs. 2, § 21 Abs. 1 S. 2 UmwStG unter bestimmten Voraussetzungen einen Antrag zur Übertragung unter dem gemeinen Wert stellen. Auch der Beteiligungserwerb im Rahmen einer Umwandlung z. B. gem. §§ 20, 21 UmwStG kann zu einem Beteiligungserwerb i. S. d. § 8c KStG führen. Es ist dann zu prüfen, ob dieser Beteiligungserwerb ebenfalls ein schädliches Ereignis i. S. d. § 8d Abs. 2 Nr. 6 KStG ist. Unschädlich ist der Ansatz des Zwischenwerts oder des Buchwerts, wenn es wegen einer schädlichen Veräußerung oder eines vergleichbaren Tatbestands nach § 22 Abs. 1, 2 UmwStG rückwirkend zu einem Ansatz der gemeinen Werte kommt (Einbringungsgewinn I und II).[4] Das gilt aber nur, wenn die schädliche Veräußerung im ersten Zeitjahr nach der Umwandlung erfolgt, da sonst wegen der Reduzierung des Einbringungsgewinns um 1/7 für jedes abgelaufene Zeitjahr kein vollständiger Ansatz des gemeinen Werts mehr eintritt.[5]

 

Rz. 130

Für die Frage, ob eine schädliche Übertragung im Beobachtungszeitraum erfolgt ist, ist auf die steuerlichen Vorschriften abzustellen. Übertragungen mit steuerlicher Rückwirkung sind daher zum Zeitpunkt der Rückwirkung zu berücksichtigen. Hierzu Rz. 83.

 

Rz. 131

Da die Vorschrift eine missbräuchliche Übertragung stiller Reserven verhindern will, ist sie m. E. auf stille Lasten nicht anwendbar. Wenn daher z. B. Pensionsrückstellungen zum Wert gem. § 6a EStG übertragen werden, ist dies kein schädliches Ereignis i. S. d. § 8d Abs. 2 Nr. 6 KStG.

 

Rz. 132

Ob eine Übertragung zu einem Wert unter dem gemeinen Wert erfolgt ist, ist nach Anwendung etwaiger steuerlicher Korrekturvorschriften zu bestimmen. So ist insbesondere zunächst eine Verrechnungspreiskorrektur vorzunehmen. Erfolgt die Übertragung durch diese Korrektur zum gemeinen Wert, bleibt für § 8d Abs. 2 S. 2 Nr. 6 KStG kein Raum. Das Gleiche gilt bei einer Korrektur nach den Grundsätzen der vGA oder vE. Auch diese steuerlichen Korrekturen sind primär anzuwenden.

Setzt der Stpfl. irrtümlich einen Wert an, der unter dem gemeinen Wert liegt, und stellt sich dieser später als zu niedrig heraus (z. B. im Rahmen einer Betriebsprüfung), kann dies nicht schädlich sein.[6] Solange der Stpfl. eine Übertragung zum gemeinen Wert vornehmen wollte, liegt kein schädliches Ereignis i. S. d. § 8d Abs. 2 Nr. 6 KStG vor.

[1] Ortmann-Babel/Bolik, DB 2016, 2984f.
[2] Kessler/Egelhof/Probst, DStR 2017, 1289, 1293.
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